0267 - Der Hexenwürger von Blackmoor
wenn Sie von Scotland Yard sind. Hier in Blackmoor herrschen andere Gesetze und Regeln. Wir haben sie aufgestellt, wir richten uns danach. Steigen Sie in Ihren Wagen und fahren Sie ab. Lassen Sie um Himmels willen die Toten ruhen!«
»Was geht hier vor?«
»Nichts, Mr. Sinclair, nichts geht hier vor. Hier ist alles normal. So wie es immer war.«
Wir hatten keinen Durchsuchungsbefehl für sein Haus. Wenn er uns rauswerfen wollte, konnte er das. Also erhoben wir uns aus den Ledersesseln und nickten ihm zu.
»Sie können es noch schaffen«, sagte er. »Wenn Sie sich immer an den Weg halten, werden Sie auch in der Dunkelheit nicht im Sumpf versinken.«
»Danke für den Rat«, sagte ich. »Aber was ist eigentlich mit der Schloßruine?«
»Wieso?«
»Wir wollten ihr einen Besuch abstatten.«
»Sie ist ein verfallenes Gemäuer, mehr nicht. Überanstrengen Sie sich nur nicht.«
»Wir sehen uns noch«, sagte ich zum Abschied und öffnete die Tür.
Überrascht blieb ich auf der Schwelle stehen. Vor dem Haus hatten sich zahlreiche Menschen versammelt. Männer und Frauen. Sie trugen Waffen und große Kreuze in ihren Händen. Die Gesichter wirkten starr. Entschlossenheit spiegelte sich in ihren Zügen. Die menschliche Mauer machte einen kalten, abweisenden Eindruck auf uns.
»Was soll denn das?« fragte ich.
Cordtland war neben uns stehengeblieben. »Es sind Menschen aus dem Ort«, erwiderte er.
»Das sehe ich. Und?«
»Sie warten auf mich.«
»Was haben Sie vor?«
Cordtland drängte sich an uns vorbei. Er lief die Treppe hinab. Unten drehte er sich noch einmal um. »Fahren Sie!« zischte er uns zu. »Fahren Sie schnell!«
Dann winkte er seinen Leuten. Die setzten sich sofort in Bewegung und folgten ihm.
Für uns hatten sie keinen Blick mehr.
Wir schauten ihnen nach. Auch den Alten, der uns mit der Mistgabel bedroht hatte, entdeckten wir zwischen ihnen. Seinen Sohn ebenfalls.
Sie verließen Blackmoor in die Richtung, aus der wir gekommen waren. Ihr Ziel war der Sumpf oder auch das Gemäuer.
»Gehen wir hinterher?« fragte Suko.
»Später.«
»Was hast du vor?«
Ich deutete über meine Schulter. »Das Haus interessiert mich. Ich weiß nicht, was dort verborgen ist, aber ich habe so das dumpfe Gefühl, daß wir auf etwas stoßen könnten.«
»Wir haben keinen Durchsuchungsbefehl«, gab mein Freund zu bedenken.
»Sicher. Nur schau dir die Tür an. Sie steht offen.«
Da grinste Suko. »Altes Schlitzohr.«
Die Diele kannten wir inzwischen. Wir suchten die offiziellen Arbeitsräume des Mannes ab und fanden nichts Verdächtiges. Keinerlei Spuren, die auf den Ahnherrn namens Mason Cordtland hingewiesen hätten. Auch in den Privaträumen war alles normal. Cordtland hatte sich rustikal eingerichtet. Die Möbel schimmerten dunkel, sie bestanden aus gebeizter Eiche.
»Bleibt der Keller.«
»Du sagst es, Suko!«
Keller üben auf mich immer eine magische Anziehungskraft aus. Wie oft hatten wir erlebt, daß im Keller irgend etwas verborgen wurde. Vielleicht auch hier. Die Kellertür war abgeschlossen.
»Mist.« Suko sagte dies und hatte sein Ohr gegen das Holz gelegt. Er drehte mir dabei sein Gesicht zu, und ich sah, daß mein Partner die Stirn runzelte.
»Hast du was?«
»Seltsam, ich höre so komische Geräusche.«
»Moment.« Auch ich preßte mein Ohr gegen das Holz, lauschte und stellte fest, daß sich Suko nicht getäuscht hatte. Da waren tatsächlich undefinierbare Laute zu hören.
Wir konnten sie nicht identifizieren. Auf jeden Fall bestärkten sie uns in dem Wunsch, einmal nachzuschauen und der Sache auf den Grund zu gehen.
Mein Freund schielte bereits auf das Schloß. »Es dürfte keine großen Probleme bereiten«, sagte er.
»Versuchen wir es.«
Suko holte sein kleines Besteck hervor. Jeder Einbrecher hätte glänzende Augen bekommen, wir aber setzten dieses ›Werkzeug‹ nur in Notfällen oder bei besonderen Anlässen ein.
Und dieser Anlaß hier war ein besonderer.
Sukos Hände zitterten nicht, als er sich an die Arbeit machte. Ein paarmal drehte er das Wunderwerk der Feinmechanik und hatte die Tür schließlich offen. Wir vernahmen beide das Zurückschnappen des Schlosses.
Ich drückte die Klinke nach unten und zog die Tür langsam auf. Sie war gut geölt. Lautlos schwTang sie uns entgegen.
Wir schauten in einen dunklen Keller. Vor uns lag eine Treppe aus Stein. Fast normal. Feucht und muffig war der Geruch. Die Wände glänzten naß, das sahen wir im Schein der Beleuchtung. Bei dieser
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