0276 - Die Phantome vom Gespenster-Kreuz
Sie denn gesehen? Die Spukgestalt oder eine andere…«
»Beide«, erklärte er. »Ich sah die Spukgestalt und einige Reiter. Dieser schwedische Oberst Gunnerson ist nicht allein gewesen. Er und zehn seiner Soldaten kamen aus dem Wald geritten und nahmen Kurs auf die Festwiese hier.«
»Was sagen Sie da?« Ich konnte die Worte des Pfarrers kaum fassen.
Er aber nickte. »Sie können mir glauben. Ich gebe ihnen mein Wort. Ich habe alle gesehen.«
Tief atmete ich durch. Neben mir flüsterte Will Mallmann. »Verdammt, und was machen wir jetzt? Wohin sind sie geritten? Hat es Unfälle, Tote oder Verletzte gegeben? Reden Sie!«
»Nein, meine Herren, so ist es nicht. Ich stand mit einigen Jugendlichen aus dem Dorf zusammen. Wir sahen diese geisterhaften Gestalten plötzlich aus dem Wald kommen. Ich stellte mich ihnen entgegen und versuchte, sie zu bannen.«
»Da Sie noch leben, haben Sie es geschafft«, stellte ich fest.
Er schüttelte den Kopf.. »Nicht ich habe es geschafft, sondern das Kreuz. Mein kleines goldenes Kreuz, das ich stets bei mir trage. Ich hielt es ihnen entgegen. Sie verschwanden spurlos.« Der Geistliche hob die Schultern. Damit war für ihn alles gesagt.
»Wie verschwanden sie?« wollte ich wissen.
»Indem sie sich auflösten. Sie erreichten mich nicht einmal, waren plötzlich weg. Es ist zu keiner Berührung gekommen. Diese Wesen hatten Angst vor dem Kreuz. Und damit könnte man sie vielleicht vernichten.«
»Das glaube ich auch«, sagte ich. »Nur müssen sie erst einmal mit dem Kreuz in Berührung kommen, sonst wird es nichts, wie Sie sich vorstellen können.«
»Da gebe ich Ihnen recht. Glauben Sie an die Macht des Kreuzes, meine Herren?«
Ich gab keine akustische Antwort, sondern zog mein Kreuz hervor und zeigte es ihm.
Der Pfarrer bekam große Augen. Er schluckte ein paar Mal, bevor er überhaupt etwas sagen konnte.
»Nein!« hauchte er schließlich. »Das kann es nicht geben. Welch ein Kreuz!«
»Kennen Sie es?«
Er schüttelte den Kopf. »Ich habe schon viele Kreuze gesehen. Alte und neue, Kreuze aus ländlichen Gegenden, aus den Bergen, auch aus anderen Ländern. Aber so etwas noch nicht. Darf ich erfahren, woher es stammt?«
»Es ist alt, sehr alt sogar. Ich habe es gewissermaßen geerbt. Ein Prophet namens Hesekiel hat es hergestellt, und er hat damals schon sehr weise in die Zukunft schauen können.«
»Hüten Sie es wie den eigenen Augapfel«, flüsterte der Geistliche. »So etwas Wertvolles werden Sie nicht noch einmal bekommen, das kann ich Ihnen sagen.«
»Ich weiß«, entgegnete ich und lächelte wieder. »Ich gebe es auch nicht aus der Hand. Aber nun zu den Reitern. Sie haben sie nur verschwinden sehen, mehr nicht?«
»Ja. Sie kamen, dann verwischte ihre Spur, bevor ich sie noch berühren konnte.« Er schaute wieder auf das Kreuz. »Ich bin jedoch sicher, dass Sie damit den Spuk stoppen.«
»Wir wollen es hoffen.«
Will Mallmann hatte die Zeit über seinen Blick nicht vom Festplatz gelassen. Er fragte plötzlich:
»Könnte es nicht möglich sein, dass sich die Reiter noch auf dem Gelände aufhalten? Unsichtbar, meine ich. Wobei sie aber sichtbar jeden Augenblick wieder auftauchen können.«
Da hatte der Kommissar ein brisantes Thema angeschnitten. Keiner wollte ihm widersprechen, auch der Pfarrer nicht. Noch war nichts zu spüren.
Die Festwiese hatte sich gefüllt. Die Menschen benahmen sich normal, sogar locker, aber ich merkte auch, dass sich eine gewisse Spannung aufgebaut hatte. Man ging vorsichtiger, schaute sich hin und wieder um, wobei die schrille Musik es ebenfalls nicht schaffte, die Fröhlichkeit der Menschen grenzenlos werden zu lassen.
»Dann wäre es am besten, wenn Sie sich ebenfalls auf dem Rummelplatz umschauen würden«, schlug der Geistliche vor.
Damit war ich voll einverstanden. Aber ich hatte noch eine Frage. Den Pfarrer sprach ich auf die drei Jugendlichen an, die uns auf dem Friedhof begegnet waren.
Als ich sie beschrieb, unterbrach mich der Mann. »Ja, die kenne ich gut. Sie haben die Reiter ebenfalls gesehen. Ich stand mit Ihnen zusammen.« Er sagte uns auch die Namen. »Die drei werden Ihnen sicherlich über den Weg laufen.«
Das hofften wir auch. Deshalb zögerten wir auch nicht länger und verabschiedeten uns von dem hilfsbereiten Gottesmann. Ich hielt noch die Hand des Pfarrers, als wir die gellenden Schreie hörten.
Zahlreiche Kehlen hatten sie ausgestoßen. Uns war klar, dass auf dem Volksfest etwas Schreckliches passiert sein
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