028 - Ghouls in Soho
mit der Waffe, was soviel heißen sollte, wie – ich solle zur Seite treten.
Ich machte zwei Schritte. Er kam um den Schreibtisch herum und auf mich zu. Ich überlegte, ob ich eine Chance hatte, ihn zu überrumpeln. Es sah nicht danach aus. Ich mußte abwarten.
»Umdrehen!« befahl er.
Ich gehorchte.
Er tastete mich ab und nahm mir meinen Colt Diamondback weg.
Der Revolver verschwand zur Hälfte in seinem Hosenbund. Nun war mir klar, warum ich ihn von Anfang an nicht gemocht hatte.
Er war ein Verbrecher, das mußte ich gespürt haben. Das Deckmäntelchen des Rechtsverdrehers reichte nicht aus, um seinen miesen Charakter zu kaschieren. Irgendwie hatte er mit dem Mord an Zohra Grant zu tun.
Bald würde ich mehr wissen, vielleicht sogar alles, aber konnte ich dem Anwalt mit meinem Wissen dann noch gefährlich werden?
Er würde mit Sicherheit dafür sorgen, daß ich dieses Wissen mit ins Grab nahm.
Es ist mir zuwider, vor dem Lauf einer Pistole zu stehen. Die Situation rief in mir größtes Unbehagen hervor. Ich bin nicht der einzige, der darauf so reagiert.
Die Wahrheit würde ich auch anders erfahren, deshalb sah ich nicht ein, warum ich noch länger das fromme Lamm spielen sollte.
Garantiert rechnete Lookinland nicht damit, daß ich ihn jetzt angriff.
Wenn mir die Überraschung gelang, konnte ich das Blatt zu meinen Gunsten wenden. Wenn nicht… war ich tot. Das hieß, ich mußte unheimlich schnell sein, wenn ich den Rechtsanwalt überrumpeln wollte.
Jetzt! befahl ich mir, und dann handelte ich. Mein Schuhabsatz traf sein Knie. Er schrie auf. Ich kreiselte herum und schlug aus der Drehung zu. Meine Faust erwischte den Anwalt so, wie ich mir das vorstellte.
Er wurde zurückgeworfen, drückte ab, doch die Kugel bohrte sich in die Decke. Wie vom Katapult geschleudert warf ich mich auf Lookinland. Mit der Handkante hackte ich ihm die Luger aus der Hand.
Mein Aufwärtshaken rüttelte ihn gewaltig durch. Seine Augen wurden glasig. Er war stehend k. o. Ich gab ihm mit einem, letzten Faustschlag den Rest. Er brach bewußtlos zusammen. Ich bückte mich, um die Luger aufzuheben.
Da bohrte sich plötzlich ein harter Gegenstand in meinen Rücken, und jemand schnarrte: »Liegenlassen, Ballard!«
Die Stimme kam mir bekannt vor. Ihr Klang befand sich noch in meinen Gehörgängen. Hinter mir konnte niemand anders stehen als… Todd Donat, der Eisverkäufer.
***
Das war eine unangenehme Überraschung. Donat, der harmlos aussehende Typ, steckte mit dem verbrecherischen Anwalt unter einer Decke, machte mit ihm gemeinsame Sache.
Zwei Männer hatten Vicky Bonney in Zohra Grants Wohnung überfallen. Zwei Männer hatten Zohra ermordet. Hießen sie Peter Lookinland und Todd Donat? Was war ihr Motiv?
Da stand ich nun zum zweitenmal vor der Mündung eines Schießeisens und war natürlich erneut sauer. Aber würde es mir noch einmal gelingen, die Situation zu wenden?
Donat ließ mir die Chance nicht. Er holte blitzschnell aus und schlug mit seiner Waffe zu. Für mich gingen alle Lichter aus.
Als ich wieder zu mir kam, lag ich in einem Auto. Sie hatten mir die Arme gefesselt. Die Beine nicht. Hinter dem Steuer des Fahrzeugs saß Todd Donat. Der Rechtsanwalt saß neben ihm und hatte wahrscheinlich dasselbe Schädelbrummen wie ich.
Ich stemmte mich hoch und warf einen Blick aus dem Fenster.
Lange konnte ich nicht ohnmächtig gewesen sein, denn wir hatten uns noch nicht weit von Lookinlands Büro entfernt.
Als der Rechtsanwalt bemerkte, daß ich das Bewußtsein wiedererlangt hatte, fragte er mich grinsend, ob ich gut geschlafen hätte.
»Wohin fahren wir?« fragte ich schneidend zurück.
»Lassen Sie sich überraschen.«
»Ich mache Sie darauf aufmerksam, daß das, was Sie tun, Kidnapping ist!«
»Das brauchen Sie mir nicht zu sagen. Ich bin schließlich Rechtsanwalt.«
»Ich werde dafür sorgen, daß Sie das nicht mehr lange sind.«
»Sie werden gar nichts mehr, Tony Ballard. Ihre große Zeit ist vorbei. Die Talfahrt hat für Sie begonnen, und es geht mit Ihnen von Minute zu Minute schneller abwärts. Bemerken Sie es nicht?«
»Nein, ich bin noch quicklebendig, und ich gedenke das auch noch sehr lange zu bleiben.«
»Sie können Ihr Schicksal nicht mehr beeinflussen. Todd Donat und ich haben Sie zu einer minderwertigen Figur degradiert. Wir können Sie hinstellen, wo wir wollen. Wir können mit Ihnen anstellen, was uns Spaß macht. Sie hätten Ihre Nase nicht so tief in unsere Angelegenheiten stecken
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