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0260 - Die Mitternachts-Hexe

0260 - Die Mitternachts-Hexe

Titel: 0260 - Die Mitternachts-Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa und Manfred Weinland
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darauf ein! gab er sich selbst den lautlosen Befehl und marschierte forsch auf die Theke zu, hinter der die breite, massive Gestalt des Wirtes zu sehen war.
    Der Mann war etwa vierzig Jahre alt, hatte dunkles, ungekämmtes Haar und buschige Augenbrauen. Er trug sein Hemd unter der speckigen Lederschürze halb offen. Der dadurch sichtbare nackte Oberkörper war stark behaart und mündete fast übergangslos, ohne erkennbaren Hals, in den kantigen Schädel.
    »Sensibel wie ein Hammer«, flüsterte Nicole hinter Zamorras Rücken. »Auch nicht gerade mein Typ…«
    »Seit wann so wählerisch?« gab der Parapsychologe ebenso leise zurück.
    Er durchquerte einen dichten Rauchvorhang, der sich unmittelbar vor der langen, rustikalhölzemen Theke ziemlich stabil in der Luft hielt, und stand dann vor dem Wirt.
    Nicole und Bill wußte er hinter sich, ohne daß er sich umdrehte. Das gebannte Schweigen in der Gaststube ignorierte er einfach.
    »Guten Abend«, grüßte er freundlich. »Wir sind auf der Durchreise«, log er anschließend fröhlich weiter, als von dem Koloß keine ebenso höfliche Erwiderung kam. »Wir suchen Zimmer für die Nacht. Ein Doppel und ein Solo. Haben Sie etwas frei?«
    Die letzte Frage war rein rethorischer Natur. So wie der Laden aussah, war zu vermuten, daß sie die ersten Gäste seit langer Zeit waren.
    Der Wirt musterte Zamorra und seine Begleiter sekundenlang mit unbewegtem Gesicht. Anschließend schweifte sein Blick in die schweigende Runde seiner Gäste.
    Und dann sagte er ein einziges Wort, das Zamorra überhaupt nicht gefallen wollte.
    »No!«
    Nicole lachte sarkastisch auf. Zamorra vereiste. Bill Fleming indessen hatte am gegenüberliegenden Ende des Lokals, dort wo auch die Tür zu den Toiletten lag, ein junges Mädchen entdeckt, das seine Aufmerksamkeit erweckte und ihn auf eine Idee brachte.
    »Ich muß mal, entschuldigt«, murmelte er und ließ Zamorra und Nicole einfach in den Verhandlungen allein.
    Was er mußte, sagte er nicht, und er hatte Glück, daß Wirt und Gäste ihre Aufmerksamkeit zum überwiegenden Teil auf Zamorra, den sie für den Anführer der Gruppe hielten, und seine trotz der Hundekälte leicht geschürzte Begleiterin konzentrierten. Kaum einer sah ihm nach, als er Richtung 00 verschwand.
    »Was soll das heißen?« fragte Zamorra den Wirt mit merklich frostiger gewordener Freundlichkeit. »Vermieten Sie keine Zimmer?«
    Der Dicke blinzelte ihn spöttisch an.
    »Doch. Aber wie es der Zufall will, bin ich ausgerechnet heute vollkommen ausgebucht.«
    Der Tonfall, in dem er es sagte, machte Zamorra deutlich, daß er belogen wurde.
    Aber warum?
    »Nun gut«, gab er scheinbar nach. »Können Sie uns eine andere Übernachtungsmöglichkeit hier im Dorf nennen, die noch nicht - ausgebucht ist?«
    »Leider nicht. Ich führe das einzige Gasthaus in Macgillycuddy. Privatunterkünfte gibt es auch keine, schon gar nicht um diese Zeit. Ich fürchte, sie müssen in die nächstgrößere Stadt fahren.«
    Zamorra nickte zerknirscht.
    »Vielen Dank für den Tip. Aber zu trinken bekommen wir doch hoffentlich etwas bei Ihnen, oder?«
    Der Wirt lächelte jovial. »Natürlich.«
    »Gut.« Zamorra setzte sich mit Nicole an einen freien Tisch, von dem aus er die Schankstube gut überblicken konnte, und bestellte für Bill gleich mit, der immer noch verschwunden war. Gleich darauf tauchte er jedoch auf und setzte sich mit verschwörerischer Miene zu ihnen.
    »Ich fürchte«, erklärte ihm Zamorra den Stand der Verhandlungen, »wir müssen tatsächlich noch weiterfahren, wenn wir heute nacht zu unserem Schlaf kommen wollen.«
    »Wartet erst mal ab, was ich euch zu berichten habe«, schränkte der blonde Historiker ein. »Ich hatte da eben ein kurzes, aber äußerst informatives Gespräch…«
    »Verstehe«, grinste Nicole, die im Gegensatz zu Zamorra das Mädchen gesehen, hatte, dem Bill gefolgt war.
    »Nicht, was du wieder denkst«, wehrte der Amerikaner ab. »Es könnte vielmehr damit Zusammenhängen, warum man hier im Ort plötzlich so zugeknöpft mit Fremden verkehrt.«
    Die letzte Bemerkung weckte Zamorras Interesse.
    »Na, dann schieß mal los«, drängte er.
    An den Nachbartischen flammten inzwischen die Gespräche wieder auf, und es war unschwer zu erraten, was Gegenstand der teils heftig geführten Diskussionen war.
    Bevor Bill loslegte, erschien der dicke Wirt, setzte drei Guinness vor ihnen ab, verlangte das Geld im voraus, warf ihn einen abschätzenden Blick zu und verschwand mit dem

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