0278 - Kein Job für Gorillas
Sechzehn gewesen war. Blyth war also umgezogen, aber Nummer 19 lag ebenfalls auf der ersten Etage des Hotels, allerdings im anderen Flügel.
Es schien das beste Zimmer des »Mayflowers« zu sein. Es war groß, relativ gut eingerichtet und eine Seitentür führte zum Bad.
Roger Blyth saß an einem Tisch und beschäftigte sich mit seinem Frühstück. Er trug einen Bademantel, und seine kurzgeschorene Haarbürste schimmerte noch feucht vom Duschen.
»Hallo, Lad!« rief er. »Ich dachte mir, daß es irgend jemand von Fruth' Verein sein würde. Ihr Jungs seid wahrscheinlich mächtig kopflos geworden, seit euer Boß…« Er beendete den Satz mit einem Fingerschnippen.
»Woher weißt du es schon?«
Er warf mir einen erstaunten Blick zu.
»Alberne Frage, Lad'! Die ganze Stadt weiß, daß Fruth Fersengeld gegeben hat.«
»Das meinst du! Die letzte Neuigkeit lautet, daß Matthew Fruth tot ist.«
Er behielt die Kaffeetasse, die er zum Mund führen wollte, in der Hand. »Ein Gerücht?«
»Eine Tatsache! Ich habe ihn selbst gesehen. Man hatte ihm drei Kugeln verpaßt.«
»War es Borrough?«
»Evelyn Teen behauptet es. Sie will es gesehen haben.«
Jetzt nahm er einen Schluck von seinem Kaffee.
»Glaubst du, daß sie lügt?« fragte er in gleichgültigem Ton.
Ich zündete mir eine Zigarette an. »Keine Ahnung, aber uns kann es gleichgültig sein, nicht wahr? Warum bist du nie auf die Idee gekommen, den ›Consolidated‹-Geldschrank auszuräumen, Blyth? Als du das erstemal in ›Luckys Inn‹ auf tauchtest, hast du den Mund so voll genommen, daß ich geglaubt habe, du wolltest hier in Bedford ein paar große Sachen starten.«
Er lachte. »Ach, das war nur ein Bluff, um Fruth zu beeindrucken.«
»Jedenfalls hätte ich von dir einen Knüller wie den Überfall eher erwartet als von Fruth. Und Borrough habe ich für ‘ne richtige Niete gehalten. Wenn ich noch daran denke, wie sie alle die Arme hochnahmen, als du sie, nur ein bißchen unfreundlich anblicktest, dann kann ich mir einfach nicht vorstellen, woher sie plötzlich den Mut für die Sache genommen haben.«
Blyth lächelte spöttisch. »Wirklich erstaunlich! Wenn ich geahnt hätte, daß Fruth aus solchem Holz geschnitzt ist, hätte ich mich nicht an ihn herangetraut. Ich glaube, ich habe nur Glück gehabt, daß ich ihn überraschte.«
Ich beugte mich über den Tisch. Es war hell genug im Zimmer, daß ich jede Einzelheit in Blyth' Gesicht erkennen konnte. Irrte ich mich, öder nahm er langsam den Oberkörper zurück?
»Reden wir gutes Englisch, miteinander, Roger! Fruth hat das Ding auf der Schachtanlage nicht gedreht. Auch Harry Borrough nicht! Ein anderer hat die dreihunderttausend Dollar eingesackt.«
»Ich?« fragte Blyth, und sein Mundwinkel zog sich noch mehr herunter als gewöhnlich.
Ich nickte langsam.
Blyth brach in schallendes Gelächter aus.
»Lad, ein Bursche wie du sollte sich nicht als Detektiv betätigen. Überlasse das den Cops oder den G-men.«
»Blyth, ich will die Hälfte von den dreihunderttausend Bucks oder…«
Er lachte nicht mehr. »Oder… was?«
»Ich erzähle den Cops, daß du Rod Beckett bist!«
Wäre Phil hier gewesen, er hätte die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen, aber ich habe hin und wieder eine Behauptung oder eine Frage ins Blaue hinein abgeschossen, und manchesmal hatte ich Glück und traf ins Schwarze.
Diesesmal hatte ich kein Glück. Ich schoß weiter vorbei als eine Rakete am Mond. Blyth reagierte nur mit einem »Heh?«
Ich stieß nach.
»Zieh keine Schau ab! Ich kannte Beckett in New York. Er hatte das Zeug dazu, so eine Sache wie den Lohngeldraub aufzuziehen und durchzuführen. In New York wurde ihm der Boden zu heiß. Er führte die Cops an der Nase herum, verschwand und tauchte hier in Bedford als Roger Blyth wieder auf.« Blyth schien geradezu amüsiert zu sein.
»Und ich bin also Rod Beckett oder wie der Junge geheißen haben mag?«
»Genau, und du hast den Geldschrank ausgeräumt! Du hast die Wächter erschossen! Du hast Fruth umgelegt!«
»Klar«, sagte er. »Alles von diesem Zimmer aus, gewissermaßen per Fernsteuerung. Vielleicht kann ich mich unsichtbar machen. Oder ich teile mich einfach in zwei Hälften. Das muß für mich ja ‘ne Kleinigkeit sein, da du mich ohnedies für Roger Blyth und Rod Beckett gleichzeitig hältst.« Mit einer Handbewegung schob er das Frühstücksgeschirr zur Seite. »Ich will dir eins sagen, du Amateurdetektiv! Ich bin in Hartford geboren, und ich bin dort zur
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