0283 - Xorrons Totenheer
ihn der Anblick dieser Gestalten am meisten getroffen. Jedenfalls begann er zu reagieren, und er schüttelte sich, als hätte jemand Wasser über ihn gegossen. Sein Gesicht verzerrte sich.
Er schaute Marc und Sven nacheinander an.
Die beiden reagierten nicht auf seine Blicke.
»Ich tue es!« flüsterte er. »Verdammt, ich kann nicht mehr hier stehenbleiben. Ich…«
»Nein, Michael!«
Ullrich hatte die Worte vernommen. Er ahnte, daß es ein Fehler war, jetzt die Initiative zu ergreifen, aber Michael war nicht zu belehren.
Bevor seine Freunde ihn noch zurückhalten konnten, warf er sich nach hinten, drehte sich gleichzeitig und jagte weg von dem Ort des Grauens.
Er wollte fliehen, dem Schrecken entkommen, doch Shimada, ganz Herr der Lage, hatte noch keinen Befehl gegeben.
Wer nicht für ihn war, der stand gegen ihn und hatte mit einer Strafe zu rechnen.
Shimada drehte den Kopf.
Aus dem Mund, unter dem Tuch verborgen, drang ein fauchender Laut, der genau den erreichte, für den er bestimmt war.
Es war das glatzköpfige Monstrum mit den Dolchen.
Zum ersten Mal erlebten die anderen acht dieses Wesen in Aktion. Und sie sahen, wie schnell die tödlichen Ninjas reagieren konnten. Die gefährlichen Dolche schienen diesem Wesen in die Hände zu springen.
Es war kaum eine Bewegung bei ihm festzustellen, und dann schleuderte er die Waffen.
»Michael!« Ein gellender Warnruf drang aus Haukes Kehle. Er erreichte den Fliehenden auch, nur dachte der nicht daran, seinen Lauf zu stoppen.
Das besorgten andere.
Die Dolche!
Sie waren schnell und schienen in der Luft noch an Geschwindigkeit zu gewinnen, wobei sie mit tödlicher Sicherheit das Ziel fanden.
Den Körper des Jungen!
Sogar die Aufschläge waren von seinen Freunden zu vernehmen.
Michael bäumte sich auf. Er hob ein wenig vom Boden ab, bevor er in den Knien einknickte, noch drei, vier torkelnde Schritte lief, bevor ihn die Kraft verlies und er zu Boden schlug.
Michael fiel auf den Bauch.
Er schlug sehr schwer auf und prallte mit der Stirn noch gegen einen Baumstamm.
So blieb er liegen.
Als Toter…
Der Glatzkopf aber ging zu ihm. Der Buckel stach aus seinem Körper hervor. In seiner Gangart erinnerte er ein wenig an den Glöckner von Notre Dame, erreichte den Toten, zog die Waffen wieder hervor, reinigte sie und steckte sie weg.
Daß er einen jungen Menschen umgebracht hatte, machte ihm nichts aus. Als Untoter kannte er keine Gefühle.
Langsam kam er zurück.
Shimada hatte sich gedreht und richtete seine gnadenlosen Augen auf die acht jungen Menschen.
Gefühl leuchtete nicht in ihnen. Er schaute sie mit Eiseskälte an, und die Freunde aus Deutschland waren nicht in der Lage, überhaupt etwas zu unternehmen. Sie konnten nicht einmal den Blicken dieses Monstrums standhalten, sondern senkten die Köpfe.
Marc weinte lautlos. Aus seinen Augen liefen Tränen, die an den Wangen entlang in Richtung Kinn und Hals rannen.
»Er hätte nicht weglaufen sollen«, erklärte Shimada. »Es war sein Fehler. Hier kann nur derjenige gehen, dem ich es erlaube. Ansonsten gehört ihr mir!«
Klare Worte, die auch von den Jungen verstanden worden waren. Und jeder wußte, daß er ohne Shimadas Willen nichts mehr unternehmen konnte. Sie waren in die tödliche Mühle hineingeraten, einen Ausweg konnten sie aus eigener Kraft nicht mehr finden.
In jedem von ihnen tobte eine Hölle aus Gefühlen. Vielleicht in Ullrich eine etwas stärkere, denn er faßte sich ein Herz, schaute Shimada an und schrie: »Warum? Aus welchem Grund hast du das getan, du verfluchter Dämon?« Es waren harte Worte, doch Ullrich war es in diesen Augenblicken egal, ob er sich in Lebensgefahr begab oder nicht.
Er wollte eine Antwort haben und bekam sie auch.
Shimada hob seine Hand. Aus dem Ärmel der Jacke schaute ein düster wirkender Finger, und die Spitze wies genau auf Ullrich. »Ich habe auf diesem Friedhof zu sagen, denn er ist für uns der Startplatz in andere Zeiten und Dimensionen. Ich bin mächtig, aber ich habe auch große Gegner, die es zu besiegen gilt. Fast wäre es mir gelungen, Xorron zu töten, doch eine andere griff ein und verhinderte dies. So etwas soll nicht mehr vorkommen. Deshalb habe ich eine noch stärkere Waffe geholt, den Fächer der Sonnengöttin Amaterasu. Und mit seiner Hilfe werde ich Xorron aus den anderen Dimensionen hervorlocken. Der Fächer gegen die Kraft der Pandora. Wer gewinnt, bekommt alles, denn er ist der große Sieger. So soll und so wird es laufen. Bevor ich
Weitere Kostenlose Bücher