0270 - Mordnacht der Wölfe
die Augen und kam sich vor wie ein Idiot. Aber er stand wirklich hier unter diesem riesigen Baum auf dem Dorfplatz, und ein paar Meter weiter parkte bei der Bodega der offene Cadillac.
»Aber ich bin doch gerade noch in dieser Hütte gewesen…«
Einen eleganteren Rausschmiß konnte er sich nicht vorstellen. Deutlich hatte ihm die Alte gezeigt, daß sie nichts mit ihm zu tun haben wollte! Das bewies ihm aber nur, daß sie etwas zu verbergen hatte. Daß ihr Spiel nicht sauber war!
Blieb nur die Frage, wie sie sich des Parapsychologen entledigt hatte.
Er drehte sich auf dem Absatz um hundertachtzig Grad und marschierte wieder auf die Hütte der Alten zu. Diesmal klopfte er an der Tür nicht an, sondern trat sofort ein. Wieder war die Diele menschenleer. Da wippte der Schaukelstuhl der Alten, als sei sie gerade vor ein paar Sekunden aufgestanden und verschwunden… und Zamorra stieg wütend über sich selbst aus dem Cadillac und schmetterte die Wagentür mit hörbarem Knall hinter sich zu.
Das ging doch nicht mit rechten Dingen zu! Zum zweiten Mal war er hinausgeworfen worden und wußte nicht, ob das mit Hypnose oder Teleportation bewerkstelligt worden war! Aber auf halber Strecke sah er Nicole auf das Haus der Alten zugehen!
Er rief sie an. Erstaunt drehte sie sich um und sah ihm entgegen. »Ich denke, du wolltest die Alte besuchen… war etwas am Wagen?«
Er erzählte, was ihm zugestoßen war.
»Dann gehst du jetzt ein drittes Mal hin, und ich versuche zu beobachten, was mit dir geschieht, okay?«
Er nickte grimmig und versuchte es ein drittes Mal. Und wieder fand er sich auf dem Dorfplatz wieder.
»Teleportation«, stellte Nicole fest. »Du tauchtest plötzlich aus dem Nichts hier auf. Außerdem habe ich auf die Uhr gesehen. Mir fehlt keine Zehntelsekunde in der Erinnerung, die Alte kann uns also nicht beide hypnotisiert und dich ohne Erinnerung hierhermarschieren lassen haben.«
»Ging der Satz nicht noch umständlicher?« murmelte Zamorra und wischte sich über die Stirn. »Diese Alte spielt mit uns Haschmich, es wird immer später, und der Werwolf läuft immer noch unbeschadet irgendwo herum… was ist mit den Waffen?«
»Die daRacas haben sie nicht, da bin ich sicher«, sagte Nicole.
»Schön«, bemerkte Zamorra. »Dann werde ich jetzt Mendez eine Pistole aus dem Kreuz schlagen…«
»Aber davon hast du noch keine Silberkugeln. Die gibt es wohl im ganzen Dorf nicht.«
Zamorra sah auf die Uhr. Es hatte keinen Sinn mehr, nach Vendrell zu fahren und Silber zu beschaffen. Bis sie dort ankamen, hatte auch der letzte Juwelier und Gold- oder Silberschmied seine Schotten abgedichtet.
»Ich muß es anders versuchen«, sagte Zamorra. »Wir lassen die Alte links liegen. Sie interessiert mich im Moment nicht mehr. Ich brauche jetzt Ruhe. Absolute Ruhe.«
»Was hast du vor?«
»Ich will versuchen, mit dem Amulett unsere Ausrüstung zu finden. Vielleicht klappt es.«
»Aber die Alte kann uns in den Rücken fallen«, warnte Nicole. »Wir dürfen sie nicht ganz außer acht lassen. Sie hat unheimlich starke Kräfte. Denk daran, daß sie Teri die Telepathie genommen hat… und vor allem: was ist mit Fenrir passiert?«
Zamorra küßte seine Gefährtin.
»Zeig mal, was du kannst«, sagte er. »Beweise mir endlich mal, weshalb ich dich als meine Sekretärin und Kampfgefährtin so unverschämt gut bezahle… und kümmere du dich um beides, solange ich beschäftigt bin. Halte mir den Rücken frei.«
»Ganz schön frech für dein Alter«, sagte Nicole trocken. »Von wegen unverschämt gut bezahlt… von dem Hungerlohn kann ich mir doch nichts leisten, nicht mal T-Shirts, die eng genug für Teri sind…«
Zamorra grinste. Er winkte ihr zu und ging in Richtung Bodega. Für seine geplante Beschwörung brauchte er tatsächlich absolute Ruhe, um sich konzentrieren zu können. Er durfte nichts falsch machen, oder es kam zu einer Katastrophe…
***
Julio daRaca wußte, daß ein einfaches Einsperren der Werwolf jägerin Teri Rheken nun nicht mehr möglich war, wie er es ursprünglich am Morgen Mendez gegenüber vorgeschlagen hatte. Denn inzwischen hatte sich die Anzahl der Jäger vergrößert, und sie würden Teri sehr bald wieder befreit haben.
Trotzdem… es ging ihm ans Herz, wenn er daran dachte, daß sie möglicherweise ein Werwolfopfer werden könnte. Sie war zu schön, ein Kunstwerk der Natur, geschaffen für die Liebe, nicht für den Kampf.
Julio schlenderte zur Bodega hinüber. Hinter der Theke stand
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