0276 - Die Phantome vom Gespenster-Kreuz
und Sabine überlegten. Beide wussten nicht so recht, ob sie der Einladung folgen sollten.
»Okay, ihr zögernden Angsthasen, dann gehe ich vor. Ihr könnt ja nachkommen. Und wie gesagt. Für euch ist heute alles frei. Der alte Artner zahlt die Chose.«
Mit diesen Worten ging er. Auch der Pfarrer blieb nicht mehr. Osi aber sagte: »Michael rennt in sein Unglück!«
Hart drehte sich Sabine um. »Wie kannst du so etwas behaupten?«
»Das spüre ich, meine Liebe. Und ich weiß auch, dass der Pfarrer es nicht geschafft hat. Der Schrecken geht erst noch los…«
***
Wir hatten mit verschiedenen Leuten aus dem Ort gesprochen. Neue Spuren oder Hinweise bekamen wir nicht. Auch die Honoratioren der kleinen Stadt wussten nicht weiter. Für sie war der Schrecken allgegenwärtig, und sie trauten sich auch nicht, auf das Volksfest zu gehen, denn man hatte eine Krisensitzung einberufen.
»Vier Morde!« hörte ich noch die Stimme des Bürgermeisters. »Meine Güte, wo gibt es denn so etwas?«
»Bei uns«, erwiderte jemand trocken und zog sich wegen dieser Bemerkung den Zorn der anderen zu.
Vier Morde also. Und wann würde der fünfte geschehen? Darüber sprach ich mit Will Mallmann, als wir endlich unsere Zimmer erreicht hatten. Nach der langen Fahrt und al, der Aufregung hatte jeder von uns ein Duschbad verdient, doch die Zeit wollten wir uns einfach nicht nehmen. Standen wir unter den prasselnden Strahlen, waren wir so gut wie nicht einsatzfähig, und das durften wir uns auf keinen Fall erlauben.
»Die werden weiter killen«, sagte Will Mallmann zu mir.
»Wieso die?«
»Glaubst du denn, dass dieser schwedische Oberst allein zurückgekehrt ist?«
»Bis jetzt haben wir keine anderen gesehen.«
Will schüttelte den Kopf. »Ich bin fest davon überzeugt, dass wir es noch mit seinen Helfern zu tun bekommen. Der Oberst ist erst die Vorhut, er wird sich seine Soldaten holen.«
»Aber nur er hat doch einen Pakt mit dem Teufel geschlossen!«
Will hob die Augenbrauen, was ihm das Aussehen eines Oberlehrers gab. »Muss ich dir wirklich Nachhilfe in Dämonologie oder Teufelskunde geben?«
»Nein, das nicht.« Ich strich den Schweiß aus meiner Stirn. Die letzten Stunden hatten mich irgendwie geschafft, und daran trug auch die Hitze die Schuld.
Will lag halb auf meinem Bett, ich hatte im Sessel Platz gefunden. Ein altes Stück, mit Blümchenstoff überzogen. Die Beine hatte ich langgemacht und peilte auf meine Uhr.
Will Mallmann hatte den Blick gesehen. »Sollen wir los?« fragte er.
Dagegen hatte ich nichts einzuwenden, auch wenn ich mich lieber hingelegt hätte. Wir verließen den Raum. Auf dem Gang war es etwas kühler und vor allen Dingen schattiger.
Eins stand fest. Die Lösung des Rätsels musste in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Steinkreuz stehen. Wenn wir etwas erreichen wollten, dann dort.
Momentan schwebte die Gefahr auch über dem Ort selbst. Das Auftauchen des Oberst Gunnerson am Friedhof war für uns eigentlich Beweis genug. Mich wunderte es nur, dass nach dem Mord an Herrn Risse nicht noch mehr geschehen war.
Es war nicht zu überhören, dass das Volksfest schon begonnen hatte. Die Musikklänge schwangen über die Dächer der kleinen Häuser hinweg und erreichten auch unsere Ohren.
Wir machten uns auf den Weg zum Festplatz. Weit brauchten wir nicht zu laufen. Die Menschen, die uns unterwegs begegneten, schauten uns scheu an. Jeder wusste inzwischen, aus welchem Grund wir uns in Selb aufhielten.
Als wir den Rand der Festwiese erreichten, sahen wir den Pfarrer. Auch er hatte uns erkannt, blieb stehen, stutzte für einen Moment, bevor er auf uns zukam.
Wir erwarteten ihn lächelnd. Gesehen hatten wir den Mann bisher nur bei der Beerdigung, jetzt unterhielten wir uns persönlich mit ihm.
Er stellte sich als Pfarrer Bernhard vor und sagte, nachdem er auch unsere Namen erfahren hatte:
»Ich habe bereits von den anderen Einwohnern des Ortes gehört, dass Sie sich mit gewissen Dingen beschäftigen, die, sagen wir, ein wenig außerhalb der Norm liegen.«
»Da haben Sie recht, Herr Pfarrer«, gab ich zu.
»Sie haben auch diese Spukgestalt gesehen?« Damit sprach er uns beide an. »Ich habe zuerst nicht daran glauben wollen, auch nicht auf dem Friedhof, als ich mir das Loch im Sarg ansah. Aber meine Ansicht hat sich geändert. Ausschlaggebend dafür war nicht der Tod des bedauernswerten Herrn Risse, sondern mein eigenes Erlebnis, das erst wenige Minuten zurückliegt.«
Ich horchte auf. »Was haben
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