0269 - Der Höllenspiegel
ordnungsgemäß bekleidet ist?«
Mac grinste. »Klar. Die anderen Gäste leiden unter Halluzinationen.«
Der Champagner zischte in die Gläser. Übermütig stießen sie miteinander an. »Auf Leonardos Ende«, sagte Zamorra. »Endlich mal ein kleiner großer Erfolg… Himmel, hat der Bursche mich in den letzten Monaten Nerven gekostet… mehr als Asmodis in all den Jahren vorher. Aber das ist jetzt alles vorbei!«
Später tippte Nicole ihn vorsichtig an. »Sag mal… das Trinkgeld vorhin!« sagte sie. »Warum bist du eigentlich so großzügig? Oder hattest du den Verstand verloren? Das war ein Hunderter.«
Zamorra grinste von einem Ohr zum anderen. »Das war dein Hunderter, liebste Nici«, versicherte er glaubhaft. »Den hatte ich ursprünglich für deine nächste Einkaufstour abgeschrieben. Aber wenn Mac damit Proteste niederbügelt, ist das Geld doch viel besser angelegt, und der Effekt ist derselbe, als hättest du ein Kleid gekauft… außerdem soll man Schönheit nicht verbergen, schließlich ist sie gottgegeben…«
Sprachlos sah Nicole ihn an.
»Schuft«, murmelte sie. »Das zahle ich dir heim, heute nacht…«
Darauf wartete Zamorra ja nur.
***
Lacton, der Dämon, hatte seinen letzten Fehler begangen, als er sich zu nahe neben Leonardo an den Thron gestellt hatte. Als der Montagne getroffen wurde, krallte er sich in Lactons Pelz fest und ließ nicht mehr los. Und er saugte das dämonische Leben aus ihm heraus.
Leonardo wußte sterbend, daß dies seine einzige Chance war. Und er nutzte all seine verbliebene Macht, seinen Zauber, eiskalt aus. Was scherte ihn der Tod eines Dämons, wenn es um sein eigenes Leben ging?
Lactons Lebenskraft verließ den Dämon und arbeitete sich in Leonardos Körper vor. Der ganz schwache Funke, der noch in dem sterbenden Montagne glühte, wurde wieder angefacht und allmählich zur brausenden Flamme.
Nach einigen Stunden schloß sich die Stirnwunde. Die Kugel wurde ausgestoßen und fiel klappernd auf den Boden, während Lacton zu Staub zerfiel.
Nach vierundzwanzig Stunden erhob der Montagne sich. Er war noch immer angeschlagen, erholte sich aber zusehends wieder. Nicht mehr lange, und er erhielt seine ganze Kraft wieder zurück.
In Zukunft, beschloß er, würde er vorsichtiger sein. Es waren geweihte Silberkugeln. In der Welt der Sterblichen hätten sie ihn tatsächlich ausgelöscht. Der winzige Lebensfunke wäre nicht geblieben, um sich mit Lactons Lebensenergie zu erneuern.
Und wenn Lacton nur einen Meter weiter seitwärts gestanden hätte…
Leonardo wußte, daß er unverschämtes Glück hatte, auf das er sich nicht immer verlassen konnte. Sein Fuß stieß Lacton an, der raschelnd zu Staub wurde. Dann reckte er sich.
»Warte, Zamorra«, murmelte er. »Du wirst dich wundern. Noch ist längst nicht aller Tage Abend… die Entscheidung fällt erst noch, und dann mache ich wieder Punkte!«
ENDE
[1] Siehe Professor Zamorra Nr. 256 »Der Höllen-Salamander«
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