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027 - Das Gesicht im Dunkel

027 - Das Gesicht im Dunkel

Titel: 027 - Das Gesicht im Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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anzuvertrauen, aber Sie werden einsehen, daß ich es unmöglich annehmen kann, ohne zu wissen, was Sie von mir verlangen.«
    »Ihre Aufgabe besteht darin, das Herz eines Mannes zu brechen«, lautete die Antwort. »Gute Nacht!«
    Sie fühlte einen kühlen Luftzug und drehte sich um.
    Die Tür stand offen. Sie war entlassen.
    Hastig lief sie die Treppe hinunter, und als sie ihren Schlüssel in das winzige Schlüsselloch stecken wollte, entglitt er ihren zitternden Fingern und fiel zu Boden. Sie suchte danach und fand nicht nur das Schlüsselchen, sondern dicht daneben noch etwas anderes - einen nußgroßen Kieselstein, an dem ein Klümpchen roten Siegellacks mit dem deutlichen Abdruck eines winzigen Petschafts klebte.
    Sie nahm sich vor, den sonderbaren Gegenstand nächste Woche wieder mitzubringen, steckte ihn in ihr Handtäschchen und stand gleich darauf tief atmend auf der Straße.
    Ein Auto kam langsam herangekrochen und fuhr auf ihren Wink hin an den Bordstein heran. Schon wollte sie einsteigen, als sie eine Frau mit elegantem Hut und durchnäßtem Pelzmantel gewahrte, die sich taumelnd bemühte, den Klopfer des nebenan gelegenen Hauses in Bewegung zu setzen. Trotz ihres Abscheus vor allen - und ganz besonders vor weiblichen - Betrunkenen, erregte diese Jammergestalt doch Audreys Mitleid, und sie war im Begriff, auf sie zuzugehen, als die Haustür plötzlich aufgestoßen wurde und ein ältlicher Mann herausrief: »Na - was soll das? Wer macht hier Spektakel vor dem Haus eines Gentlemans? Gehen Sie weg, oder ich hole einen Schutzmann!«
    Es war Tongers Stimme, und die Betrunkene taumelte auf ihn zu und brach zusammen. Im nächsten Augenblick hatte Tonger sie ins Haus geschleudert, und die Tür schlug zu.
    »Das ist Herrn Marshalts Haus«, sagte der Chauffeur. »Das ist der afrikanische Millionär. Wohin, Fräulein?«

10
    Martin Elton war mit seiner Frau im Theater und schlenderte während einer Pause im Foyer umher. Obwohl aus ganz gutem Hause, war er durch Spiel, Wetten und noch manches andere allmählich immer mehr herunter- und aus seinem Gesellschaftskreis herausgekommen. Auch heute nickte ihm nur hier und da jemand aus der Ferne zu, und der einzige, der ihn anredete, war ihm unwillkommen.
    »'n Abend, Elton! Na, wie steht's? Stanford ist ja wohl in Italien? Haben Sie irgendwas vor? Wollen Sie 'ne gute Zigarre?«
    »Nein, danke.«
    Slick Smith steckte selber eine an. »Kürzlich von Marshalt gehört?« fragte er beiläufig.
    »Ich weiß nicht viel von Marshalt.«
    »Aber ich. Er ist auch ein Dieb, und die Sachen, die er stiehlt, hinterlassen eine Art von Lücke. Sie sind ein ganz fixer Kerl, Elton. Aber da klingelt es schon - auf nächstes Mal!«
    Als das Ehepaar nach Hause kam, fragte Dora oben im Wohnzimmer etwas ungeduldig: »Was ist dir denn, Bunny? Diese Launen von dir sind unausstehlich!«
    »Hast du von deiner Schwester gehört?« entgegnete er, indem er ein Stück Holz ins Feuer warf, bevor er sich am Kamin niederließ.
    »Nein, und ich hoffe zu Gott, daß ich nie wieder von ihr hören werde. Diese wimmernde Gefängnisratte!«
    »Ich hab' sie nicht wimmern hören. Und ins Gefängnis haben wir sie gebracht.«
    Sie blickte ihn verwundert an. »Du hast sie ja geradezu aus dem Haus gejagt, als sie das letztemal hier war.«
    »Ja, das weiß ich. Aber London ist ein verteufelter Ort für alleinstehende junge Mädchen ohne Geld oder Freunde. Ich wollte, ich wüßte, wo sie ist.«
    »Überlassen wir sie dem Schutze Gottes«, sagte Dora spöttisch.
    Seine Augen wurden schmal und lauernd. »Wenn du dich so gegen deine Schwester benimmst, wie würde es mir dann wohl ergehen, wenn du einmal in aller Eile zwischen mir und deiner eigenen Sicherheit wählen müßtest?« fragte er langsam.
    »›Sauve qui peut!‹ ist mein Wahlspruch«, lachte sie.
    Er warf seine Zigarre ins Feuer und stand auf. »Dora«, sagte er mit eisiger Stimme, »Lacy Marshalts Freundschaft mit dir ist mir unangenehm.«
    Sie blickte ihn mit großen Augen an. »Ist er unehrlich?« entgegnete sie harmlos.
    »Es gibt viele ehrliche Männer, mit denen eine Dame nicht in einem reservierten Zimmer bei Shavarry dinieren darf.«
    »Oh, du hast spioniert? Marshalt kann unter Umständen eine sehr nützliche Bekanntschaft für uns sein.«
    »Für mich nicht, und am allerwenigsten, wenn er heimlich mit meiner Frau diniert.« Seine Stimme sank zu einem Flüstern herab. »Wenn es noch einmal vorkommt, werde ich Herrn Marshalt aufsuchen und ihm drei Kugeln

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