0272 - Der Dämonenjäger
ihr die Sicht raubte.
Sie trat zurück, denn eine instinktive Furcht vor diesem Rauch trieb sie dazu.
Der Professor war nicht mehr zu sehen. Wie ein geheimnisvolles Orakel war er hinter dem Schleier verschwunden und hatte sich den Blicken der Wartenden entzogen.
Maria hätte niemals gedacht, daß sie so etwas, was sie hier geboten bekam, auch durchstehen würde. Noch vor Tagen wäre sie vor Angst vergangen, hätte ihr jemand erzählt, was sie erleben sollte. Zudem hätte sie ihm nicht geglaubt.
Durch den Professor war sie in eine Welt hineingeführt worden, die den meisten Menschen versagt blieb und vor der sie auch Furcht hatten.
Magie, Zauberei, Hexenkunst, finstere Beschwörungen — Dinge, die, zusammengefaßt, die Urfurcht des Menschen ausmachten, wurden aus finsteren Tiefen fremder Dimensionen wieder an die Oberfläche gezerrt.
Dem Professor waren die Beschwörungen gelungen. Er vereinigte all das, was sich Magier und Medizinmänner fremder Völker auch immer zu Eigen machten. Und er spielte diese Trumpfkarten aus.
Für eine Frau wie Maria war dies besonders überzeugend. Sie hatte den Legenden und Sagen der Vergangenheit immer geglaubt. Ihr war klar gewesen, daß etwas im Verborgenen lauerte, das nur die Chance bekommen mußte, geweckt zu werden.
Der Professor hatte es getan.
Und weil Maria immer fest davon überzeugt gewesen war, spürte sie auch nicht die Furcht, die ein anderer Mensch vielleicht gehabt hätte. Es war mehr eine Gespanntheit, die in ihr lauerte, und sie wollte auch wissen, wie es weiterging.
Träge wallten die Rauchschwaden durch den großen Raum. Sie erreichten die Wände kaum, denn kurz zuvor lösten sie sich auf. Als flatterhafte Gebilde stoben sie davon.
Dennoch quoll Rauch nach.
Aus Tiefen, die für Maria nicht einsichtig waren, drang er hervor, und der Schacht stieß ihn aus, als wäre er ein gieriges Maul, das sich intervallweise öffnete und schloß.
Fast übergangslos stoppte der Rauch. Als hätte jemand einen Deckel auf den Schacht gestülpt, was allerdings nicht der Fall war. Maria schaute auf die normale runde Öffnung innerhalb des Pentagramms, und sie sah innerhalb des Schachts das Zirkulieren des blauen Lichts. Ein geheimnisvolles Blitzen und Flimmern, von winzigen kleinen Lichtexplosionen durchdrungen, die wie auf- und verglühende Sterne wirkten.
Der Professor war verschwunden!
Keine Spur sah man mehr von ihm. Der Schacht hatte ihn verschlungen, als wollte er ihn nie wieder hergeben.
Daran dachte auch Maria Kugler. Sie erschrak sehr. Für eine winzige Zeitspanne glaubte sie, daß Chandler sie genarrt haben könnte und einfach verschwunden war.
Aber welch einen Grund sollte er gehabt haben? Hätte er ihr dann alles noch zu erklären brauchen, was Dinge wie Vergangenheit und Gegenwart anging und die Relation der Zeiten betraf?
Nein, sie wollte einfach nicht glauben, daß Joschi ein falsches Spiel trieb. Er hatte sich sie als Verbündete, oder Geheimnisträgerin ausgesucht, um ihr zu beweisen, zu welchen Leistungen er durch, seine Forschungen fähig war.
Das Pentagramm glühte weiter.
Die einzelnen Seiten befanden sich in Bewegung, obwohl sie an der Stelle blieben, wo sie auch auf den Boden eingezeichnet waren. Die Bewegung huschte im Innern der Seiten entlang, so daß dies der Frau wie eine sich bewegende optische Täuschung vorkam, wenn sie hin und wieder aufzuckten und danach wieder zurückglitten. Manchmal wurde sie an die Leuchtreklamen erinnert, die sie schon öfter in Wien gesehen hatte.
Noch tat sich nichts.
Maria war sehr dicht an die geheimnisvolle Zeichnung herangetreten, streckte ihren Kopf vor und warf einen Blick in die Schachtöffnung.
Sie konnte sich täuschen, dennoch hatte sie das Gefühl, als wäre das blaue Flimmern stärker geworden.
Der Begriff eines lautlosen Brodelns kam ihr in den Sinn, denn so wirkte das Flimmern innerhalb des Schachts.
Sie hätte gern erfahren, was sich genau dort abspielte, und ihre Gedanken glitten wieder zu dem zurück, was ihr der Professor gesagt hatte. Von der Vergangenheit und der Gegenwart hatte er gesprochen.
Mathematisch und magisch hatte er sich mit dem Phänomen der Zeiten beschäftigt. Setzte er dieses Wissen nun in die Praxis um? Maria wartete.
Ihr Körper zitterte. Die Erregung nahm von Sekunde zu Sekunde zu.
Wenn sie zurückdachte, mit welch einer Monotonie ihr bisheriges Leben verlaufen war, das sich aus Arbeit und nichts als Arbeit zusammengesetzt hatte, da stand sie nun an der Schwelle zu
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