0264 - Nachts, wenn der Wahnsinn kommt
Eindruck auf sie geblieben zu sein, denn sie hob die Schultern und sagte: »Bitte, meinetwegen. Ich kann Sie daran nicht hindern.«
»Das glaube ich auch.« Bei mir drängte die Zeit. Ich mußte unbedingt etwas erreichen, deshalb zog ich meine Beretta.
Die Propow lachte nur. »Damit können Sie mir nicht imponieren. Was sind schon die Dinge der Technik gegen die Waffen der Urvölker aus den alten Reichen? Tut mir leid..«
»Gehen Sie jetzt!« forderte ich sie auf.
Die Propow nickte. »Sicher, ich gehe. Sie können Gorgos sehen. Ihnen wird es vergönnt sein.« Die Frau kicherte hohl.
Ihre Sicherheit machte mich nachdenklich. Einen Teil von Gorgos hatte ich auf dem seltsamen Friedhof gesehen. Würde ich jetzt alles von ihm erkennen?
Ich dachte an die Kreuze, und die Propow schien meine Gedanken erraten zu haben. Denn während sie ging, sagte sie: »Ja, die Kreuze. Ich habe sie aufgestellt. Sie sind Zeichen des Todes. Ein Zeichen für Gorgos, der nun weiß, wo er sein Ende der Wanderung gefunden hat. Hier wird er erscheinen und die Insel in seinen Besitz nehmen. Viele Opfer habe ich ihm schon dargebracht. Die Schule war ideal. Hin und wieder verschwanden Mädchen. Auch Badegäste. Der See im Stein konnte sie gebrauchen, und er hat sie konserviert, um sie heute wieder freizugeben, damit sie für Gorgos kämpfen.«
Während dieser Worte waren wir in der Düsternis der Halle verschwunden und wandten uns dorthin, wo der Eingang zum Keller lag.
Ich sah die Umrisse einer Tür.
Die Propow blieb stehen. »Darf ich Licht machen?« fragte sie.
»Sicher!«
Sie drückte auf einen Knopf, den ich bisher nicht gesehen hatte, und über der Tür leuchtete eine Lampe auf.
In diesem Augenblick hörte ich etwas.
Ein Wimmern, auch leise Rufe der Angst. Kalt rann es mir über den Rücken. Carla Bergamo lebte noch. Sie mußte sich hinter der Tür befinden.
Ich geriet in Wut und stieß den Lauf der Beretta in den Rücken der Frau.
»Schließen Sie auf, verdammt!«
»Sicher, sicher.« Den Schlüssel hielt sie bereits in der rechten Hand, drehte sich und schob ihren Arm dem Schloß entgegen.
In diesem Augenblick geschah es. Ich wurde von den Ereignissen völlig überrascht, denn damit hatte ich nicht gerechnet.
Genau dort, wo die Propow stand, zuckte ein greller Blitz in die Höhe, der mich blendete. Ich sah nichts, taumelte instinktiv zurück und hörte das blecherne Lachen.
Weit riß ich die Augen auf. Der Blitz war verschwunden, dafür sah ich einen grauen, wallenden Rauch und innerhalb dieses Rauchs eine schreckliche Gestalt.
Elena Propow hatte sich verwandelt. Nicht mehr die Frau stand vor mir, sondern ein menschengroßer, schrecklicher Monstervogel!
***
Suko sah seinen Freund John Sinclair verschwinden und wartete. Sehr wohl war ihm bei der Sache nicht. So blieb er wachsam und angespannt, denn er wollte sich nicht überraschen lassen.
Immer wieder schaute er in die Runde. Die Dämmerung nahm stetig zu, so daß eine Sicht immer schwerer wurde. Nur über dem Meer schimmerte es ein wenig heller, aber das nutzte ihm nichts. Dort wollte er nicht hin. Ihn interessierte der unheimliche Friedhof und dessen nähere Umgebung.
Der Chinese wußte, wie gefährlich dieser Kristallgötze war. Seinem Expansionsdrang konnte man kaum etwas entgegensetzen. Der Götze würde kommen und sich ausbreiten. Das Land sollte ihm gehören, und mit diesem Garten machte er den Anfang.
Es war nicht still. Der Abendwind fuhr in die Büsche, bewegte Blätter und Äste, spielte mit ihnen, wobei er sie zu einem geisterhaften Tanz aufforderte.
Suko befand sich inmitten einer unheimlichen Gegend. Und er hörte seltsame Laute.
Da war ein leises Knirschen zu vernehmen. Hin und wieder auch ein Knacken, das seinen Ursprung jedoch nicht innerhalb der dichtstehenden Gewächse besaß, sondern am Boden, so daß sich der Inspektor gezwungen sah, seinen Blick zu senken.
Nach wie vor stand er auf dem wie Glas wirkenden Untergrund. Der Friedhof hatte sich verändert, und es würde dabei bleiben, aber das Knacken war auch woanders aufgeklungen.
Tiefer im Garten.
Wanderte Gorgos noch immer?
Suko schaute auf die Bäume. Zuerst glaubte er an eine Täuschung, danach wurde ihm abwechselnd heiß und kalt. Was er sah, konnte man eigentlich nicht als erschreckend bezeichnen, für ihn jedoch sah die Sache anders aus. Suko erkannte nämlich, daß sich ein Teil der Blätter und auch der Pahnenwedel nicht mehr bewegten.
Sie standen still, obwohl der Wind nach wie vor
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