0261 - Im Schatten des Würgers
Kampf«, knurrte Warner und erhob sich. »Wir werden das Verhör unten in der Bar vornehmen. Dort ist es kühler, und wir haben mehr Ellenbogenfreiheit.«
Der Captain ging zur Tür, und wir folgten ihm. Während wir die Treppe hinuntertrabten, sagte Phil:
»Wenn deine Theorie richtig ist, Jerry, dann liegt Gordons Leiche jetzt irgendwo an einer verkehrsreichen Ecke… Bis spätestens morgen mittag wird man ihn gefunden haben.«
An dieser Stelle darf ich vorgreifen und verraten, daß sich mein Freund irrte. Gordons Leiche wurde nicht gefunden. Weder am nächsten Tag noch am übernächsten noch überhaupt wäh rend der nächsten hundert Stunden. Dann — als wir schon geglaubt hatten, nie mehr einen Zipfel von dem ehemaligen Districts-Attorney-Beauftragten zu sehen, da fand ich die Leiche.
***
In der Bar surrte immer noch der große Ventilator. Er täuschte Kühle vor, was ihm leidlich gelang. Die Luft war jetzt nur noch von dem Rauch weniger Zigaretten gesättigt.
Die drei Kellner, die vor einer halben Stunde noch damit beschäftigt gewesen waren, High balls, Tom-Collins, Manhattans, Gin-Fizzes und andere alkoholische Mixturen durch die Gegend zu befördern — diese drei Kellner hockten jetzt im Vordergrund der Bar und hatten trübe Mienen aufgesetzt. Wahrscheinlich arbeiteten sie auf Prozente und trauerten den Trinkgeldern und dem Abendverdienst nach.
Am gleichen Tisch wie sie saß die Bardame Nr. 2, deren grünes Abendkleid ich auf der Treppe schon hatte bewundern können. Die Frau war uns vorhin, als ich Phil suchte, auf der Treppe nach oben gefolgt, von dem mich begleitenden Polizisten aber schnell verscheucht worden. Sie hockte jetzt auf einem mit rotem Leder bezogenen Stuhl und warf mir Blicke zu, bei denen ein Schneemann Existenzangst bekommen hätte. Am Nebentisch hockten Bibbo und Colon. Auch ihre Blicke waren inhaltsschwer. Allerdings konnte man ohne Mühe weniger freundliche Gefühle daraus lesen. Als die beiden Phil sahen, dessen verpflasterte Stirn sich sehr dekorativ ausnahm, grinsten sie schadenfroh.
»Hast du den Bullen so gut erwischt?« fragte Colon seinen Kumpan.
Grinsend nickte dieser. Er warf sich vor Stolz in die Brust, daß sein Smoking in allen Nähten krachte.
»Ich kann mich' zwar nicht daran erin nern, alter Junge«, sagte Phil. »Aber wenn es dein Selbstbewußtsein stärkt, überlasse ich dir gern den Ruhm, mir diese schöne Beule beigebracht zu haben.«
»Natürlich hast du die Beule von mir«, sagte der Rausschmeißer.
»Natürlich«, sagte Phil. Und dann zu einem der Sergeanten gewandt: »Der Mann ist wegen Mordversuchs an einem G-man festzunehmen, Sergeant.«
»Aber wieso denn? Ich habe Sie doch nur auf die Brust geschlagen, G-man«, wußte Bibbo sich plötzlich sehr gut zu erinnern. Phil grinste, und auch in die Gesichter der Umstehenden stahl sich hier und da ein Lächeln.
Außer den Angestellten der Bar war ein halbes Dutzend Leute von der technischen Abteilung der Mordkommission anwesend. Außerdem drückten sich vier Sergeanten und ein Lieutenant im Hintergrund der Bar herum. Phil, Captain Warner und iph nahmen an zwei zusammengerückten Tischen Platz. Ein Tonbandgerät wurde auf gestellt. Warner gab einem der Sergeanten einen Wink.
Der Beamte trat hinzu und nahm die Anweisung seines Chefs entgegen.
»Sorgen Sie dafür, daß die Leute in einen Raum des ersten Stockes gebracht werden. Wir wollen sie einzeln verhören. Die Leute bleiben solange unter Bewachung.«
Während der beiden nächsten Stunden verhörten wir die Angestellten der Bar ununterbrochen, ohne auch nur einen Fingerzeig zu bekommen. Nichts, das auf den Mord hinwies, ergab sich. Keiner wollte etwas gesehen, gehört oder sonst jrgendwie bemerkt haben. Wir konnten den Leuten nichts Gegenteiliges nachweisen. Niemand wollte je etwas von Malcolm Messer gesehen oder gehört haben. Die beiden Gorillas behaupteten, sie hätten Phil für einen Betrüger gehalten, der sich eines gefälschten Ausweises bediene. Das war eine plumpe Lüge. Aber wir konnten nicht beweisen, daß die beiden von irgend jemandem beauftragt worden waren, Phil auf der Treppe abzufangen.
Dann — es war 40 Minuten vor Mitternacht — verhörten wir den Boß des Etablissements: Meyer Gerstein.
Der Boß hatte bis zu diesem Zeitpunkt auf unser Geheiß in seinem Zimmer bleiben müssen. Ein Sergeant der Mordkommission leistete ihm Gesellschaft. Der EJpß dankte dies nicht. Er schimpfte ohne Unterlaß, wie uns der Sergeant berichtete, und
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