0279 - Der Herr der Unterwelt
Karten?«
Ich nickte.
Sie nahm einen Schluck von dem Kaffee, bevor sie antwortete: »Und wenn ich Ihnen die Tür vor der Nase zuschlage?«
»Lassen Sie es sein! Es macht mir keinen Spaß, eine Frau hart anzufassen.«
Ihre grünen Augen flackerten in einem Feuer, das mich hätte warnen sollen, aber damals unterschätzte ich Kitty Welson immer noch gewaltig.
***
»Kommen Sie rein!« sagte sie mit einer Kopfbewegung, gab die Tür frei und ging voraus durch die kleine Diele der Wohnung in die Küche.
»Setzen Sie sich!« Sie zeigte auf einen Stuhl, blieb aber selbst am Fenster stehen.
»Ich höre!«
Ich klopfte mir eine Zigarette aus dem Päckchen, zündete sie mir an und sagte, während ich den Rauch ausstieß: »Ein paar Leute in Chicago, die einiges in der Stadt zu bestimmen haben, sind der Meinung, daß Sie wüßten, wo sich James Breadcock aufhält. Ich glaube, Sie wissen, von wem ich spreche. Die meisten Leute nennen ihn Monster!«
Sie nahm wieder einen Schluck aus ihrer Kaffeetasse.
»Weiter!« sagte sie mit ihrer rauhen Stimme.
»Breadcock hat einen verdammt bösen Ruf. Wahrscheinlich haben Sie Angst, etwas gegen ihn zu unternehmen. Ich denke mir, daß er gedroht hat, Ihnen den Hals umzudrehen, wenn Sie ihn verpfeifen, und ich weiß, daß er ein Bursche von der Sorte ist, deren Drohungen nicht leichtzunehmen sind. Trotzdem brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Wir werden Sie vor ihm schützen. Das ist selbstverständlich.«
»Von wem sprechen Sie, wenn Sie ,wir‘ sagen? Von der Polizei?«
»Unsinn! ,Wir‘ sind die Männer, die hier in Chicago das Heft in der Hand halten.«
»Wer?« beharrte sie. »Arrago? Burry? Oder Kelly?«
Ich grinste. »Sie kennen sich aus, Kitty! Denken Sie an alle drei, und Sie liegen richtig.«
»Und Sie hat man aus New York geholt, damit Sie Breadcock…«
»Stimmt ungefähr, obwohl der Zufall dabei ein wenig eine Rolle spielte.«
»Ich weiß nichts von Breadcock«, erklärte sie.
Ich ließ die Zigarettenkippe aüf den Boden fallen und trat sie aus.
»Passen Sie auf!« sagte ich. »Mit einer einfachen Lüge kommen Sie nicht davon. Für mich hängt ’ne Menge davon ab, daß ich den Auftrag erledige. Sie haben mir einen anständigen Vorschuß gezahlt, und die Bosse sind nicht von der Sorte, daß ich es riskieren möchte, ihnen für ihr gutes Geld keine anständige Arbeit zu liefern. Außerdem will ich auch die andere Hälfte der ausgemachten Summe kassieren.«
»Das sind Ihre Probleme, Calligan, nicht meine! Ich weiß nichts von Breadcock.«
»Ziemlicher Irrtum von Ihnen, Kitty! Es sind auch Ihre Probleme. Ich brauche Breadcock, und wenn die Bosse mir erzählen, Sie wüßten den Weg zu ihm, dann stimmt das. Solche Männer irren sich nicht.«
»In diesem Falle irren sie sich doch!« Ich stieg noch ’ne Etage tiefer in die Gangsterrolle hinein, die ich nun einmal spielte.
»Ich mache Ihnen ein Angebot. Sagen Sie mir, wo ich Breadcock finde, und Sie erhalten ein Drittel von den Dollars, die mir für den Job gezahlt werden. Soviel ist mir die Schonung meiner Nerven wert, denn ich sagte Ihnen schon, daß ich eine Frau nicht gern hart anfasse. Ich hoffe, Sie haben mich verstanden.«
Sie zeigte keine Angst.
»Genau!« sagte sie. »Reden wir also vom Geld! Wieviel ist ein Drittel?«
Ich hatte gewonnen.
»Fünfzehnhundert Dollar!«
»Keine schlechte Summe, aber ist nicht mehr herauszuholen?«
»Werden Sie nicht übermütig, Darling. Breadcock ist den Bossen lästig, sie lassen es sich etwas kosten, um ihn aus dem Wege zu räumen, weil er die Bullen wild macht, aber zuviel wollen sie auch nicht investieren. Wenn es zu teuer wird, können sie auch warten. Irgendwann schnappen die Cops das Monster doch.«
»Wann zahlen Sie, Calligan?«
»Sobald Sie mir Breadcocks Versteck genannt haben und ich mich davon überzeugt habe, daß ich ihn dort auch finde.«
»Einverstanden!« Ihre Stimme klang hart und schneidend. »Wollen Sie einen Drink auf das Geschäft.«
»Geht in Ordnung! Lassen Sie anrollen!«
Der Eisschrank befand sich an der rechten Wand der Küche. Ich saß so, daß ich ihr den Rücken zuwandte.
Kitty Welson schob sich in dem kleinen Raum an mir vorbei. Sie nahm zwei Gläser von der Anrichte und schob sie über den Tisch. Dann öffnete sie die Eisschranktür.
Ich drehte mich so auf dem Stuhl, daß ich sie im Auge behalten konnte. Sie nahm eine Whiskyflasche aus dem Eis, in der nicht viel mehr als noch ein Rest war. Sie warf die Tür mit einem Stoß des
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