0263 - Das Syndikat der toten Seelen

jagte ich mit Rotlicht und Sirene zurück zum Distriktsgebäude. Leutnant Wools saß in unserem Office.
    »Gedulden Sie sich noch fünf Minuten, Wools!« rief ich durch die Tür. »Wir müssen nur schnell zum Chef!«
    Ich wartete seine Antwort gar nicht erst ab.
    Mr. High hörte gespannt zu. Als wir ihn verließen, hatte er den Hörer des roten Telefons in der Hand. Er telefonierte mit Washington, und zwar mit keinem geringeren als John Edgar Hoover.
    »Was ist denn los?« fragte Wools, als wir atemlos zurück ins Office kamen.
    »Der Teufel ist los«, erwiderte Phil. »Und zwar gleich mit einem ganzen Höllenregiment. In den nächsten Tagen werden Sie, Wools, und wir alle aus den Aufregungen nicht herauskommen.« In aller Eile erzählten wir ihm den Stand der Dinge.
    »Der Graue?« schnappte er mitten in unserer Erzählung wie ein hungriger Hofhund. »Den suchen wir schon wegen Mordes an dem Gangster Jiggy.«
    Nun war das Erzählen an Wools. Er trug seine Geschichte vor.
    Kaum war er fertig, da klingelte das Telefon. Ich nahm den Hörer. »Cotton.«
    »Hier ist Blane. Ist Wools bei Ihnen?«
    »Ja, Wollen Sie ihn sprechen?«
    »Bitte.«
    Ich gab Wools den Hörer. Das Gespräch dauerte fast fünf Minuten. Dann legte Wools den Hörer wieder hin.
    »Ich will Ihnen was sagen, Cotton«, brummte er. »Der Fall wächst uns über den Kopf.«
    »Wieso?«
    »Wir haben im Zusammenhang mit Matthews Tod Fingerspuren gefunden.«
    »Aber das ist doch großartig!« rief Phil.
    »Wie man’s nimmt«, erwiderte Wools. »Es waren auch die Abdrücke einer Frau dabei. Blane sitzt gerade hier im Hause, oben in eurem Archiv. Man hat die Abdrücke identifiziert.«
    »Und?« fragte ich gespannt.
    »Die Frau heißt Bergsal. Sie wurde 1947 in New York wegen Mordes zu zwanzig Jahren Zuchthaus verurteilt. 1958 wurd sie begnadigt. Sie verließ die Staaten. Verstehen Sie das? Auf einer Karte aus dem FBI-Archiv steht: Sie verließ die Staaten! Aber ihre Fingerabdrücke beweisen, daß sie wieder da ist!«
    »Wie war der Name?« fragte Phil.
    »Bergsal.«
    »Jetzt heißt sie Salberg«, sagte ich trocken. »Und ich weiß, wo wir sie finden können, Wools. Aber der Teufel kann mich holen, wenn ich weiß, was das ganze Theater bedeuten soll.«
    ***
    Wir standen im Vorraum des Kinos und warteten.
    Es wurde halb sieben.
    Peter Cotton kam nicht. Die Vorfilme der Sechs-Uhr-Vorstellung liefen längst, und im Vorraum versiegte allmählich der Menschenstrom. Nur vereinzelt kam noch jemand und besorgte sich Karten für die Acht- oder Zehn-Uhr-Vorstellung.
    Das Mädchen vom Einlaßdienst hatte uns schon ein paarmal verwundert angesehen. Als es fünfzehn Minuten vor sieben war, sagte ich:
    »Aussichtlos. Es hat keinen Zweck, länger zu warten. Komm!«
    Wir verließen das Kino und kletterten wieder in den Jaguar. Phil hielt mir die Zigarettenschachtel hin.
    »Was kann er überhaupt gewollt haben?« murmelte er.
    Ich zuckte die Achseln, während ich mir eine Zigarette nahm und Phil das Feuerzeug hinhielt.
    »Keine Ahnung. Aber ich möchte wetten, daß er es war, der vor ein paar Tagen — .oder war es erst gestern — also der kürzlich anrief. Jemand sagte: ›Hier spricht Cotton‹. Natürlich dachte ich, irgendwer wollte mich ein bißchen foppen Hätte ich doch nur nicht gleich aufgelegt.«
    »Jeder andere hätte in derselben Lage geglaubt, daß man ihn ärgern wolle«, sagte Phil. »Ehrlich gesagt: Es beunruhigt mich, daß er nicht gekommen ist. Es beunruhigt mich sogar sehr,«
    »Mich auch,« gab ich zu. »Los, wir suchen ihn.«
    »Wo?«
    »Bei Susy Fleckson. Das hübsche Mädchen aus der Dunkelkammer.«
    »Warum gerade bei der?«
    »Hast du nicht bemerkt, was sich die beiden für verliebte Blicke zuwarfen?«
    »Nein. Aber wenn es so ist, gut. Und wo noch, wenn er auch nicht bei dem Mädchen ist?«
    »Zu Hause. Im Institut müssen sie die Adressen von ihr und von ihm wissen.«
    »Dann los. Hoffentlich kann ich der Salberg gegenübertreten, ohne ihr an den Hals zu gehen. Sie weiß, wie Matthew zu Tode gekommen ist. Das ist das wenigste, was ihre Fingerabdrücke beweisen.«
    »Stimmt«, sagte ich hart. »Aber wir werden so freundlich zu ihr sein, wie es sich einer Dame gegenüber gehört. So, als wüßten wir von gar nichts. Sie entgeht uns nicht, Phil. Und wenn wir zugreifen, müssen wir sicher sein, daß wir den ganzen Plan durchkreuzen und alle überiühren hönnen.«
    Es gibt ein Sprichwort bei den Cowboys der Midwestern-Staaten, das lautet: Wenn du den