028 - Ghouls in Soho
wie eine zusammengedrückte Spiralfeder näherte sich Pinsent der Wohnzimmertür. Mit zwei raschen Schritten trat er ein.
Der Geruch von Verwesung legte sich penetrant auf seine Lunge.
Er verzog angewidert das Gesicht. Ein heilloses Durcheinander herrschte in Angie Lamperts Living-room. Alles mögliche lag auf dem Boden. Und Angie Lampert? Wo war die?
Pinsent entdeckte das Mädchen hinter dem Sofa. Mit einem Blick erkannte er, daß sie tot war, und bei ihrem Anblick schnürte sich seine Kehle zu. Fassungslos starrte er auf die Leiche, die entsetzlich zugerichtet worden war.
Er konnte nicht ertragen, was er sah. Sein Magen revoltierte. Er drehte sich um und zuckte unter Krämpfen, und er hatte große Mühe, sich nicht zu übergeben.
Ein Geräusch riß ihn herum.
Der Mörder! Die Bestie! schoß es ihm durch den Kopf, und im selben Moment sah er sich einem Wesen gegenüber, dessen Abscheulichkeit nicht zu übertreffen war.
Der Ghoul griff ihn an, bevor er die Schrecksekunde hinter sich gebracht hatte. Ein gewaltiger Schlag riß Gordon Pinsent von den Beinen. Er wußte nicht mehr, was weiter geschah.
***
Tatsächlich, der Kerl grinste hinter der dreckigen Windschutzscheibe. Ich verstand die Welt nicht mehr.
Warum wollte der Mann mich umbringen? Ich wußte mit Sicherheit, daß ich ihn noch nie gesehen hatte. Dennoch trachtete er mir aus irgendeinem Grund nach dem Leben.
Oder hatte er keinen Grund? Handelte es sich um einen Verrückten, der aus irgendeiner Anstalt entsprungen war, sich einen Wagen organisierte und den Erstbesten über den Haufen fuhr?
Ich ließ diesen Zufall nicht gelten.
Und ich handelte. Bremsen hätte keinen Sinn gehabt. In diesem Fall hätte mich der Attentäter erst recht erwischt.
Also trat ich das Gaspedal bis zum Anschlag durch. Mehr als hundert Pferdestärken stießen meinen Peugeot aus dem Gefahrenbereich. Die Klapperkiste fegte hinter mir vorbei.
Ich war sicher, daß der Abstand zwischen den beiden Fahrzeugen nur wenige Millimeter betrug. Damit hatte der Mann nicht gerechnet. Er hatte sich voll auf den zu erwartenden Aufprall konzentriert, und ich fragte mich unwillkürlich, wie er den Zusammenstoß selbst hatte überleben wollen.
Wie hatte er sich das vorgestellt?
Wie ein Torpedo, der sein Ziel verfehlte, raste die Rostlaube an meinem Peugeot vorbei. Es gab Augenzeugen, die atemlos auf den Gehsteigen standen und verdattert verfolgten, was passierte.
Ein Mordanschlag auf offener Straße, vor allen Leuten – der Mann konnte wirklich nicht alle Latten am Zaun haben. Jetzt bremste er. Sein Wagen brach seitlich aus.
Mit blockierten Reifen rutschte er auf den Gehsteig zu, rumpelte über dessen Kante hinauf und knallte dumpf gegen die Hausmauer.
Glas klirrte. Blech verformte sich. Zierleisten sprangen ab.
Die Türen flogen auf, und der Mann wurde herausgeschleudert.
Ich sah das alles im Rückspiegel, während ich meinen Peugeot mit mehr Gefühl als mein Gegner zum Stehen brachte.
Der Flug des Verrückten war weit, der Aufprall hart. Ich schloß die Augen, als der Bursche landete, und die Menschen, die ihn fliegen sahen, hielten mit Sicherheit den Atem an.
Er überschlug sich mehrmals und blieb auf dem Bürgersteig liegen. Ich war nicht sicher, ob ich diesen Sturz überlebt hätte, und ich befürchtete, daß sich dieser Mann nie wieder erheben würde.
Das bedeutete, ich konnte ihm keine Fragen mehr stellen und nicht herausfinden, warum er das getan hatte.
Sobald mein Wagen stand, stieg ich aus. Niemand außer mir kam auf die Idee, den Mann zu untersuchen. Ich war zwar mächtig sauer auf ihn, aber das war für mich kein Grund, ihn einfach dort liegen zu lassen.
Ich überquerte die Straße. Als ich die deformierte Rostschleuder erreichte, bewegte sich der Fremde.
Ein Wunder?
Oder ging es hier nicht mit rechten Dingen zu?
Der Mann erhob sich. Er stand tatsächlich auf, als wäre er bloß gestolpert und hingefallen. Das weckte mein Mißtrauen. Mit dem Kerl schien mehr nicht zu stimmen, als ich vorhin angenommen hatte.
Er starrte mich haßerfüllt an, wartete jedoch nicht, bis ich ihn erreichte, sondern fuhr herum und gab Fersengeld. Aber so hatten wir nicht gewettet. Er konnte nicht wirklich glauben, daß ich ihn einfach entkommen lassen würde.
Er rannte mit langen Sätzen auf eine schmale Gasse zu, verschwand um die Ecke, doch ich blieb ihm auf den Fersen. Er überkletterte eine Mauer. Ich folgte ihm.
Als ich auf der Mauerkrone saß, überblickte ich das große Areal
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