0283 - Flucht vom Giftplaneten
Den Boden der Halle bedeckte dichter Pflanzenwuchs. Saftiges, hohes Gras war überall vorhanden. Bäume, einzeln, in lockeren Gruppen oder zu kleinen Wäldern vereint, erhoben sich hier und dort. Schmale Bachläufe wanden sich durch die Ebene, und die Luft war erfüllt von Vogelgezwitscher.
Der Korridor, durch den die Gefangenen kamen, mündete von rückwärts in einer der Felsgruppen, die die eigentliche Wand der Halle wirkungsvoll verbargen. Die drei Wächter blieben zurück, während die Terraner auf den Rasen hinaustraten, der von den Felsen weg bis zu einer kleinen Baumgruppe führte. Strugow war jedoch sicher, daß sie sie nicht aus den Augen lassen würden.
Die Hände in den Taschen, stapfte er durch das feuchte Gras und spürte plötzlich, daß sich jemand neben ihn drängte. Es war Gansson.
„Ich weiß, daß Sie etwas dagegen haben, andere in Ihre Pläne einzuweihen", sagte er leise, „aber wenn Sie Hilfe brauchen, lassen Sie mich’s wissen." Strugow nickte.
„Angenommen", antwortete er. „Halten Sie nach dem Adams-Duplo Ausschau."
Gansson warf ihm einen fragenden Blick zu.
„Sind Sie sicher, daß er sich hier aufhält?"
„Natürlich nicht. Es ist nur eine Art Ahnung. Der Kerl steckt voller Angst. Er kommt vielleicht von selber auf die rettende Idee. Es würde mich nicht wundern, wenn er versuchte, sich mit uns in Verbindung zu setzen. Wie gesagt - es ist nur eine Ahnung. Ich halte es für möglich, daß er sich hier irgendwo aufhält. Wenn nicht", er zuckte mit den breiten Schultern, „dann müssen wir uns woanders nach ihm umsehen."
„Einverstanden", murmelte Gansson. „Ich halte die Augen offen."
Die Gruppe löste sich allmählich auf. Jeder hatte seinen eigenen Lieblingsplatz, und es war nichts weiter als natürlich, daß er ebenso ein Bedürfnis empfand, wenigstens ein paar Minuten lang allein zu sein. Die Gefangenen trennten sich voneinander, verbrachten etwa eine halbe Stunde, jeder an seinem bevorzugten Plätzchen, und trafen sich dann wieder, um die verbleibende Zelt gemeinsam zu verbringen.
Strugow beobachtete, wie Cole Argerty plötzlich stehenblieb, das Gras ringsum zu Boden trampelte und sich hinlegte. Die Arme unter dem Kopf verschränkt, starrte er in den blauen Himmel hinauf. Das war seine Art von Entspannung. Solange er dort im Gras lag, war er für niemand zu sprechen. Strugow fragte sich neugierig, woran er in diesen Minuten denken mochte.
Adams hielt sich nach links und verschwand hinter dem Wäldchen. Koan Hun ließ sich zwischen den ersten Bäumen gemächlich nieder, faltete die Hände über den Knien und starrte nachdenklich in die Ferne. Jörg Gansson und der Weinstein-Duplo schritten an dem kleinen Wald vorbei, und Gansson bog schließlich nach rechts ab, bis er auf den Bachlauf stieß, an dem er seine einsame halbe Stunde zu verbringen pflegte. Der Duplo dagegen ging geradeaus weiter und gelangte schließlich zu einem künstlich aufgeworfenen, mit Buschwerk bewachsenen Hügel.
Ohne zu zögern, stieg er den sanft geneigten Hang hinaus und hielt nicht eher an, bis er den Gipfel erreichte. Dort blieb er stehen und sah sich um. Strugow war beeindruckt. Der Duplo beherrschte Amsel Weinsteins Gewohnheiten bis ins letzte Detail. Er selbst umrundete den Hügel und schritt weiter in die Ebene hinaus. Er war seit jeher ein leidenschaftlicher Fußgänger und liebte es, die halbe Stunde, die er mit sich alleine war, im Spaziergang zu verbringen. Wenn er an eine Stelle kam, die ihm gefiel, blieb er eine Weile stehen, aber danach ging es weiter, meistens im Halbkreis, damit die andern keine Mühe hatten, später mit ihm aufzuschließen.
Er sah eine Gruppe von Tefrodern, insgesamt acht Mann, die ein paar hundert Meter vor ihm hergingen und offensichtlich in eine erregte Unterhaltung vertieft waren. Er musterte sie scharf und entschied, daß sich der ‚Adams-Duplo‘ nicht unter ihnen befand. Er hielt seitwärts, weil er schneller ging als die Tefroder, um ihnen nicht zu nahe zu kommen. Einen Augenblick dachte er darüber nach ob er die kalt gewordene Zigarre, die er vorhin achtlos in die Tasche geschoben hatte, hervorholen und anzünden solle, entschied sich aber dagegen, weil es ein Frevel schien, die wundervoll frische Luft zu verpesten.
Unter solchen Gedanken kam er schließlich an den Bach, an dem zweihundert Meter weiter oben Jörg Gansson saß. Der kleine Wasserlauf hatte sich im Laufe der Zelt beachtlich tief in den locker aufgeschütteten Boden eingefressen und
Weitere Kostenlose Bücher