0280 - Die Weltraumdetektive greifen ein
Eine Feuerkammechse eilte im Watschelgang vor ihm davon und stürzte sich kopfüber zwischen die Zwergwasserrosen und Teichsimsen eines kleinen Sees.
McKay blickte ihr grinsend nach, machte „Huh"- und erstarrte.
Die heftigen Schwanzschläge der Feuerkammechse hatten die Wasserpflanzen auseinandergerissen, und zwischen den Blättern kam plötzlich etwas zum Vorschein, das in einem Gartensee nichts zu suchen hatte.
McKay schluckte. Dann riß er sich kurz entschlossen die Kleider vom Leib und watete in den See. Als ihm das Wasser bis zur Brust reichte, stieß er sich ab und kraulte. Nach weniger als einer Viertelminute erreichte er den gesichteten Gegenstand und riß mit seinen mächtigen Pranken mühelos das Pflanzenwerk auseinander.
Er fühlte Wut in sich aufsteigen, als er Hydes spärlich bekleideten Körper erkannte. Das Gesicht des Mädchens war noch im Tode schön, die langen Haare bewegten sich gespenstisch in dem klaren Wasser.
McKay zog die Leiche ans Ufer und legte sie zwischen blühende Taglilien. Er drehte den Körper um und suchte nach einer Wunde, fand jedoch keine. Dafür erregte die schwach rosa Färbung der Augäpfel seine Aufmerksamkeit. Es gab eine Menge Kolonialterraner mit dieser Augenverfärbung. Aber McKay wußte genau, daß Hyde nicht dazu gehörte. Folglich konnte es nur eine Erklärung geben: Hypnotal!
Hypnotal war ein Gas mit spezifisch psychischer Wirkung. In geringer Dosierung erzeugte es partielle oder vollkommene Amnesie, wurde die kritische Menge überschritten, trat innerhalb weniger Sekunden der Tod ein. Da Hypnotal unter normalen, erdähnlichen Temperaturen flüssig war, konnte es leicht aufbewahrt und mit den üblichen Spraydosen versprüht werden.
Erst nach etwa zehn Minuten fiel die Starre von McKay ab. Er kleidete sich langsam und mit steifen Bewegungen an. Dabei war er so geistesabwesend, daß er das schwache Fauchen der Nadelprojektilwaffe überhörte. Den harten Schlag gegen seinen linken Oberarm dagegen spürte er sofort.
McKay fiel auf die Knie. Während das Gift des Projektils bereits seinen Geist zu umnebeln begann, zog er seinen Impulsstrahler und richtete ihn dorthin, woher der Schuß aller Wahrscheinlichkeit nach gekommen war.
Dann wartete der Kanadier.
Nach etwa einer Minute schien der Unbekannte sicher zu sein, daß sein Opfer besinnungslos war. Die Sadebäume an der Böschung vor dem Haus teilten sich. Eine schlanke, fast zierliche Gestalt schritt zögernd durch die Rhododendron vaseyi am Fuß des Hanges.
McKay zielte. Schweiß rann über sein Gesicht. Der Lauf der Waffe begann zu zittern. Aber noch einmal riß er sich zusammen.
Das Tosen der freiwerdenden Energie und eine grelle Entladung waren das letzte, was seine Sinne wahrnahmen. Dann sank er schwer vornüber.
Jean-Pierre Marat war durchaus nicht beunruhigt, als er wieder im Hotel ankam und seinen Partner noch nicht vorfand. Er kannte McKay und wußte, daß der riesenhafte Kanadier eine Schwäche für schöne Frauen und alten Whisky hatte. Er würde dennoch seine Pflicht nicht vernachlässigen.
Als der Visiphonmelder summte, hob Marat lediglich die Brauen.
Er drückte die Aktivierungsleiste mit der Linken, während er sich mit der Rechten eine Zigarette anzündete.
Doch dann fiel ihm die Zigarette vor Schreck aus dem Mund.
Auf der Bildscheibe des Visiphons erschien Helen Ayaras Gesicht. Im ersten Augenblick erkannte Marat sie nicht, denn die Haare fielen ihr wirr über die Stirn, die Züge waren verzerrt und die Augen geweitet, als hätten sie den Tod geschaut.
Anerzogene Selbstbeherrschung ließ Marat auf die einzig richtige Art und Weise reagieren.
„Von wo aus rufen Sie an, Helen?"
„Hören Sie, Marat!" rief sie gehetzt.
„Travers Leute jagen mich. Ich rufe von der öffentlichen Visiphonzelle am Interkontinentalbahnhof an. Es ist die Zelle links neben dem Südeingang, Nummer dreihundertvierzehn. Bitte, Marat, kommen Sie! Helfen Sie mir!"
Marat nickte.
„Bleiben Sie, wo Sie sind! Verlassen Sie die Zelle nur im Notfall!
Ich komme sofort!"
Er schaltete den Apparat aus, riß im Vorüberlaufen sein Jackett von der Couch und stürmte aus dem Zimmer. Im Antigravschacht zog er die Jacke an und rückte seine Krawatte gerade. Der Empfangschef im Vestibül starrte ihm verblüfft nach.
Doch da war Marat bereits an seinem Gleiter. Er riß den Schlag auf startete den Kombinationsantrieb und zwängte sich hinter das Steuer. Der heftige Ruck des Anfahrens warf die Tür zu.
Jean-Pierre Marat
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