027 - Werwolf in der Nacht
folgen, wagte niemand. Erst am nächsten Tag wurde die schrecklich zugerichtete Tote im verschneiten Wald gefunden.
Wie immer, wenn sie Schwierigkeiten hatten, mit denen sie nicht fertig wurden, gingen die Dorfbewohner zum Herrn von Gut Falö.
Elmar Larsson sagte ihnen zu, auf seine Kosten die besten Werwolfjäger herbeizuholen, die es auf der Welt gab.
Ich schlief an die zwölf Stunden wie ein Toter. Als ich endlich erwachte, war es fast drei Uhr nachmittags. Feodora Munoz saß an meinem Bett und lächelte mich an.
»Dorian – endlich! Ich dachte schon, du wachst überhaupt nicht mehr auf.«
Ich setzte mich auf. Am Kopf hatte ich eine große Beule, mein Schädel brummte noch etwas, aber es war zu ertragen; ich hatte schon weit Schlimmeres aushalten müssen.
»Warum hast du mich denn nicht geweckt, zum Teufel?«
»Du hast so tief und fest geschlafen. Wie fühlst du dich jetzt?«
»Hungrig. Ich könnte einen Werwolf mit Haut und Haaren fressen. Wo ist Yameshi? Und wo sind meine Freunde Kirst und Frost?«
»Sie sind heute am frühen Morgen von einem rothaarigen Mädchen auf einem Schlitten auf den Hof gebracht worden. Frost war bewußtlos und Kirst sah sehr mitgenommen aus. Das Mädchen erzählte, sie hätte die beiden bewußtlos in der Nähe ihrer Hütte im Wald gefunden. Kirst sagte, sie wären den Spuren des Werwolfs gefolgt und plötzlich hinterrücks niedergeschlagen worden.«
Das wurde immer toller. Ich hatte die beiden Deutschen im Verdacht gehabt, mich im Wald überfallen zu haben. Wenn sie aber selbst niedergeschlagen worden waren, sah die Sache anders aus.
Gregor Yameshi kam herein, eine kurzstielige Pfeife im Mund. Er begrüßte mich freundlich. »Wie geht es Ihren Füßen? Ich habe Ihre Füße heute nacht mit einem warmen Yakfell umwickelt.«
Auf dem Bettrand sitzend, wackelte ich mit den Zehen. »Keine Klagen.«
»Sie haben mächtiges Glück gehabt, Hunter. Wenn ich eine Stunde später gekommen wäre, hätte es schlimm für Sie ausgesehen. Sie müssen eine Konstitution wie ein Wasserbüffel haben, wenn Sie sich jetzt schon wieder so gut fühlen.«
Er hatte sich die Spuren an der Stelle, an der ich niedergeschlagen worden war, genau angesehen. In der Nacht hatte er die Spuren des Werwolfes und die zweier Männer zu Fuß identifiziert, außerdem die Spuren, die ich mit meinen Skiern hinterlassen hatte. Ob die beiden Männer mich niedergeschlagen hatten, konnte er nicht genau sagen. An der Stelle, an der ich gelegen hatte, waren die Spuren mit einem Zweig verwischt worden.
Als Kirst und Frost am Morgen von dem rothaarigen Mädchen gebracht worden waren, hatte Gregor Yameshi die Fremde auf dem Rückweg begleitet. Sie hieß Verena und lebte allein in der Hütte im Wald. Als Yameshi und Verena die Hütte erreichten, entdeckte der Jäger, daß die Spuren Kirsts und Frosts zu der Behausung und wieder weg führten. Ein paar hundert Meter von der Hütte entfernt war der Schnee zertrampelt gewesen. Nach Verenas Aussage sollten Kirst und Frost hier gelegen haben; außer den Spuren der beiden Männer und denen des Mädchens hatte Yameshi aber nichts entdeckt. Er war daraufhin auf Kirsts und Frosts Spuren zurückgegangen und zu der Stelle gekommen, wo er mich des Nachts gefunden hatte. Zu seinem Erstaunen war die Werwolffährte, der auch er in der Nacht gefolgt war, plötzlich spurlos verschwunden.
»Rätselhaft, was?« schloß er.
Es waren dämonische Kräfte im Spiel, daran gab es jetzt keinen Zweifel mehr.
Wenig später machten wir uns zum Aufbruch fertig. Die restlichen Jäger waren bereits unterwegs, bis auf Priscilla Larot und Ramadutta Ngaresh. Sogar Boris Schtscherbakow war mit Schnapsflasche und Bajonett bewaffnet in den Wald gezogen. Kirst und Frost waren bereits um die Mittagszeit aufgebrochen, obwohl Frost sich kaum auf den Beinen halten konnte. Sie hatten Schlafsäcke und Proviant mitgenommen. Eins der Sprechfunkgeräte trug Aristide Roux bei sich, die beiden anderen befanden sich noch auf dem Hof.
Die Werwolfjäger hatten sich in Gruppen aufgeteilt; an eine Absprache war nicht zu denken.
»Sie haben wohl auch nicht die Absicht, mit den anderen zusammenzuarbeiten?« fragte mich Gregor Yameshi.
»Wo denken Sie hin? Ich will den Werwolf erlegen und ihn nicht zum Lachen bringen.«
Ich hatte mächtigen Hunger und ging hinüber zur Gutsküche. Später wollte Feodora Munoz versuchen, mit Hilfe des blutbefleckten Halstuchs das Versteck des Werwolfs und ihn selbst ausfindig zu machen. Da
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