0277 - Im Penthouse der Angst
war es auch hier. Suko verzog das Gesicht. Am liebsten hätte er sich die Nase und den Mund zugehalten, um diesen Gestank nicht einatmen zu brauchen. Das war leider nicht möglich, so hielt er nur hin und wieder die Luft an.
Immer tiefer gelangte er. In der Ferne hörte er ein Rauschen. Dort mußte einer der Hauptkanäle zu den Kläranlagen fließen. Mit einem letzten Sprung überwand der Chinese die ihn vom Boden trennende Distanz, kam gut auf, federte in den Knien leicht nach und schaute sich zunächst einmal um.
Viel konnte er nicht sehen. Er stand praktisch in einer Höhle.
Auch einen Kanal sah er nicht, obwohl der Boden unter ihm feucht schimmerte, weil er schlammig war.
Ein schmaler Weg führte weiter, und Suko mußte sich nach links wenden, um den Kanal zu erreichen, der am nächsten vorbeifloss.
Das tat er auch. Dabei rechnete er mit einem hinterhältigen Angriff, doch nichts dergleichen geschah. Er sah keine Spur von seinem Gegner. Der Schwarze schien sich in Luft aufgelöst zu haben.
Oder die Hölle hatte ihn tatsächlich verschluckt. Man mußte schließlich mit allem rechnen. Suko war einiges gewöhnt.
Sehr vorsichtig bewegte er sich. Weiter vorn brannte das gelbe Licht einer Lampe. Für den Inspektor war es ein Orientierungspunkt, den er genau anvisierte.
Er kam näher. Die Umgebung wurde heller, die Schatten länger und größer. Jetzt hörte er das Rauschen des Kanals, der irgendwo vor ihm vorbeifloss.
Bevor er den Lichtkreis erreichte, sah er bereits, was geschehen war.
Genau unter der Lampe und im Schlamm des Bodens fast vergraben, lag eine Gestalt.
Es war der Messerheld.
Nur konnte er sich auf seine Waffen nicht mehr verlassen. Ein anderer war stärker gewesen, denn in seinem Kopf steckte eine kurze, armlange Lanze…
Suko blieb stehen. Obwohl er mit diesem Anblick gerechnet hatte, zeigte er sich doch geschockt. Er dachte an das Lied, das der Mann gesungen hatte, und wußte Bescheid.
Zehn kleine Negerlein waren es gewesen. Jetzt nur noch neun.
Denn einen hatte der Teufel geholt.
Der Inspektor war sehr vorsichtig. Er beging nicht den Fehler und rannte auf den Toten zu, sondern bewegte sich sehr behutsam weiter. Dabei schaute er sich nach allen Seiten um, denn irgendwo konnte sich der Satan versteckt halten.
Diesmal allerdings nicht. Der Dämon, dem der schwarze Arm gehörte, war nicht zu sehen. Aber er hatte seine grausame Spur hinterlassen.
Suko ging neben dem Toten in die Knie. Die Lanze steckte zwischen den Augen des Schwarzen, und Suko schaute sich die Mordwaffe genau an. Die Lanze hatte zwar eine völlig normale Form, dennoch konnte man sie nicht als normal bezeichnen.
An ihrem Ende steckten zwei Federn. Pechschwarze Federn, als sollten sie die Waffe stabilisieren. Wenn das tatsächlich der Fall war, dann hatte es Suko hier nicht mit einer Lanze zu tun, sondern mit einem heimtückisch abgeschossenen Pfeil.
Seit wann schoß der Satan Pfeile ab? Obwohl man ihm alle Schlechtigkeiten zutrauen konnte, wollte Suko an diese Mordmethode nicht so recht glauben. Er rechnete eher damit, daß es sich bei dem Mörder unter Umständen um einen anderen Dämon gehandelt haben könnte.
Wer tötete mit Pfeilen – und weshalb?
Suko schaute sich den Mann genau an. Um besser sehen zu können, hatte er eine Bleistiftleuchte hervorgeholt und ließ den schmalen Lichtfinger über das Gesicht des Toten wandern.
Nein, er hatte ihn noch nie gesehen. Es gab nichts, was Suko bekannt vorgekommen wäre, und Papiere trug der Mann nicht bei sich, wie der Inspektor bei einer raschen Durchsuchung der Taschen feststellte.
Vor ihm lag ein namenloser Toter…
***
So jedenfalls hatte es den Anschein. Suko allerdings wollte es nicht so recht glauben. Jeder Mensch hatte Verwandte, Freunde, Bekannte, und auch dieser Schwarze würde keine rühmliche Ausnahme sein.
Daß Suko auf ihn getroffen war, konnte man nicht als Zufall bezeichnen. Der Inspektor war in dieser Gegend unterwegs gewesen, da er einem Haus einen Besuch abstatten wollte. Bei Scotland Yard waren Meldungen eingetroffen, daß sich innerhalb des Hauses seltsame Vorgänge abspielten. Angeblich erschienen dort Menschen, die tot sein sollten und einmal dort gewohnt hatten.
Mehr Informationen hatte Suko auch nicht erhalten. Er war am Abend erst losgefahren, denn seinem Informanten war es egal, wann jemand mit ihm sprach, und bei der Hitze konnte sowieso kaum ein Mensch schlafen. Bis zum Haus war Suko nicht gekommen. Er hatte, als er von seiner Harley
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