Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0283 - Im Banne der grauen Schatten

0283 - Im Banne der grauen Schatten

Titel: 0283 - Im Banne der grauen Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Im Banne der grauen Schatten
Vom Netzwerk:
Marchees Tochter ans Licht gebracht hatte, nämlich dass sie offenbar sehr enge Beziehungen zu einem verrückten Maler in Greenwich Village unterhielt. Mortons Rechnung hatte auf siebzig Dollar gelautet. Dass ausgerechnet Marchees freiwillig auf hundert erhöht hatte, entsprach so etwa einem Wunder.
    Hundert Dollar! Die Banken hatten zwar bereits geschlossen, aber Marchees war im Viertel so bekannt, dass jeder Geschäftsmann Morton einen von Marchees unterschriebenen Scheck in Bargeld Umtauschen würde. Marchees war für viel größere Beträge gut.
    Roger Morton begann zu pfeifen, wenn er nicht gerade an dem heißen Kaffee nippte. Das Leben zeigte sich endlich wieder einmal von der angenehmen Seite. Von hundert Dollar konnte er die Hemden aus der Wäscherei holen, Lebensmittel für ein paar Tage auf Vorrat kaufen, zwei von drei rückständigen Wochen Miete bezahlen und behielt noch einiges in der Tasche.
    Morton ging zum Telefon. Obgleich er mitunter tagelang nicht wusste, woher er das Geld für eine Schachtel Zigaretten oder eine Mahlzeit nehmen sollte, konnte er doch nicht auf das Telefon verzichten. In seinem Beruf war er völlig erledigt, wenn er nicht mehr im Telefonbuch stand.
    Er wählte einen Anschluss, den er auswendig kannte.
    »Beck Bier Import«, sagte eine weibliche Stimme. »Guten Tag.«
    »Hallo, Liebling«, grinste Morton.
    Die weibliche Stimme war zunächst mit einem tiefen Luftholen beschäftigt. Morton ahnte, welche Folgen dieser tiefe Atemzug haben könnte, und kam dem drohenden Ereignis zuvor.
    »Liebling, ich weiß, dass ich dich gestern Abend abholen wollte und nicht kam. Bevor du anfängst, einem schwer geplagten Privatdetektiv Vorhaltungen zu machen, solltest du ihm eine Chance geben, dir seine Gründe zu nennen.«
    »Gründe!«, maulte Joan Vialett. »Wenn du jetzt schon Gründe hast, mich sitzen zu lassen, wie soll das erst später werden?«
    »Liebling, ich hatte einen Auftrag, der mich seit gestern Abend sieben auf den Beinen gehalten hat bis heute früh gegen elf. Als ich nach Hause kam, wollte ich dich gleich anrufen, aber ich war so müde, dass ich beinahe im Stehen einschlief.«
    »Du hattest einen Auftrag, Roger?«, rief Joan hoffnungsvoll. »Einen richtigen Auftrag?«
    »Ja«, erwiderte Morton nicht ohne Stolz. »Und wenn ich nur ein bisschen Glück habe, wird dieser Auftrag eine Kette weiterer nach sich ziehen. Aber bevor ich das vergesse: Du weißt ja, dass ich letztens der Tochter vom alten Marchees ein bisschen nachschnüffeln musste.«
    »Ja, natürlich. Du hast mir den jungen Maler beschrieben, in den sie verliebt ist. Der Kerl mit dem rotblonden Vollbart und den geflickten Hosen.«
    »Richtig. Der alte Marchees hat mir einen Scheck über hundert Dollar geschickt. Ich lade dich zum Abendessen ein. Das Ereignis muss gefeiert werden.«
    »Du bist doch ein leichtsinniger Kerl!«, tadelte Joan Vialett. »Kaum hast du ein paar Cents in den Fingern, möchtest du auch schon auftreten wie Aga Khan.«
    »Ich fürchte, bei dem gibt es nichts mehr aufzutreten, Schatz. Er ist nämlich tot.«
    »Das ändert nichts an deinem Leichtsinn. Holst du mich um sieben von zu Hause ab, ja?«
    »Selbstverständlich, Liebling.«
    »Und jetzt erzähl mir mal über diesen neuen Auftrag. Du weißt, dass Frauen neugierig sind.«
    »Er kam ganz überraschend. Gestern Nachmittag rief er mich an - hör mal, mir fällt ein: Zieh das Blaue an, ja? Es sieht so nach Fifth Avenue aus.«
    »Überlass es bitte mir, was ich anziehe, wenn ich mit einem Luftikus ausgehe. Und schweife nicht dauernd vom Thema ab. Sagtest du nicht, dass Marchees dir einen Scheck geschickt hat?«
    »Ja. Über hundert Dollar.«
    »Jetzt ist es schon nach vier. Du wirst den Scheck heute nicht mehr einlösen können, du neunmalkluger Detektiv. Wovon wollen wir also ausgehen?«
    »Ich tausche ihn unten bei Snackdorn im Lebensmittelladen um. Ein Scheck mit der Unterschrift von Marchees wird überall angenommen. Übrigens hat mir der alte Knabe auch einen Brief dabei geschrieben. Aber ich habe ihn noch nicht gelesen. Als ich den Scheck sah, fiel mir sofort die ungarische Weinstube ein und dein Blaues und die Zigeunerkapelle und…«
    »Du bist ein unverbesserlicher Windhund! Um halb fünf kommt mein Boss zurück ins Geschäft. Bis dahin müssen wir fertig sein. Also komm endlich zur Sache! Du wolltest mir etwas über deinen neuen Auftrag erzählen!«
    »Richtig! Rate, von wem er stammt!«
    »Ach, Roger, woher soll ich das wissen. New York hat

Weitere Kostenlose Bücher