027 - Im Tempel der schwarzen Chimäre
einen grünen Dolch aus seinem Gürtel.
***
Höllische Schmerzen tobten in Mexalocks Brust. Mit zusammengepreßten Kiefern kämpfte er dagegen an. Grüne Schweißtropfen glänzten auf seinem Schattengesicht. Rhadhani hatte ihn erheblich verletzt, aber er gab nicht auf. Man hatte Piri entführt. Piri, seine schöne Schwester, das schönste Mädchen des Dorfes. Seit er ein Schwert in der Hand halten konnte, fühlte er sich für Piri verantwortlich. Sie durfte nicht von der schwarzen Chimäre gefressen werden.
Mexalock starrte auf den toten Markiasen. Sein Blick fiel auf den abgeschlagenen Arm. Die Hand umschloß noch immer den schwarzen Chimärendolch. Der Dargankrieger bückte sich und löste die Finger vom Griff der Waffe, in der sich ein Zauber befinden mußte, sonst hätte die Verletzung nicht so schrecklich geschmerzt.
Piris Bruder nahm den schwarzen Dolch an sich. Er hörte Pferdehufe auf den Boden trommeln. Die Schläge entfernten sich.
»Piri«, flüsterte Mexalock. Er glaubte, den Hufschlag von drei Pferden vernommen zu haben. Zwei Markiasen – und Piri. Drei Pferde. Wenn Mexalock Glück hatte, gab es noch ein viertes Pferd, und auf dem wollte er die Entführer verfolgen. Er mußte ihnen Piri abjagen. Selbst wenn das sein letzter Kampf war… Piri mußte am Leben bleiben.
Der Dargankrieger lief den Pfad entlang. Er vernahm das Schnauben eines Pferdes. Seine Überlegung war also richtig gewesen. Es gab noch ein viertes Pferd.
Es stand in der Senke, die Mexalock erreichte. Der Einäugige schob sein Kurzschwert in die Scheide und schwang sich in den Sattel, er schlug die Hacken in die Weichen des Schattenpferds, und das kräftige Tier sprengte los.
Auf der Straße angekommen, sah Mexalock vor sich eine grüne Staubwolke. Der scharfe Ritt strengte ihn ungemein an, doch er schonte weder sich noch das Pferd. Er durfte Piri und die Entführer nicht aus dem Auge verlieren.
Mexalock war entschlossen, die beiden Markiasen ebenso zu töten wie ihren Komplizen. Sie waren Diener eines grausamen, gefräßigen Ungeheuers und verdienten nichts anderes als den Tod.
Die Banditen erreichten den Fluß, der die natürliche Grenze zwischen Dargan und Markia bildete. Heute hatte der Fluß keine Bedeutung mehr. Zahlreiche Brücken waren über ihn geschlagen worden, und Markiasen und Darganesen lebten auf beiden Seiten in Frieden.
Die einzige Ausnahme waren die Mitglieder der Bande der schwarzen Chimäre. Sie gehörten weder auf die eine Seite noch auf die andere. Sie waren abgesplittert, hielten sich für etwas Besseres, für die Elite, die über beide Völker herrschen würde.
Rocto und Clyppoor ritten mit Piri den Fluß entlang. Er mündete bald in einen riesigen See. Unter weit über das Wasser hängenden Büschen war ihr Boot versteckt. Während es Rocto hervorholte, kümmerte sich Clyppoor um das Mädchen, das immer noch bewußtlos war.
Er schnitt die Fesseln durch, lud sich Piri auf die Schulter und trug sie zum Boot, in dem Rocto bereits wartete. Piri plumpste vor Roctos Füße. Clyppoor stemmte sich gegen das Heck und stieß das Boot in den See. Atemlos schwang er sich hoch und landete auf der rohen Holzbank. Er griff nach einem Ruder und tauchte es gleichzeitig mit Rocto ins Wasser.
Daß Mexalock sie verfolgte, wußten sie nicht. Sie beeilten sich, damit die schwarze Chimäre nicht so lange auf ihr nächstes Blutopfer warten mußte. Kräftig zogen sie die Ruder durch das Wasser. Ihr Ziel war eine Insel, die dem Ufer vorgelagert war.
Dort drüben hatten sie den Tempel der schwarzen Chimäre errichtet, ein monumentales Bauwerk, das sie nicht in so kurzer Zeit hätten fertigstellen können, wenn ihnen nicht geheimnisvolle Zauberkräfte – verliehen von Thoran – geholfen hätten.
Thoran, das war ihr Herr, dem sie dienten. Er war eine Art Gott für sie, dieser grausame Magier-Dämon aus der Prä-Welt Coor. Sie hatten gehört, daß die Grausamen 5 dort in einem schwarzen Wolkenschloß wohnten. Tatsächlich in einem Schloß aus Wolken, die ein Zauber hart wie Granit gemacht hatte.
Rocto und Clyppoor hätten diese andere Welt gern einmal gesehen, aber sie würden ihren Fuß wohl nie auf Coor setzen. Da würde es schon eher dazu kommen, daß Höllenfaust mit seinen Begleitern hier erschien.
Höllenfaust, der Anführer der Grausamen 5, sollte noch mächtiger sein als Thoran. Rocto und Clyppoor konnten sich das fast nicht vorstellen. Noch mächtiger als Thoran, war denn das überhaupt noch möglich?
Während sich
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