0275 - Das Erbe des Satans
schwach wie ein Schilfrohr in seinen Händen sein.
Ich hatle nur einen Gedanken: die Pistole.
Es war meine einzige Rettung.
Bei dem Anprall war sie mir aus der Hand gefallen. Sie mußte dicht neben mir liegen.
Ich hatte kein Poltern oder Klirren vernommen, was unbedingt der Fall gewesen wäre, wenn die Waffe die Stufen hinabgefallen wäre.
Sie mußte also auf der gleichen Stufe wie ich liegen.
Mein linker Arm war mir durch das Gewicht des Schwachsinnigen wie an den Körper geschnürt.
Aber der' andere Arm war frei. Hastig tastete ich auf der kalten Stufe herum.
Der Atem wurde mir knapp.
Schon tanzten feurige Kreise vor meinen Augen.
Ich spürte, daß ich es nur noch wenige Sekunden aushalten würde. Cox gab jetzt keinen Laut von sich.
Aber seine Hand krampfte sich plötzlich wie ein Schraubstock um meine linke Schulter. Gleichzeitig rutschte er nach links.
Mein rechter Arm bekam dadurch etwas mehr Bewegungsfreiheit. Ich tastete fieberhaft, bekam mehr Luft und stieß in dem Augenblick gegen das kühle Metall der Waffe, als Cox seine würgende Hand um meinen Hals legte.
Er drückte mit ganzer Kraft zu, und der Schmerz schoß mir rasend ins Gehirn hinauf.
Jetzt hielt ich die Pistole am Lauf gepackt.
Der erste Schlag mußte sitzen, sonst war ich verloren.
An Haltung und Lage, des Schwachsinnigen konnte ich ungefähr feststellen, wo sich sein Schädel befand.
Ich nahm Schwung und schlug mit aller Kraft zu.
Ich hatte Glück.
Es gab ein häßliches Geräusch.
Der Griff um meinen Hals lockerte sich.
Dann fiel Cox mit seinem ganzen Gewicht auf mich. Aber er war wie leblos, und es gelang mir, mich unter ihm hervorzuwühlen. .
Ich lehnte an der feuchten Steinwand und rang mühsam nach Atem. Mein Hals schmerzte, als habe man mir den Kehlkopf zerschlagen. Wenn ich die Luft ausstieß, gab es jedesmal ein pfeifendes Geräusch.
Ich suchte in meinen Taschen und fand das Feuerzeug. Ich nahm die Pistole zur Vorsicht am Kolben und schob den Sicherungsflügel zurück.
Dann ließ ich mein Feuerzeug aufflammen.
Cox lag auf der Treppe.
Er lag auf dem Gesicht, und nichts verriet, daß noch Leben in ihm war.
Vorsichtig drehte ich ihn auf den Rücken. Er war ungeheuer schwer, aber ich schaffte es.
Er lebte, war jedoch von einer tiefen Bewußtlosigkeit umfangen.
An seiner linken Schläfe war die Haut aufgeplatzt.
Eine dicke Beule begann sich dort zu bilden, wo ihn der Kolben meiner Pistole hart getroffen hatte.
Hier gab es nichts mehr für mich zu tun.
Ich überzeugte mich noch einmal davon, daß der Riese nicht ernsthaft verletzt war. Dann stieg ich im Schein meines Feuerzeuges die Treppen empor und langte im Parterre des Hauses an. Zwei Minuten später war ich auf meinem Zimmer.
Ich verbrachte noch eine gute Stunde damit, meinen Hals zu massieren, dann fiel ich in einen tiefen Schlaf. Ich träumte von ’Riesen und Ungeheuern, die mit würgenden Klauen nach mir griffen.
***
Am nächsten Morgen regnete es in Strömen. Der Park sah aus wie ein tropfnasser Dschungel. Der modrige Boden war aufgeweicht. Gegen die Fensterscheiben klatschten dicke Regentropfen, in ›Sunnyside‹ war es so ungemütlich wie in einem alten englischen Spukschloß.
Als ich die Herrschaften beim Frühstück bediente, merkte ich, daß die Stimmung frostig war.
Nur Chuck sagte ein paar freundliche Worte zu mir und erkundigte sich danach, wie ich die erste Nacht in dem Hause verbracht hätte.
Ich konnte ihm die Wahrheit leider nicht sagen. Und wahrscheinlich hätte sich auch niemand darum geschert. Was mir allerdings nicht in den Kopf wollte, war die Tatsache, daß man einen so gefährlichen Schwachsinnigen wie Bill Cox frei herumlaufen ließ. Ich beschloß, mich etwas genauer nach dem Herkommen des Mannes zu erkundigen und nach seinen Beziehungen zu Jesse Lane.
Ärger hatte ich während des Frühstückes mit June Carpenter, die bildschön und taufrisch wie der junge Frühling war.
Leider legte sie eine nörgelnde Arroganz an den Tag und beschwerte sich zweimal über meine Servierkünste.
Ich schluckte es, ohne mit der Wimper zu zucken, murmelte eine Entschuldigung und verbeugte mich. June Carpenter hatte die herrische Art verzogener Millionärstöchter.
Ihr Blick war kalt und abschätzend.
Sonderbarerweise schien sie mit ihrem Stiefvater gut auszukommen.
Im Gegensatz zu Chuck, der mit Jesse Lane nur das Nötigste sprach und ihm keineswegs gewogen zu sein schien.
Nach dem Frühstück gab mir die Dame des Hauses detaillierte
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