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0260 - Die Mitternachts-Hexe

0260 - Die Mitternachts-Hexe

Titel: 0260 - Die Mitternachts-Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa und Manfred Weinland
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und träumen konnte. Von fremden Welten, die der alte Mann nicht verstand.
    Cal Brannigan war früher anders gewesen. Aber als sein Sohn samt Frau verunglückte und Kevin hinterließ, war er hart geworden, aber nachts malte er die Bilder. Spät stand er auf, arbeitete nachmittags im Garten oder kaufte ein, und wenn es dunkel wurde, kam seine Zeit.
    Das Essen, das er für den Jungen herausgestellt hatte, war unberührt. Demzufolge schlief Kevin noch.
    »Aber nicht um diese Zeit«, knurrte Großvater Cal Brannigan. »Warte, Bürschchen, dir treibe ich die Faulenzerei schon aus.«
    Und vehement stieß er die Tür auf, hinter der das Zimmer Kevins lag. Anzuklopfen hatte er noch nie nötig gehabt.
    »Hab’ ich’s mir doch gedacht,« knurrte er.
    Da lag Kevin auf dem Bett - angekleidet oben auf der Decke, die Augen geschlossen! Die Kleidung war verschmutzt, und ein dunkler Fleck befand sich auf seiner Stirn.
    Wo hatte er sich wieder herumgetrieben?
    Cal Brannigan holte tief Luft.
    »Aufstehen, Bengel!« brüllte er dann laut. »Nachts draußen herumturnen und morgens nicht aus den Federn kommen! Die Schule wartet, verflixt noch mal!«
    Kevin schreckte hoch.
    Brannigan runzelte die Stirn. Kevins Augen waren weiß. Dann drehten sich die Pupillen ganz langsam nach vorn. Der Junge zuckte noch einmal zusammen.
    »Grandpa… ?« murmelte er.
    »Weißt du, wie spät es ist?« knurrte Cal Brannigan. Er rechnete schon mit der Antwort: »Woher soll ich es wissen, wenn ich bis jetzt geschlafen habe?« Aber Kevin schüttelte nur stumm den Kopf.
    »Du mußt zur Schule!« beharrte Brannigan. »Und du wirst sofort gehen, nachdem du dich gewaschen und umgezogen hast. Du wirst dich bei deiner Lehrerin für deine Schlafmützigkeit entschuldigen und…«
    »Ach, laß mich in Ruhe«, knurrte Kevin.
    Großvater Brannigan verstummte. Überrascht sah er den Jungen an.
    »Was sagst du da?«
    Kevin schwang die Beine aus dem Bett und schnellte sich empor. Leicht schwankte er, und seine Augen hefteten sich an Brannigans Gesicht.
    »Die Zeit wird kommen«, flüsterte Kevin. »Sie ist gekommen, sie ist da… nein!«
    Sein Gesicht verzerrte sich. Überrascht sah Cal zu. Etwas ging mit dem Jungen vor. Etwas war anders als sonst. Kevin taumelte, preßte die Hände gegen die Stirn.
    »Geh« keuchte er. »Geh weg… schnell!«
    Cal Brannigan war mit ein paar Schritten bei ihm, packte zu und riß ihm die Hände nach unten. »Was ist mit dir los? Was bildest du dir eigentlich ein?« fauchte er.
    »Weg!« schrie Kevin wieder. »Weg, verschwinde von mir!«
    Brannigan begann sich Sorgen zu machen. »Was ist mit dir los?« fragte er. »Bist du krank?«
    Irres Lachen war die Antwort. »Krank?« schrie der Junge. »Krank? Geh…«
    Cal Brannigan ging nicht.
    Das war sein Fehler.
    Vor seinen Augen verwandelte sich Kevin! Blitzschnell änderte sich sein Aussehen. Cal Brannigans Augen weiteten sich vor Entsetzen. Was war das? Das konnte es nicht geben, das war… ungeheuerlich!
    Er ließ seinen Enkel los.
    Der war nicht mehr sein Enkel. Er war etwas anderes geworden und griff an!
    Blitzschnell schlug er zu! Schnellte sich vorwärts, auf den Großvater zu. Cal Brannigan warf sich herum, brüllte sein Entsetzen heraus und wollte noch fliehen. Da war das Ungeheuer, das einmal Kevin Brannigan gewesen war, schon über ihm.
    Mit furchtbarer Gewalt schlug es zu.
    ***
    Nicole ruckte leicht vor und griff nach Zamorras Hand. Er spürte den leichten Druck ihrer Finger.
    »Was zum Teufel…«
    Vor ihrem Tisch blieb die Zigeunerin stehen. Grüßend nickte sie Nicole zu, sah dann Zamorra an und begann zu sprechen.
    »Willst du wieder Warnungen falsch deuten, Vertriebener?« fragte sie mit ihrer etwas rauchigen Stimme.
    »Vertriebener?« stieß Zamorra hervor. Er wollte aufspringen, aber mit dem Bann ihrer Augen hielt die alte Frau ihn auf seinem Platz.
    »Was weißt du?«
    Sie lächelte. »Viel weiß ich, manches sehe ich, noch mehr rate ich den Bedürftigen. Wenn die Tiere kommen, so hüte dich. Die Sterne erlöschen im Hauch der Lia Fail.«
    Zamorra streckte die Hand aus, wollte nach der Zigeunerin greifen. Doch er erreichte sie nie. Blitzschnell glitt sie etwas zurück. Blitzte es in ihren Augen nicht auf wie ein verborgenes Lächeln?
    Aber ihre Gesichtszüge veränderten sich nicht.
    Nicole hob die Hand. »Wollen Sie ihm nicht aus der Hand lesen?« fragte sie, ohne zu überlegen.
    »Ich las einst und für die Zukunft… nichts veränderte sich in den Linien der Zeit… auch

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