0267 - Der Hexenwürger von Blackmoor
Stelle würde mit Wikkas Erscheinen rechnen. Zuviel spricht dafür, John. Die zahlreichen Hexen, der Stein, der Hexenwürger, das ist doch ein regelrechtes Karussell. Mich würde es sehr wundern, wenn Wikka da nicht aufspringen wollte. Schließlich sucht sie ihre Artgenossinnen.«
Da hatte mein Freund recht.
Wir sprachen noch darüber, ob wir das Haus weiterhin durchsuchen sollten, als der Inspektor plötzlich seinen Zeigefinger auf die Lippen legte.
Ich schaute ihn an. »Was hast du?«
»Da stimmt was nicht.«
»Und was?«
Suko hob die Schultern. Genau konnte er mir sein Gefühl auch nicht erklären, jedenfalls hatte ihn etwas gestört. »Es war nicht im Haus, muß von draußen gekommen sein und hat sich angehört, als würde jemand um das Grundstück schleichen.«
»Schritte?«
»Kann sein.«
»Laß uns nachsehen.« Wir gingen zur Tür und hatten sie noch nicht erreicht, als ich ebenfalls etwas vernahm.
Das kam von oben.
»Auf dem Dach«, sagte Suko in derselben Sekunde, riß die Tür auf, stürmte nach draußen und eilte die Stufen der Treppe hinunter. Ich folgte ihm sehr schnell. Nebeneinander blieben wir stehen, legten die Köpfe in den Nacken und blickten an der Hauswand hoch, um das Dach sehen zu können. Es war mit dunklen Pfannen gedeckt. Das konnten wir trotz der miesen Lichtverhältnisse hier erkennen. Und noch etwas erkannten wir.
Es war eine Gestalt, die sich auf dem schrägen Dach fest an die Pfannen geklammert hatte.
Eine Frau - und Hexe!
***
Wir hätten eigentlich nicht überrascht sein dürfen. Dennoch traf uns der Anblick.
Durch das Auftauchen dieser Person hatten wir den endgültigen Beweis dafür, daß sich noch mehr Hexen in Blackmoor herumtrieben als die, die wir erledigt hatten.
Es war einfach, eine Erklärung dafür zu finden, wie sie auf das Dach gelangt war. Wenn sie tatsächlich in der Gestalt eines Vogels ein Zwischenleben geführt hatte, mußte sie sich auf dem Dach sitzend verwandelt haben.
Sie hatte uns ebenfalls gesehen, da sie in einer Schräglage hing und nach unten schaute, wobei sie den Kopf stark drehen mußte.
Ihr Gesicht konnten wir nicht genau erkennen, und die Haare waren mehr zu ahnen. Allerdings sahen wir ein strähniges Gewirr um ihren Kopf flattern.
Sie fauchte wie ein alter Seemann, als sie uns gesehen hatte und nun höher kletterte. Dabei wand sie sich wie eine Schlange. Der First war ihr Ziel.
Nur mit Mühe erreichte sie ihn, rutschte zwischendurch ein paarmal ab und blieb schließlich hocken, wobei sie einen Arm in die Luft reckte, die Hand zur Faust ballte und ein meckerndes Gelächter aus ihrem Mund drang.
»Die scheint sich da oben ziemlich wohl zu fühlen«, bemerkte Suko. »Sollen wir sie runterholen?«
»Du kannst sie ja fragen.«
»Witzbold«, erwiderte der Inspektor und griff zu seiner Beretta.
Ich sah dies, legte meine Hand auf seinen Arm und schüttelte den Kopf. »Nein, laß mal, Alter. Wir wollen mal sehen, was sie noch alles vorhat. Die sitzt ja nicht ohne Grund da oben.«
Das stimmte in der Tat. Plötzlich verwandelte sich das Gelächter in ein wildes Heulen. Wind kam auf, wurde zum Sturm, schüttelte uns durch und erfaßte die Hexe auf dem Dach.
Es war wie im Schauermärchen. Fehlte nur noch der Besenstiel, auf dem die Hexe ritt. Der Sturmwind trug sie aber auch so fort. Er packte mit seinen unsichtbaren Händen zu, wehte unter ihre Kleidung und schleuderte sie hoch in die Luft, so daß sich die alten Lumpen ballonartig aufblähten.
Dann war sie verschwunden.
Wir standen vor dem Haus und schauten ziemlich belämmert aus der Wäsche.
»Ich hätte sie doch packen sollen«, sagte Suko und blickte mich vorwurfsvoll an.
»Du kriegst noch deine Chancen. Wahrscheinlich mehr, als dir lieb sein werden.«
Am Haus hielt uns jetzt nichts mehr. Wir wollten uns unbedingt in Blackmoor umschauen. Wir waren sicher, daß noch mehr Hexen existierten.
Unsere Blicke glitten nach links. Dort lag das Moor, und in diese Richtung waren die Menschen gegangen, Bing Cordtland an ihrer Spitze. Sicherlich hatten sie den Hexenwürger treffen wollen.
Ob es tatsächlich der Fall gewesen war, würden wir sehr schnell in Erfahrung bringen, denn die Menschen kamen zurück.
Diesmal gingen sie nicht so gesittet nebeneinander. Sie redeten, drängten sich in mehreren Reihen, wobei uns auffiel, daß sie ihre großen Kreuze nicht mehr trugen.
In Deckung des Hausschattens zogen wir uns zurück. Der Ort lag wie ausgestorben da. Stimmen und Geräusche hörten wir
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