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0269 - Der Höllenspiegel

0269 - Der Höllenspiegel

Titel: 0269 - Der Höllenspiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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dort nicht ebenfalls Knochenkrieger befanden.
    Er hielt die Luft an.
    Die von beiden Seiten durch den Gang stapfenden Krieger würden sich genau vor seinem Fenster treffen…
    ***
    Geblendet schloß Zamorra die Augen, zuckte zurück. Aber Nicole war direkt hinter ihm und schob ihn weiter vor. Dann tauchte auch ihr Kopf aus der Dunkelheit auf und ins gleißende Licht.
    So gleißend war es gar nicht, merkte Zamorra wenig später, als sich seine Augen daran gewöhnten und er es schaffte, sie langsam zu öffnen. Das Licht war ganz normal, fast schon dämmerig. Aber er war längere Zeit nur an das Stockdunkle des Fallenganges gewöhnt gewesen, so daß ihm die schlagartige Helligkeit nur so blendend vorkam.
    Er turnte endgültig nach oben. Die beiden Mädchen folgten ihm. Zamorra sah sich um.
    »Ich hab’s geahnt«, murmelte er. Sie befanden sich in einer riesigen Halle, groß wie ein Fußballplatz, mit mehreren umlaufenden Galerien. Ziemlich in der Mitte waren sie aufgetaucht.
    »Ich komme mir vor wie auf dem Präsentierteller«, sagte Nicole. »Wie kommen wir von hier weg? Seht ihr irgendwo das Schild ›Notausgang‹?«
    Zamorra schüttelte den Kopf. »So etwas gibt’s hier nicht, dafür aber freundliche Herren, die den Wegezoll kassieren möchten. Da…«
    Er deutete in die Runde.
    In regelmäßigen Abständen befanden sich Türen, aber vor jeder standen fünf Skelett-Krieger, bis an die Zähne bewaffnet. Sie anzugreifen, war aussichtslos. Aussichtsloser als vor Stunden der Ausbruch aus dem Turm. Hier gab es keine Deckungsmöglichkeit. Die bewaffneten Knochenritter würden sich kaum überrumpeln lassen.
    Es gab keinen Ausgang, vor dem sie nicht standen.
    Aury stöhnte leise auf.
    Zamorra fuhr herum. »Was ist?«
    »Unsere Treppe… sie ist weg! Sie ist nicht mehr da! Das Loch im Boden ist verschwunden!«
    Zamorra nickte. »Auch das dachte ich mir. Man hält es nicht mehr für nötig, den Fallengang aufrecht zu erhalten. Damit dürfte auch der Drache ausgelitten haben.«
    »Was machen wir jetzt?« stöhnte Aury Candra.
    Zamorra zuckte mit den Schultern. Es gab einen Grund dafür, daß sie sich hier in der Mitte dieses Festsaales befanden. Aber welchen?
    An einer Seite des Saales verschob sich ein Stück Wand. Eine große Plattform schob sich heran, hinter der die Wand wieder zuglitt, und auch an ihr standen Skelett-Wächter, um einen Ausbruchversuch der Gefangenen zu vereiteln.
    Die Plattform schwebte dicht über dem Boden. Auf ihr befand sich ein riesiger Thronsessel, der wie aus Tausenden und aber Tausenden von Menschenknochen gemacht worden war. Er erinnerte Zamorra geradezu teuflisch an Leonardos Knochenthron im Château Montagne. Manche Geschmäcker, dachte er, ändern sich eben nie.
    Der Thron war leer. Aber neben ihm zupfte eine bucklige Gestalt an einer Harfe und gab krächzende Laute von sich.
    »Fürst Erlik aus Helleb singt und spielt bedeutend besser«, murmelte Nicole. »Kann man diesen Katzenjammer da nicht abstellen?«
    Vor dem Thron bewegten sich Gestalten. Nahezu unbekleidete Mädchen, die versuchten, nach der eigenartigen Medodie des Harfners zu tanzen. Aury Candra schloß die Augen und seufzte. Nicole berührte ihre Schulter. »Illusionen«, sagte sie. »Sie sind nicht echt. Man gaukelt uns etwas vor.«
    Zamorras Kopf flog herum. »Wie?« stieß er überrascht hervor.
    »Ich spüre es«, sagte Nicole.
    Zamorra spürte nichts. Plötzlich erkannte er die Lösung des Rätsels. Nicoles besondere Empfindsamkeit beruhte größtenteils darauf, daß sie eine Zeitlang über schwarzes Blut verfügt hatte. Die entartete Druidin Sara Moon hatte sie zu einer Dämonin machen wollen. Aber Nicole war nicht dämonisch geworden, das schwarze Blut hatte seine Wirkung verfehlt und war inzwischen längst wieder normal. Geblieben war die Empfänglichkeit gegenüber den magischen Erscheinungen.
    Vielleicht lag es an dieser Schwarzblütigkeit, daß sie Schwingungen aufnehmen konnte. Weiße Magie versagte, aber das Relikt der Düsternis…
    Da flimmerte die Luft auf der anderen Seite des Thrones. Es erschien der Teufel. Es war die gehörnte Kreatur, die die drei Menschen entführt hatte. Aury zuckte abermals zusammen. Zamorra ahnte, daß sie langsam am Ende ihrer Nervenkraft ankam. All das war für jemanden, der nicht mit den höllischen Wesenheiten und der Magie vertraut war, fast zuviel.
    Der Gehörnte grinste von einem Spitzohr zum anderen und rieb sich die Hände. Aber er hütete sich, den Knochenthron zu besteigen. Das

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