028 - Arena der Götter
Insel waren sie vor Anker gegangen. Mit Borisaas, Dolwuunas und zehn anderen Halbwüchsigen hatten sie ein Beiboot des Nordmanndampfers zu Wasser gelassen und waren zur Eisküste gerudert. Suljaana war mit dem Gros der Kinder an Bord des Dampfers geblieben. Rulfan wusste, dass er sich auf das Mädchen verlassen konnte.
Sie durchquerten eine breite Schneemulde. Der Mann auf dem Eisturm geriet für kurze Zeit aus ihrem Blickfeld. Ein seltsames Geräusch lag in der Luft - ein Dröhnen, als würden irgendwo weit weg kleine Trommeln von vielen Händen bearbeitet werden.
Aruula und Rulfan mit dem Lupa marschierten an der Spitze der kleinen Gruppe. Dicht hinter Rulfan Borisaas und Dolwuunas. Seit ihrer ersten Begegnung mit dem grauhaarigen Albino wichen die Jungen nicht mehr von dessen Seite. Vorbehaltlos vertrauten sie Rulfan und hatten ihn als Ersatz-Vater akzeptiert.
Auf der anderen Seite der Mulde stapften sie den Hang hinauf. Das rätselhafte Gehämmer in der Luft schwoll an. Aruula und Rulfan wechselten beunruhigte Blicke. Eine steile Falte stand zwischen Aruulas Brauen. Rulfan spürte die Nähe der Gefahr fast körperlich. Der Lupa neben ihm knurrte und legte die Ohren an. Sein Nackenfell sträubte sich.
Rasch erreichten sie den Rand der Mulde. Das zerklüftete Eisfeld lag wieder vor ihnen. Die turmartige Eisformation mit dem einsamen Beter war noch gut vierhundert Schritte entfernt.
Etwas hatte sich verändert. Etwas schwirrte dort ruckartig durch die Luft. Zuerst erkannten sie nicht mehr als einige längliche Schatten, die ganz in der Nähe des Fremden dicht über dem Eis durch den Dunst schossen.
Und dann ein Lichtschein und ein Krachen, als würden kurz nacheinander Baumstämme splittern.
»Was ist das?!«, rief Aruula. Sie blieb stehen, als wäre sie gegen ein unsichtbares Hindernis gelaufen. Die ganze Gruppe hielt an. Ungläubig flogen ihre Blicke über das Eisfeld: Blitze zuckten dort. Zwischen den Eistrümmern sah man menschliche Gestalten. Über ihnen Schossen die seltsamen Schatten hin und her. Von ihnen gingen die Blitze aus. Der Lupa neigte den Kopf, bleckte die Zähne und knurrte.
Rulfan wandte sich zu den Halbwüchsigen um. »Zurück in die Mulde!« Borisaas, Dolwuunas und die anderen Jungen und Mädchen liefen ein paar Schritte zurück und duckten sich in den Schnee.
»Dort kämpfen Menschen um ihr Leben!« Aruula beobachtete die unwirkliche Szene zwischen den Eistrümmern durch das Binocular. »Sie wehren sich mit Schwertern und Speeren und Bögen gegen… gegen Wesen, die mich an Bellits erinnern… Bei Wudan - ein ungleicher Kampf! Die Bellits greifen mit Blitzen an!« Sie reichte Rulfan das Glas.
Schweigend beobachtete nun auch der das Kampfgeschehen. »Bellits sind kleiner. Und haben weder Schuppen noch eine lederartige Grauhaut.« Er stöhnte leise, als er einen der Kämpfer sich im Blitzfeuer winden und in den Schnee sinken sah. Wulf bellte jetzt laut und drohend. »Sehen aus wie riesige Libellen (engl. ›Dragonflys‹). «
»Libellen?« Irgendwann hatte Aruula den Begriff schon gehört. Von Maddrax.
»So nannten die Alten ein Insekt, das dem Bellit ähnelte. Nur war es nicht größer als eine Hand.« Er setzte das Glas ab. »Wir kehren um, lichten die Anker und versuchen an einer anderen Stelle der Insel an Land zu gehen.«
»Du willst diese Menschen ihrem Schicksal überlassen?!« Aruula bedachte ihren Gefährten mit einem kalten Blick und nahm ihm das Glas weg. »Sie haben keine Chance gegen diese blitzenden Ungeheuer !«
Sie beobachtete eine Zeitlang den Kampf zwischen den Eistrümmern. Einer der Kämpfer brannte lichterloh. Ein Fluginsekt hatte den zappelnden Körper gepackt und schwirrte damit hoch in die Luft. Ein zweites griff es von oben an. »Was ist das?«, flüsterte sie. »Sieht so aus, als würden sich diese Libellen auch untereinander bekämpfen!« Sie drückte Rulfan das Binocular an die Brust und zog ihren Feuerrohrbogen von der Schulter. »Wir werden nicht fliehen.«
»Sei vernünftig, Frau!« Aruulas verächtlicher Blick schmerzte Rulfan. Gleichzeitig ärgerte er sich über ihren Starrsinn. »Denk an die Kinder deines Volks - wenn wir die Angriffslust dieser Kreaturen auf uns lenken, setzen wir ihr Leben aufs Spiel!« Aus den Augenwinkeln sah er Borisaas' Blick. Aufmerksam verfolgte der Junge ihren Streit. »Und denk an dein Ziel - willst du Maddrax suchen oder willst du Krieg führen?!«
»Das kommt mir bekannt vor.« Aruula schnaubte verächtlich. »Hätte
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