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0261 - Im Schatten des Würgers

0261 - Im Schatten des Würgers

Titel: 0261 - Im Schatten des Würgers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Kalmuczak
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Nachtlokal mit zivilen Preisen, gedämpfter Musik und besserem Publikum. Wir fanden einen angenehmen Platz in einer Nische. Das Lokal wurde durch indirektes Licht erhellt. Dunkelrot — Indigo — Flaschengrün (was ich nicht gut fand, da die Gesichter der Gäste die Farben von Wasserleichen annahmen) — Orange und Violett. Vor den Lichtquellen waren sich langsam drehende Glasscheiben angebracht, die in die genannten Farben unterteilt waren. Während sich die Scheiben drehten, gerieten die verschiedenen Farbflächen vor die Lichtquelle. Und das gewünschte Licht erstrahlte.
    Ich bestellte zwei Champagner-Cocktails und wandte mich dann Florence Porter zu, deren rassiges Gesicht gerade in Orange erstrahlte. Ich hatte jetzt Muße, sie eingehend zu betrachten. Das Ergebnis hätte einen Hollywood-Produzenten zu einem Fünf-Jahres-Vertrag verleiten können.
    Florence Porter war noch in der besseren Hälfte der Dreißiger. Ein rassiges, temperamentvolles Persönchen. Das aschblonde Haar trug sie zu einer adretten Frisur nach oben gewunden; veilchenblaue Augen unter langen, seidigen Wimpern. Dichte, schmale Augenbrauen, schmales Naschen, üppiger Mund. Florence Porter hatte eine ausgezeichnete, sehr weibliche Figur, die unter Garantie in jedem Strandbad Aufsehen erregt hätte.
    Ich machte meiner Begleiterin einige Komplimente.
    »Sie dürfen mich Florence nennen«, sagte sie und lächelte, wie die Mona Lisa es nie fertiggebracht hätte. Ich bedankte mich und sagte, daß ich Jerry heiße. Wir stießen an, tranken die Cocktails, dann durfte ich neue bestellen. Florence konnte allerhand vertragen. Als sie siebenmal Champagnerdrinks hinter ihre Perlenzähne gegossen hatte und auch einen »Prince of Wales« ohne sichtbare Wirkung zu sich nahm, wurde, es mir unheimlich. Ein kleines Weilchen später aber kam die Wirkung blitzartig. Florence lehnte sich gegen meine Schulter, schloß die Augen und war nahe daran einzuschlafen. Ich hatte nur wenig getrunken und begann nun vorsichtig mein Schlaflied.
    »Meyer Gerstein ist kein sympathischer Bursche, nicht wahr?«
    »Er ist gräßlich, Jerry.«
    »Schläft er jeden Abend bis neun Uhr?«
    »Ich glaube ja.«
    »Na ja, das bringt der Beruf mit sich.«
    »Ja.«
    »Es wäre bestimmt nichts für mich, jede Nacht in einer verräucherten Bar zu verbringen. Aber Gerstein scheint es zu gefallen?«
    »Ach, Jerry. Ich weiß es nicht. Ich glaube aber, es macht ihm nicht viel Spaß. Er ist oft müde.«
    »Und dann putscht er sich mit starkem Kaffee auf?«
    »Nein. Gerstein ist herzkrank. Er trinkt niemals Kaffee!«
    Ich holte tief Luft., »Aber der Kellner Allison hat ausgesagt, er bringe Gerstein jeden Abend eine Tasse Kaffee. So auch heute abend.«
    »Nein, das stimmt nicht. Ich weiß, daß…« Plötzlich war'Florence wieder hellwach. Sie setzte sich kerzengerade auf, funkelte mich aus blitzenden Augen an und machte Anstalten, mir mit den Fäusten gegen die Brust zu trommeln. Ich faßte sie zart an den Gelenken und sagte:
    »Sie haben sich verraten, Florence. Gerstein trinkt gar keinen Kaffee. Folglich kann Allison ihm auch keine Tasse Kaffee auf sein Zimmer gebracht haben heute abend, nicht wahr? — Das war es doch auch, was Sie mir in der Bar sagen wollten. Vorhin, als wir noch mit dem Verhör von Gerstein beschäftigt waren. Ich habe deutlich gesehen, wie Sie mir etwas sagen wollten. Im letzten Moment bissen Sie sich auf die Lippen. Sie können es ruhig zugeben, Florence. Ich verstehe, daß Sie Ihren Arbeitgeber nicht belasten wollten.«
    Ich redete ihr zu wie einem Kinde. Sie beruhigte sich schnell wieder und leugnete nicht. Allerdings machte sie dann den berechtigten Einwand:
    »Ich weiß nur, Jerry, daß Gerstein keinen Kaffee trinken darf und sich an diese ärztliche Weisung hält. Es kann aber gut möglich sein, daß Allison ihm statt dessen ein Glas Wasser oder etwas Ähnliches gebracht hat. Vielleicht hat sich Gerstein nur versprochen, als er von einer Tasse Kaffee sprach. Man sagt doch auch: Gehen wir Kaffee trinken! — obwohl man in Wahrheit beabsichtigt, ein Glas Fruchtsaft, Tee oder Alkohol zu sich zu nehmen.«
    »Das ist richtig, Florence. Dennoch werde ich die Sache genauer untersuchen. Bitte, sagen Sie weder Gerstein noch sonst jemandem, daß Sie hier mit mir gesprochen haben. Kann ich mich auf Sie verlassen?«
    Sie bejahte. Wir blieben noch eine knappe halbe Stunde in der Taberna und unterhielten uns sehr nett. Florence war mir nicht böse. Bei näherem Kennenlernen entpuppte

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