0263 - Wenn die Totengeister schreien
immer noch der Ansicht, daß Ihnen hier ein übler Streich gespielt werden soll. Es gilt doch nur, den zu finden, der dahinter steckt!«
»Das wurde damals nicht geklärt, und es wird auch jetzt ungeklärt bleiben«, sagte Sir Glenn. »Noch zwei Schreie…«, und er sah dabei sein Ehegespons an. Lady Mabel fuhr entsetzt hoch. »Warum starrst du mich so an?« schrie sie.
Sir Glenn riß beide Hände hoch. »Um Himmels willen! Ich wünsche dir doch nicht den Tod, du Hausdrachen… Was täte ich denn ohne dich? Dann hätte ich doch niemanden mehr zum Streiten…«
»Du bist ein Ekel, Glenn!« behauptete Mabel und rauschte davon.
Carmen Visher wollte das Zimmer ebenfalls verlassen. Sie kam nur bis zur Tür. Die wurde von draußen geöffnet. Arthur, der Gärtner, stürmte herein, ohne anzuklopfen, und rannte das Mädchen dabei fast um.
»Sir«, sprudelte hervor. »Da ist ein Toter! Im Südflügel! Das hießt - am Südflügel! Er klettert gerade die Fassade empor!«
Sir Glenn hob die Brauen. »Klettert?«
»Ja«, keuchte Arthur. »Vielleicht kriegen wir ihn!« Er sah Thomas an. Der nickte. »Ich komme mit! Wollen doch mal sehen, ob der Tote auch schreit, wenn wir ihn auseinandernehmen.«
Er stürmte hinter Arthur her nach draußen.
Sir Glenn schüttelte den Kopf. »Langsam wird es mir unheimlich«, sagte er. »Ich habe Angst…«
»Meine Zimmer liegen im Südflügel«, sagte Carmen leise, die Augen weit offen. »Vielleicht will die Leiche zu mir…«
»Unsinn!« knurrte der Earl. »Aber ich denke, daß Sie für heute vom Dienst befreit sind. Sie haben einen Tag bezahlten Urlaub, nach dem Schock in der Bibliothek. Mister Pickford, begleiten Sie Miss Carmen…«
»Sofort, Sir.« Pickford ging zur Tür und stieß sie wieder auf. »Kommen Sie bitte, Miss…«
Sie folgte ihm.
Allmählich wurde sie in ihrem Entschluß, im Castle zu bleiben, schwankend. Vielleicnt sollte sie den Earl doch um Beurlaubung bitten. Der Tote in der Bibliothek machte ihr zu schaffen. Sie hatte Angst.
Weniger vor dem siebten Schrei, als davor, noch mehrere dieser Schockeffekte präsentiert zu bekommen.
Mechanisch folgte sie Pickford zu ihrer Zimmerflucht.
***
Der Range Rover rollte durch das große Burgtor. Zamorra stoppte ab und sprang aus dem Wagen. Zwei Männer standen im Burghof, gestikulierten und zeigten an der Fassade eines Gebäudeteils empor. Das Haus war aus dunklen, graubraunen Steinen erbaut, die von beachtlicher Größe waren. Das mußten noch die Originalsteine von damals sein, nur soweit zubehauen, daß sie halbwegs manierlich aussahen.
Überall gab es Vorsprünge und Kanten, die sich ein geschickter Kletterer zunutzemachen konnte.
Und da kletterte wirklich jemand hinauf!
Eine Gestalt in einem zerlumpten, schmutzigen Mantel, einen Hut auf dem Kopf.
Die anderen waren inzwischen auch ausgestiegen und näherten sich der seltsamen Szene. Der elegant gekleidete Jüngling hob jetzt einen großen Stein vom Boden auf. Er rief dem Stämmigen einen Befehl zu. Der rannte zur Hauswand und baute sich mit ausgebreiteten Armen aus.
Kein Zweifel - die beiden wollten den Kletterer auf die einfachste Weise herunterholen.
»Ob das eine Leiche ist?« stöhnte Pete MacCloud auf.
Da bemerkte der Kletterer wohl, daß sein Aufstieg nicht unbeachtet blieb. Zamorra starrte das Wesen an. Er sah einen grinsenden Totenschädel unter dem Hut, aber er spürte nichts. Keine Aurr des Unheimlichen. Fragend sah er Gryf an.
Der schüttelte den Kopf.
Der Elegante holte aus und wollte den Stein werfen. »Nein«, schrie der Kletterer von oben. Da flog das Ding schon. Und traf. Der Kletterer zuckte zusammen, schrie abermals und stürzte.
Der bricht sich doch alle Knochen! dachte Zamorra entsetzt, weil ihm die Höhe zu groß war. Da konnte auch der Stämmige unten nichts mehr machen…
Aber Zamorra unterschätzte ihn. Er packte im richtigen Moment zu, fing den Stürzenden auf und gab unter ihm nach. Die beiden Gestalten rollten über den Boden. Der Elegante lief auf sie zu und kniete neben ihnen nieder. Der Stämmige war schon hoch.
Mit ein paar Sprüngen eilte Zamorra heran.
Der Elegante packte zu und riß an dem Kopf des Knochenmannes. Plötzlich hielt er eine Maske in der Hand.
Mit einer Verwünschung schleuderte er sie beiseite. Dann holte er zu einem schwungvollen Fausthieb aus. Zamorra hielt seine Hand fest.
Sofort hatte er zwei Männer gegen sich. Grimmig bauten sie sich vor ihm auf. »Wer sind Sie?« fauchte der elegante
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