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0260 - Die Mitternachts-Hexe

0260 - Die Mitternachts-Hexe

Titel: 0260 - Die Mitternachts-Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa und Manfred Weinland
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Hinweis: »Wir schließen in einer halben Stunde.«
    Zamorra blickte überrascht auf seine Uhr. Es war kurz vor Mitternacht.
    In Macgillycuddy schien man eine eigene Sperrstunde zu pflegen, die die offizielle vorverlegte. Wahrscheinlicher aber war, daß der Wirt sie, aus welchem Grund auch immer, schnellstens loswerden wollte und den Rest der Gäste als geschlossene Gesellschaft handhabte.
    Und das Bier schien auch die Spezialmischung für unliebsame Gäste zu sein…
    »Die Kleine, die ich hinten im Gang zu den Toiletten interviewt habe«, begann Bill zu erzählen, »arbeitet hier aushilfsweise in der Küche. Sie ist Vollwaise und wird vom Wirt nicht gerade gut behandelt. Deshalb war sie auch bereit, mir Antwort auf ein paar Fragen zu geben. Vorab: Es ist natürlich gelogen, daß alle Zimmer belegt sind. Es gibt fünf Gästezimmer, die alle leerstehen. Aber es scheint, als hätten wir nur einen Tag früher eintreffen müssen, um problemlos eine Unterkunft zu finden.«
    »Dann ist in der Zwischenzeit also etwas geschehen«, warf Nicole gespannt ein.
    Der Historiker nickte.
    »So kann man sagen.«
    »Und was? Laß dir doch die Würmer nicht ständig einzeln aus der Nase ziehen!« Zamorra spähte über den Rand seines Glases in die Runde der Gäste, die die kritischen Blicke argwöhnisch erwiderten. Ab und zu kam Bewegung in die Szenerie, wenn der Wirt seinen Bauch zwischen den Tischen hin und her balancierte oder jemand auf der Toilette verschwand.
    »Nun, entweder sind die Leutchen hier bloß extrem abergläubig und noch zu tief mit ihren Legenden und Traditionen verhaftet - oder es ist etwas dran, an dem, was Cathy, so heißt das Mädchen, erzählt hat.«
    Bill nahm einen Schluck Bier und wischte sich mit der Zungenspitze den Schaumbart von der Oberlippe.
    »Demzufolge ist heute früh im Dörfchen so einiges passiert, was sich noch niemand so recht erklären kann. Aber gerade deshalb floriert die Gerüchteküche, und seit Einbruch der Dunkelheit geht die Angst um in Macgillycuddy! Es scheint, als würden die Alten des Dorfes in der heutigen Nacht fest mit einem bestimmten Ereignis rechnen, das irgend etwas mit einer gewissen Lia Fail zu tun hat…«
    Bill verstummte augenblicklich, als er sah, wie sein Freund abrupt die Farbe wechselte und auch Nicole hörbar den Atem ausstieß.
    Zamorra versuchte, mit Gewalt seine aufsteigende Erregung niederzukämpfen.
    »Sagtest du Lia Fail?«
    »Warum?«
    »Wenn die Tiere kommen, so hüte dich«, zitierte Nicole die Warnung der Zigeunerin, die Bill Fleming noch nicht kannte. »Die Sterne erlöschen im Hauch der Lia Fail.«
    »Hä?« machte der Historiker, weil er nur Bahnhof und Abfahrt verstand.
    Zamorra erklärte ihm knapp, was sich bei ihrer Ankunft in Irland zugetragen hatte.
    Danach war sein amerikanischer Kampfgefährte nur wenig schlauer, meinte aber: »Apropos Tiere, davon wußte Cathy auch etwas zu vermelden. Damit hat der ganze Frust im Dorf überhaupt erst angefangen. Heute morgen passierten seltsame Dinge. Angeblich trieben sich menschenmordende Tiergestalten in Macgillycuddy und Umgebung herum, die einen alten Mann töteten. Jemand, der sich davon überzeugen wollte, verschwand auch kurzfristig, so daß man schön an Opfer Nummer zwei glaubte. Peinlich wurde es erst, als der Dorfpolizist auftauchte und alle vermeintlichen Opfer der Bestien plötzlich quietschfidel und kein bißchen tot vor ihm standen! Dennoch muß das Ereignis bleibenden Eindruck bei den Bewohnern, unter denen es sich wie ein Lauffeuer herumgesprochen hatte, hinterlassen haben.«
    »Sieht so aus«, murmelte Zamorra, der nur am Rande registrierte, daß einer der Gäste sich von Wirt und Freunden verabschiedete und nach einigen zugeraunten Ratschlägen die Gaststube verließ, um in die Nacht hinauszutreten und sich auf den Heimweg zu machen.
    »Alles gut und schön«, mischte sich Nicole in das Männergespräch ein. »Aber ich dachte eigentlich, wir wären den weiten Weg hierher gekommen, um nach einem Druidenstein zu suchen.«
    Zamorra nickte bedächtig.
    »Ich fürchte sogar, liebe Nici«, meinte er bedächtig, »wir haben ihn bereits gefunden…«
    In diesem Augenblick zerriß ein grauenerfüllter Schrei, der seinen Ursprung draußen, unmittelbar vor dem Haus haben mußte, die von Gemurmel erfüllte Geräuschkulisse innerhalb der Wirtschaft!
    Höllisches Entsetzen nagelte die Anwesenden auf ihren Plätzen fest.
    Nur einer reagierte: Zamorra!
    Mit einem Satz sprang er auf, katapultierte den Stuhl

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