027 - Im Tempel der schwarzen Chimäre
in den Staub getreten, wenn er das Ansinnen an ihn gestellt hätte, ihn als Anführer einzusetzen.
Da hatte ein anderer weit größere Chancen, dieses Ziel zu erreichen: Groomgh. Er war jetzt schon so etwas wie ein Hohepriester, ein Bindeglied zwischen der Bande der schwarzen Chimäre und Thoran, ein Vermittler.
Groomgh wurde von allen anerkannt. Er war der Stärkste und Grausamste, und er gefiel Thoran. Wenn einer dereinst über das Reich der grünen Schatten herrschen sollte, dann konnte das nur Groomgh sein.
Aber Rhadhani war blind gewesen. Er hatte Groomgh einfach ignoriert. Dieser Markiakrieger hatte für ihn so gut wie nicht existiert. Aber er hätte sich gewundert, was passiert wäre, wenn er versucht hätte, die Hand nach der Macht auszustrecken. In diesem Fall hätte sich Groomgh gegen ihn gestellt und ihn gezwungen, um die Herrschaft zu kämpfen, und diesen Kampf hätte Rhadhani mit Sicherheit verloren.
Rocto blickte sich um. Er hielt sein Pferd etwas zurück, damit ihn Clyppoor einholen konnte.
»Wir haben erreicht, was wir wollten«, sagte er. »Daß Rhadhani nicht mehr bei uns ist, macht mir nichts aus, es ist mir sogar recht. Er wollte uns immer bevormunden. Ich haßte das.«
»Ich auch«, knurrte Clyppoor.
»Vergiß ihn.«
»Schon geschehen«, sagte Clyppoor und lachte höhnisch.
***
»Halten Sie dort vorn an der Ecke«, sagte Mr. Silver. Der Taxi Driver nickte und ließ das Fahrzeug ausrollen. Der Hüne bezahlte die Fahrt und stieg aus.
Dieser Teil von Soho glich einem Ameisenhaufen. Es hatte den Anschein, als hätte sich hier ganz London eingefunden, um zu sehen, was geschah. Im großen und ganzen geschah nichts mehr. Die Show war bereits gelaufen. Da die Neugierigen das aber nicht so recht glauben wollten, verharrten sie noch auf ihren Plätzen.
Die Polizei war gewissermaßen mit den Aufräumarbeiten beschäftigt.
»Gehen Sie weiter! Gehen Sie nach Hause!« riefen die Uniformierten. »Hier gibt es nichts mehr zu sehen! Seien Sie vernünftig! Weitergehen! Weitergehen!«
Einige Schaulustige bequemten sich, der Aufforderung der Polizei Folge zu leisten. Die anderen blieben hartnäckig stehen.
»Brauchen Sie eine Extraeinladung?« hörte Mr. Silver einen Polizisten zu einem Mann sagen.
»Na hören Sie mal, ich darf doch hier noch stehen!« begehrte dieser auf. »Ich bin niemandem im Weg!«
»Doch.«
»Ich bin ein freier Bürger dieses Landes. Ich habe Rechte…«
»Ja, ja, ist schon gut. Gehen Sie nach Hause und belehren Sie Ihre Frau.«
»Ich werde mich beschweren.«
»Ist mir recht. Aber erst morgen, okay? Jetzt machen Sie hier erst mal Platz.«
Mr. Silver schwamm gegen den Strom. Zwei Uniformierte wollten ihn nicht durchlassen, als er aber sagte, er müsse dringend zu Tony Ballard, nickten sie und ließen ihn passieren. Er sah einen Krankenwagen. Zwei Männer rollten eine Bahre auf das Fahrzeug zu.
Frank Esslin lag darauf.
***
Ich sah Mr. Silver und winkte ihn zu mir. Ich stand neben Inspektor O’Hanaway, und dieser stand neben dem Krankenwagen, in den Frank Esslins Doppelgänger Henry Kelly soeben geschoben wurde.
Als der Ex-Dämon das Ambulanzfahrzeug erreichte, wurden die Türen zugeklappt, so daß mein Freund das Gesicht des Gangsters nicht mehr aus der Nähe sehen konnte.
»Frank…?«
Ich schüttelte den Kopf. »Fehlanzeige, Silver. Der Mann hat zwar große Ähnlichkeit mit Frank, ist es aber nicht. Ich hab’ mal wieder eine Fleißaufgabe gemacht.«
Ich machte den Ex-Dämon mit Inspektor O’Hanaway bekannt.
»Ich brauche Ihre Aussage für meinen Bericht, Mr. Ballard«, sagte der Inspektor.
»Ich komme in Ihr Büro.«
»Morgen?«
»Ja.«
»Können wir gehen, Tony?« fragte Mr. Silver. Er wirkte ungeduldig, und ich sah ihm an, daß er mir etwas Wichtiges mitzuteilen hatte. Er wollte aber nicht vor O’Hanaway reden. Wenn man mit jemandem so lange zusammen ist, kennt man auch seine Körpersprache.
»Brauchen Sie mich noch, Inspektor?« fragte ich Gene O’Hanaway.
»Nein.«
»Also dann, bis morgen.«
Der Inspektor nickte, und wir begaben uns zu meinem Peugeot.
»Nun spuck’s schon aus, ehe es dir Löcher in die Zunge brennt«, sagte ich zu Mr. Silver. »Welche Neuigkeiten hast du für mich auf Lager? Ich hoffe, es ist keine Hiobsbotschaft.«
»Ein Wesen aus dem Reich der grünen Schatten ist aufgetaucht, Tony«, sagte Mr. Silver, während wir uns in den Wagen setzten.
»Ein Bote von drüben. Er wollte zu dir, ist aber verletzt, schaffte es nicht und
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