0264 - Nachts, wenn der Wahnsinn kommt
Schülerin, die auch gesprochen hatte, verzog plötzlich das Gesicht, als hätte sie Schmerzen. Der Inspektor konnte es deshalb so gut erkennen, weil er schon näher gekommen war, aber er lief auch in eine Falle. Bisher hatte er sich nur auf die Mädchen konzentriert, die Kreuze dabei außer acht gelassen. Deshalb sah er auch nicht die dünnen Fäden, die wie Netze und Fallen die einzelnen Kreuze miteinander verbanden.
Und die waren etwas dicker. Zudem scharf wie Glas.
Sie schnitten durch Sukos Kleidung. Wie kleine Messerschneiden drangen sie in seine Haut an den Beinen, der Hüfte, in die Oberschenkel, und selbst die Handrücken wurden nicht verschont.
Die Sprecherin drehte dem anstürmenden Suko ihren Kopf zu. Groß wurden die Augen, und so etwas wie ein gläserner Triumph leuchtete in den Pupillen.
Trotz der hemmenden Stricke gelang es dem Inspektor, das Mädchen zu erreichen.
Er mußte sich allerdings vorbeugen, um es zu fassen, denn er fühlte sich wie in Gummiseilen hängend.
Suko streckte seinen rechten Arm aus und griff zu. Seine Hand legte sich auf die Schulter des Mädchens. Er preßte die Finger zusammen, sah, wie sich das Gesicht des Girls verzerrte, und hörte gleichzeitig ein unheimliches Geräusch.
Es war ein Knirschen und Knacken.
Dieses Geräusch drang ihm unter die Haut. Aber Suko brach keine Knochen, sondern Glas.
Er hatte keinen Menschen attackiert, nur ein Monstrum, das bereits in den Klauen des Götzen Gorgos steckte.
Zwischen Sukos Fingern krümelte es. Er schnitt sich nur wenig, denn der Stoff hielt die meisten kleinen Scherben ab. Dafür spürte Suko den Schmerz in Höhe der Beine.
Eine Stimme erklang. Sie hallte über den Friedhof, und jeder konnte sie verstehen.
»Wollt ihr ihn das zerstören lassen, was der große Gorgos aufgebaut hat? Wollt ihr das?«
Erst jetzt wurde dem Chinesen klar, daß dieses gläserne Mädchen gerufen hatte. Als es seinen Kopf drehte, fingen die Nackenwirbel an zu knirschen.
Diese Gorgose wollte die anderen aufhetzen. Und gegen sämtliche Feinde kam der Inspektor nicht an, das war klar.
Deshalb mußte er sich etwas einfallen lassen. Seine Dämonenpeitsche holte er hervor. Diese Chance hatte man ihm noch gelassen, und es gelang ihm auch, einen Kreis über den Boden zu schlagen.
Die Riemen rutschten aus der Öffnung.
Bei den anderen Mädchen waren die Worte der Sprecherin auf fruchtbaren Boden gefallen. Sie drehten sich um und machten nun Front gegen den Inspektor.
Suko zählte sich zu den Realisten. Er sah ein, daß er gegen die Übermacht keine Chance hatte.
Wenigstens nicht mit den Fäusten. Deshalb die Peitsche, und er hoffte dabei, den anderen demonstrieren zu können, daß die Macht des Kristallgötzen doch nicht so groß war.
Suko schlug zuerst gegen die hauchdünnen Fäden. Widerstand spürte er nicht, aber sie waren gerissen. Das merkte er sehr schnell, denn er konnte seine Beine besser bewegen.
Während des Hiebes pfiffen die Riemen durch die Luft. Auch die anderen hörten das Geräusch und sahen zu, wie Suko seinen rechten Arm in die Höhe schwang und mit der Dämonenpeitsche auf die gläserne Gestalt des Mädchens einschlug.
Es war ein wuchtig geführter Hieb. Zuerst klatschte er nur gegen den Körper, dann waren das Reißen und Splittern zu hören. Im nächsten Augenblick bekam die Gestalt einen Riß, der sich quer über das Gesicht des Mädchens zog, tiefer und breiter wurde, so daß ein Spalt entstand und aufbrach.
Nicht nur ein Riemen hatte getroffen, auch die anderen beiden waren voll im Ziel gelandet.
Die Schultern wurden ebenfalls nicht verschont. Knirschend brachen sie, und die Gestalt wurde buchstäblich zu einem Scherbenhaufen, als sie zusammensackte.
Suko drehte sich den anderen zu.
Sie waren nicht mehr weitergegangen. Stumm standen sie da und schauten auf die Überreste zu Sukos Füßen.
Der Inspektor verzog sein Gesicht zu einem breiten Grinsen. »Habt ihr das gesehen?« schrie er. »Habt ihr genau gesehen, was passiert ist? Hoffentlich, ihr verdammten, dämonischen Kreaturen. Ich bin stärker als Gorgos. Meine Peitsche wird ihn das Fürchten lehren und die vernichten, die sich gegen mich stellen…«
Sie zögerten. Es war nicht zu übersehen, daß die Worte des Chinesen bei den wartenden Mädchen Wirkung zeigten.
Sie dachten nach.
Währenddessen blieb Suko nicht untätig. Er schlug weiter. Und diesmal nahm er sich die Kreuze vor.
Der Inspektor wütete wie ein Berserker. Die Peitsche klatschte gegen die weißen,
Weitere Kostenlose Bücher