0272 - Um null Uhr schnappt die Falle zu
Wie viel Jahre verpasste Ihnen der Richter?«
»Zehn, aber ich wurde schon vor zwei Jahren auf Bewährung entlassen. Ich bin gar nicht nach New York zurückgegangen, G-man. Ich wollte nicht wieder in irgendeine haarige Geschichte hineinrutschen. Vom Gefängnistor bin ich schnurgerade nach Booth Village gelaufen, ich habe ’nen kleinen Drugstore gekauft und lebe friedlich wie jeder andere Bürger.«
»Anderson, ich weiß nicht mehr genau, welche Rolle Sie in Trenards Verein gespielt haben.«
»Im Grunde genommen war ich nichts anderes als Jack Trenards Fahrer. Ich hatte ihn durch die Gegend zu schaukeln. Das war alles, und ich fand es hart, dass ich zehn Jahre dafür bekam.«
Ich lächelte. »Wenn ich mich richtig erinnere, so hat Jack Trenard, als er sich auf dem Höhepunkt der Macht befand, versucht, zwei Dutzend andere New Yorker Gangführer zu einem Syndikat zusammenzuschließen, natürlich unter seiner Führung. Es fanden eine Menge Verhandlungen statt, aber sie platzten, und daraus entstand, wie es bei geplatzten Verhandlungen so üblich ist, ein kleiner Gangsterkrieg. Jedenfalls haben Sie als der Fahrer des Bosses, während der Verhandlungsphase sicherlich einige der anderen Gangsterkapitäne kennengelernt. Stimmt das?«
Anderson bewegte unbehaglich die Schultern.
»Na ja«, gab er zu, »mag sein, dass ich den einen oder anderen gesehen habe, aber ich erinnere mich nicht daran. Ich sagte Ihnen doch, G-man. Ich habe radikal mit allem Schluss gemacht, was früher mal war.«
»Einige der Leute, mit denen Trenard damals erst verhandelt und sich dann herumgeschlagen hat, leben noch. Ihre Gangs existieren, oder sie haben sich neue zusammengebastelt. Solche Burschen sind die richtigen Abnehmer für eine bestimmte Sorte heißer Ware.«
»Ich weiß nicht, wovon Sie reden, G-man. - Versuchen Sie nicht, mich in irgendetwas hineinzuziehen, weil ich früher mal ein bisschen in schrägen Sachen mitgemischt habe. Ich habe Schluss…«
Ich winkte ab.
»Schon gut, Anderson, ich denke, .wir sollten Sie nicht länger auf halten, sonst kommen Ihre Drugstore-Kunden nicht zur gewohnten frischen Milch.«
Er sah unsicher von einem zum anderen.
»Ich kann gehen?«
Ich nickte. »Ja, natürlich. Alles Gute für Ihren Laden. Vielleicht sehen wir ihn uns mal an.«
Shandy Anderson kapierte den plötzlichen Umschwung nicht. Verwirrt zog er sich hinter das Steuer seines Ramblers zurück, brachte die Mühle in Gang und verschwand in Richtung Port Jervis.
Ich zog Phil zum Jaguar.
»Wir fahren sofort nach Booth Village. Du setzt mich vor der Tür des Drugstores dieses ehemaligen Ganoven ab, fährst zurück nach New York und besorgst dir einen Haussuchungsbefehl. Ich habe das Gefühl, Anderson wird nicht nach Port Jervis fahren, sondern eine Kurve schlagen und schleunigst zu seinem Laden zurückfahren. Ich will verhindern, dass er die Ware zur Seite schafft, vorausgesetzt, er besitzt sie überhaupt.«
Phil grinste. »Wenn Shandy Anderson der Richtige wäre, dann hätten wir den Fall aber mächtig prompt erledigt.«
***
Booth Village war ein trauriges Nest mit 7000 Einwohnern, zwei kleinen Fabriken, zwei Schulen und einer schlechten Bus-Verbindung nach New York.
Ich stand vor Andersons Drugstore, dessen Läden noch geschlossen waren.
Der Ex-Ganove hatte sein Unternehmen in einem alten, unerfreulich wirkenden Holzhaus am nördlichen Stadtrand untergebracht und ich fragte mich, ob er mit dem Laden überhaupt genug verdiente, um leben zu können.
Allmählich begannen die ersten Menschen, aus den Häusern zu krabbeln. Hier und dort wurde ein Auto aus der Garage geholt. Kinder schrien, Mütter schimpften.
Zwanzig Minuten vor sieben Uhr tauchte der blaue Rambler auf. Anderson stieg aus und schien nicht einmal sehr überrascht, mich zu sehen. Er warf mir einen feindseligen Blick zu.
»Ich habe mir gleich gedacht, dass ihr mich reinlegen wollt. Alle Bullen sind verlogen.«
»Nur die Ruhe, Anderson! Es geschieht Ihnen nichts, wenn Sie nichts auf dem Kerbholz haben.«
»Was soll ich auf dem Kerbholz haben?«, fauchte er mich an.
Ich bot ihm die Zigarettenschachtel an, aber er schüttelte den Kopf.
»Warum soll ich es Ihnen erklären?«, sagte ich gelassen. »Wenn Sie in der Sache stecken, wissen Sie es. Wenn Sie nichts damit zu tun haben, brauchen Sie es nicht zu wissen. Öffnen Sie jetzt Ihren Laden?«
»Nein, ich muss erst die Milch zu den Kunden fahren.«
»Okay, wenn Sie nichts dagegen haben, begleite ich Sie.«
»Ich
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