0274 - Nadine Bergers Geheimnis
können.
»Bandor«, sagte ich drängend, »wir sind es, deine Freunde. Hörst du mich nicht?«
Er bewegte den Mund, als wollte er etwas sagen, brachte aber keinen Ton über die Lippen. Dafür hob er seinen Arm und tastete dorthin, wo sich die Wunde an der Schulter befand. Er wollte mich auf seine Schmerzen aufmerksam machen.
Ich nickte. »Es wird gut«, flüsterte ich. »Es wird alles wieder gut, Bandor. Verstanden?«
»Ja, ja, ich…«
Überrascht zuckte ich zurück. Er hatte etwas gesagt. Auch Suko hatte die Worte vernommen und kam eilig herbei. Er kniete sich neben die Couch, sein Blick war gespannt. Wie auch ich hatte er gehört, daß Bandor mit der Stimme eines anderen sprach.
»Bandor, was ist los?«
»Die Wölfe«, hauchte er, »die Wölfe sind gefährlich. Die andere Welt, die andere Zeit…«
»Wer ist in der anderen Welt?«
»Grausam. Die Schmerzen, ich…ich glaube, daß ich sterben muß. Vorsicht in der Zeit…« Seine Augen zuckten, die Mundwinkel ebenfalls, dann drang ein stöhnender Atemzug über seine Lippen, und er sackte regelrecht zusammen.
Für einen Moment hatte ich Angst, daß er tot wäre, fühlte nach dem Herzschlag und stellte fest, daß er noch vorhanden war. Zum Glück noch.
»Wir hätten ihn nach Bill fragen sollen«, meinte Suko.
Ich hob die Schultern. »Hinterher ist man immer schlauer. Ob wir eine Antwort bekommen hätten, wäre fraglich gewesen. Ich hoffe, daß er durchhält.«
Suko wechselte auf die andere Seite der Couch und beugte sich über die Wunde. Er wollte sie näher untersuchen. Der Verband zeigte einige rote Stellen. An den Rändern schimmerte das Blut braun.
Mit den Fingern fuhr Suko um die Wunde herum. »Da pocht es unter der Haut. Alles ist warm, fast heiß. Meiner Ansicht nach sieht es böse für ihn aus, John.« Sukos Blick war sehr besorgt.
Ich teilte seine Meinung. Es mußte rasch etwas mit ihm geschehen. Nur wußten wir nicht, was wir machen sollten und wie wir uns richtig verhielten.
Mein Partner ging noch weiter. Er hob an zwei Stellen den Verband ein wenig an, um sich die darunter befindliche Haut anzuschauen. Auch ich konnte einen Blick darauf werfen und erschrak. An den Rändern der Wunde hatte sich die Haut leicht bläulich gefärbt. Das war nicht alles. Als Suko und ich leicht mit unseren Fingerkuppen darüber strichen, spürten wir einen Widerstand.
Die dunkle Färbung rührte nicht allein von der Wunde her, sie besaß auch einen anderen Grund.
Es waren kleine, sehr weiche Haare, die aus der Haut hervorsprossen.
Und Haare verdichteten sich leicht zu einem Fell.
Wir starrten uns an. Jeder dachte das gleiche. Bandor war dabei, sich stufenweise in einen Werwolf zu verwandeln…
***
Bill Conolly wurde leichenblaß, so hart hatten ihn die Worte des Professors getroffen.
»Das ist doch ein Spaß, Professor — oder?« hauchte er.
»Nein, kein Spaß, Mr. Conolly. Ich fühle es, daß Bandor zumindest schwer verletzt ist.«
»Und?«
»Ich glaube kaum, daß er es schaffen kann. Eine andere Zeit, andere Umgebung. Er ist nicht daran gewöhnt. Er kommt aus der Urzeit. Er kann vielleicht die Bedingungen auf der Erde der Gegenwart nicht ertragen. Die Luft ist anders, voller Schadstoffe und Bakterien. Umweltverschmutzung. Wenn ihn vielleicht nichts umbringt, das bestimmt.«
»Sehen Sie nicht zu schwarz?« fragte, der Reporter mit zitternder Stimme.
»Ich hoffe es.«
Bill schluckte. Er wußte nicht, was er noch sagen sollte, sondern schaute den Professor nur an. Dieser focht einen innerlichen Kampf aus. Wenn mit Bandor etwas passiert, konnte das auch an ihm nicht spurlos vorübergehen. Vielleicht blieb er am Leben, aber wie sollte er jemals wieder zurück in seine Zeit kommen?
Chandler hatte den Kopf in den Nacken geworfen. Tief holte er Luft. Sein Gesicht glänzte naß. Die Luft war zu feucht! Bill sah, daß dicke Schwaden herangetrieben wurden. Nebel, vermischt mit den warmen Dämpfen der Vulkane.
»Sollen wir weitergehen?« fragte er.
Der Wissenschaftler nickte. »Uns bleibt keine andere Wahl. Vielleicht erreichen wir einen Platz, wo es sich besser aushalten läßt.« Er drängte sich von Bill weg. »Mir geht es übrigens wieder besser. Es war nur ein vorübergehender Schwächeanfall. Haben Sie Bandor nicht reden hören, Mr. Conolly?«
Bill schaute den Mann überrascht an. »Nein, wie kommen Sie darauf?«
»Er hat doch gesprochen!«
»Bilden Sie sich das nicht ein?«
»Auf keinen Fall. Bandor hat geredet. Und zwar mit Ihren Freunden,
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