0274 - Nadine Bergers Geheimnis
der Urwelt aus und wußte bestimmt, wie man sich dort behaupten konnte.
Wir kamen uns hilflos vor. Ich hatte schon daran gedacht, wieder zum Bunker zu fahren, um dort die Magie des geheimnisvollen Dreiecks zu aktivieren, aber dann mußte ich Bandor zurücklassen und war nicht dabei, wenn vielleicht etwas Entscheidendes geschah.
Daß Suko ähnlich wie ich dachte, hatte er mir bereits zu verstehen gegeben. Also blieben wir und hofften — so abgeschmackt dies auch klingt — auf ein kleines Wunder.
Aber Wunder sind selten, und ich fragte mich, weshalb gerade wir das Glück haben sollten.
Suko erhob sich. Als er unsere Augen auf sich gerichtet sah, erklärte er den Grund. »Ich hole etwas zu trinken«, sagte er.
»Aber kein Leitungswasser. Ich weiß nicht, ob Bandor es verträgt, denn er ist anderes Wasser gewohnt.«
»Klar.«
»Im Kühlschrank steht Mineralwasser«, sagte Sheila. »Soll ich es holen?«
»Bleib du mal da. Das mache ich schon. Schließlich kenne ich mich bei euch aus.«
Kaum war Suko aus dem Wohnraum verschwunden, da klingelte das Telefon. Sheila und ich schauten uns an. Sheila hatte das Wort Bill auf den Lippen, sah mein Kopfschütteln und senkte den Blick.
»Ich geh ran«, sagte ich.
Kaum hatte ich mein »Bei Conolly« gesagt, als ich eine bekannte Stimme vernahm. Es war Shao, die wissen wollte, wie es uns ging.
Shao und Suko gehörten zusammen. Wir hatten keine Geheimnisse voreinander, so erklärte ich ihr, was vorgefallen war und in welch einer Klemme wir uns befanden.
»Soll ich kommen?« fragte sie.
Ich bemerkte Suko, der wieder ins Zimmer trat, erwiderte: »Moment mal«, und wandte mich meinem Freund zu. »Es ist Shao. Sie fragt, ob sie vorbeikommen soll?«
»Wenn sie will.« Suko stellte die beiden Flaschen und die Gläser ab, bevor er mir den Hörer aus der Hand nahm und selbst mit seiner Partnerin sprach.
Ich schaute inzwischen zu, wie Sheila einschenkte. Als die Gläser gefüllt waren, hatte auch Suko aufgelegt.
»Kommt sie?« fragte Sheila.
»Ja, sie fühlt sich einsam in ihrer Wohnung. Shao kommt mit dem Taxi.«
Sheila lächelte. »Es tut gut, wenn noch eine Frau in der Nähe ist«, gab sie zu.
Sie sah erschöpft aus. Man merkte ihr an, daß sie Schweres hinter sich hatte, aber sie würde auch noch Schweres vor sich haben, das stand fest. Und es war vielleicht eine gute Hilfe für sie, wenn sie Shao in der Nähe wußte.
Ich wandte mich Bandor zu. Er lag auf dem Rücken. Die Augen hielt er geschlossen. Wir hatten den Verband erneuert. Es drang nicht mehr soviel Blut durch wie beim ersten.
Sheila reichte mir ein Glas. Ich hatte mich neben die Couch gekniet und sprach den Dämonenjäger an, der unsere Sprache nicht beherrschte, aber reagierte, wenn er seinen Namen hörte.
»Bandor«, flüsterte ich. »Bandor, hörst du mich…?«
Er regte sich nicht und gab durch kein Augenzwinkern zu erkennen, daß er mich verstanden hatte.
»Der liegt im Koma«, erklärte Suko.
Ich strich über Bandors Stirn. Die Haut fühlte sich an einigen Stellen kalt und gleichzeitig auch warm an. Ein verwirrendes Spiel der Körpertemperaturen. Mir war klar, daß der Dämonenjäger in diesen Augenblicken Schweres durchmachen mußte. Nahe der Wunde war die Haut wärmer. Dort pochte das Blut. Ich fühlte, wie es unter meinen tastenden Fingern zuckte und sich bewegte.
»Der gehört eigentlich ins Krankenhaus«, stellte Suko fest.
Er traf damit auch meine Absicht. Trotzdem widersprach ich ihm. »Kein Krankenhaus oder Hospital. Stell dir vor, er wird tatsächlich zum Werwolf, und es passiert in einer Klinik, die Folgen möchte ich nicht zu verantworten haben.«
»Und wenn einer von uns immer bei ihm bleibt.«
»Fehlt er vielleicht an anderer Stelle. Hier haben wir schließlich auch noch unsere Chancen.«
»Du rechnest mit einem Auftauchen von Bill?«
Ich nickte. »Sicher.«
Suko nahm einen Schluck Wasser. Auch Sheila trank. Sie hatte unser Gespräch verfolgt, setzte an, um etwas zu sagen, schwieg jedoch und drehte sich um, weil niemand ihre Tränen sehen sollte.
»Es macht sie fertig«, flüsterte Suko, als er gesehen hatte, daß Sheila aus dem Zimmer war.
»Ist es ein Wunder?«
»Nein, das nicht. Wenn wir nun über Bandor an Informationen herankämen. Damit wäre uns viel geholfen.« Ich sprach ihn noch einmal an. »He, Bandor, hörst du mich?«
Der Urmensch rührte sich nicht. Um seine Mundwinkel zuckte es. Dann aber öffnete er die Augen. Zwar nicht ganz, aber er mußte mich sehen
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