0277 - Der Tod hat viele Gesichter
also wieder bei Bewusstsein und spielte mit.
Wir schleppten Neville nach oben. In dem Wohnzimmer blickte ich mich unauffällig um.
Die Girls hockten verschüchtert auf dem Fußboden herum, vier Kerle hielten sie mit Pistolen in Schach.
Zwei von den Mädchen schienen ohnmächtig zu sein.
»Heda, wer kommt denn da?«, fragte einer der Wächter, als er mich erblickte.
Er trat einen Schritt näher.
»Er soll nach den Süßen schauen«, erklärte der Gangster, dessen Bekanntschaft ich zuerst gemacht hatte. »Kommt vom Boss.«
»Kontrolle also?«, lachte der andere hämisch und trat auf mich zu. »Traut uns der elegante Herr nicht?«
»Halt den Schnabel und pass lieber auf die Käfer auf!«, entgegnete ich grob und hatte prompt Erfolg.
Er steckte im Zeitlupentempo die Kanone weg und näherte sich mir mit herabhängenden Armen.
Ich ließ Nevilles Beine los, und die anderen Burschen zogen sich ein paar Yard zurück.
Blitzartig rechnete ich zusammen, was ich erfahren hatte, während ich meinen Gegner genau beobachtete.
Die Gauner kannten einander kaum.
Das stimmte mit unserer Theorie überein, dass sie aus verschiedenen Staaten stammten und offensichtlich zu einem großen Unternehmen aus einem Dutzend Gangs zusammengewürfelt worden waren.
Zweitens kannten sie ihren Boss kaum, hatten zwar vor ihm Angst, trauten ihm aber nicht über den Weg.
Den ersten Schwinger, der sehr ungenau angesetzt war, konnte ich spielend abfangen.
Ich täuschte daraufhin eine Rechte vor und klopfte ihm, als er abdeckte, die Linke zwei- oder dreimal gegen die Rippen.
Er wich einen halben Schritt zurück und holte mit Schwierigkeiten tief Luft.
Seine Kumpane hatten nur noch Augen für unseren improvisierten Boxkampf und kümmerten sich kaum noch um ihre Aufgabe.
»Gib’s ihm! Zeig dem Dreckskerl, dass wir auf uns selber aufpassen können!« Die anderen feuerten ihren Kollegen an.
Ich konzentrierte mich.
Es kam mir darauf an, den Kampf möglichst in die Länge zu ziehen, um einerseits Neville eine Atempause zu verschaffen und andererseits das Augenmerk von der Tür abzulenken.
Dort musste jeden Moment Phil auftauchen.
Während der nächsten zwei oder drei Minuten kam keiner von uns beiden durch die Deckung des anderen durch.
Dann erwischte mich ein schneller Schwinger am Kinn.
Feuerrote Sternchen tanzten vor meinen Augen, und hinter der Nasenwurzel fing etwas zu zischen an.
Jetzt war es an der Zeit, Emst zu machen.
Ich schüttelte mir die Benommenheit aus dem Kopf und gewann durch ein paar schnelle Schritte zurück etwas Zeit.
Der Kerl war so siegessicher, dass er mir breit grinsend, im Vollgefühl des fast schon errungenen Sieges, diese wichtige Atempause ließ.
Da sprang ich plötzlich vor, schlug ihm mit beiden Fäusten die Deckung auseinander und knallte ihm, ohne meinen Schwung zu bremsen, einen wuchtigen linken Haken unters Kinn. Er gurgelte und schlug lang hin. Bewegungslos blieb er liegen.
Die Gangster standen noch genauso wie vorhin, und auch meine beiden Freunde waren klug genug gewesen, noch nicht einzugreifen.
Der Türspalt war jetzt breiter, also beobachtete uns Phil.
Neville lag zwar regungslos zwischen uns, aber ich war sicher, dass er alles scharf beobachtete.
Gleich drei Ganoven sprangen mich jetzt gleichzeitig an, wutschnaubend, wobei sich diese Wut wahrscheinlich in erster Linie gegen ihren Boss richtete.
Der erste Angreifer fiel über Nevilles plötzlich hochgerissene Beine und stieß sich den Kopf am Türrahmen.
Phil tauchte auf, nahm ihn in Empfang und klopfte ihm mit der Pistole auf den Kopf.
Ich stoppte den ersten der Angreifer durch einen Tritt vor das Schienbein, und der zweite blieb plötzlich wie angewurzelt stehen, als Phil ganz gemütlich sagte: »Jetzt ist es aber genug, meine Herren! Pfötchen hoch und nicht gemuckst!«
Zwei von den sechs Helden schliefen, und die vier übrigen hoben vorsichtig die Hände.
Keiner wagte es mehr, Widerstand zu leisten.
Ich rief Phil und Neville rasch zu: »Passt auf sie auf und durchsucht das Haus, ich telefoniere.«
Dann raste ich die Treppe hinunter und lief zu meinem Wagen an der nächsten Ecke. Der Festzug der Shriners war seit einer Stunde in vollem Gange, deshalb kam es mir jetzt auf jede Sekunde an.
Ich holte in meinem Wagen mit einem raschen Griff das Sprechgerät aus der Versenkung und ließ mir von der zentralen Leitstellte, die für diese Großaktion eingerichtet worden war, eine Rundverbindung mit allen.eingesetzten Wagen geben.
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