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0284 - Der Henker und sein Millionär

0284 - Der Henker und sein Millionär

Titel: 0284 - Der Henker und sein Millionär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Henker und sein Millionär
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schließlich an alles gedacht. Er hätte sogar an einen gewissen Vernon Odoni schreiben können. Der Brief wäre prompt als unzustellbar zurückgekommen. Die Post, die der Häftling in Zelle 311 bekam, wurde dem strengen Reglement nach überprüft.
    »Du bist doch schon am 25. März entlassen worden«, stellte Hugo fest.
    »Der 26. März wäre ein Sonntag gewesen, Hugo«, antwortete ich. »Deshalb hat man mich einen Tag früher rausgelassen. Aber deine Fragerei fällt mir langsam auf den Wecker. Ich bin bestimmt schon misstrauisch, und das muss man heute sein, aber bei dir ist das schon krankhaft. Wir werden nie auf einer gesunden Grundlage Zusammenarbeiten können, wenn das so weitergeht.«
    »Schon gut«, knurrte er und gab mir die Brieftasche zurück. »Hakennase kann dich zur Batavia Street fahren. Da ist ein Hotel, das für deine derzeitigen Ansprüche gerade richtig ist. Aldo Marley ist ein alter Freund von mir. Zu gegebener Zeit bekommst du dann von uns Bescheid.«
    »Wie ist es denn, wenn ich mal einen Rat brauche? Seid ihr immer hier zu treffen?«
    »Rex hat die Kellerräume der alten Papierfabrik damals gemietet, Odoni. Wir haben hier unser-Versteck. Doch es wäre mir lieb, wenn du hier nur auftauschen würdest, wenn es sich absolut nicht verhindern lässt. Neuzugänge werden von den Cops immer genau unter die Lupe genommen. Wir können aber Wachhunde nicht gebrauchen, sonst wird unsere ganze Aktion gefährdet.«
    »Muss ja eine tolle Sache sein, die ihr da im Auge habt«, meinte ich.
    »Vielleicht weihen wir dich in Kürze wirklich ein. Bis dahin musst du dich eben gedulden.«
    »Okay. Wann sollen wir aufbrechen?«
    »Sofort.«
    Hakennase ging schon zur Treppe. Ich folgte ihm und drehte mich noch einmal um.
    »So long, Buddys!«
    Dann stiegen wir zum Hof hoch. Hakennase ging auf seinen De Soto zu, den ich schon beim Betreten des Hofes gesehen hatte. Ich setzte mich zu ihm. Der Motor brummte leise auf. Schaukelnd fuhren wir über das Kopfsteinpflaster zur Straße.
    »Feine Kiste«, brummte ich, »Bin schon lange auf einen Schlitten scharf. Vielleicht klappt es eines Tages doch noch mal.«
    Hakennase gab mir keine Antwort. Ich musterte ihn verstohlen von der Seite. Für mich stand nun fest, dass Peter Anderton sich nicht getäuscht hatte. Candy Hockley war einer der beiden Männer, die den Körper John Castors an einen bestimmten Ort bringen sollten. Der Diebstahl des Pontiac musste ihnen einen gehörigen Schock versetzt haben. Seinen Besitzer hatten wir bisher noch nicht ermitteln können. Ich war jedoch sicher, dass auch die Grinding-Boys den Wagen nur geklaut hatten. Die präparierten Nummernschilder hatten sie dann rasch ausgewechselt. Ich musste an die Worte von Boston-Joe denken, dass ihre derzeitige Beschäftigung eine reine Transportarbeit war. Ich konnte mir gut vorstellen, wie alles vor sich ging. Hugo Wolitzer und seine Mannen hatten die Aufgabe, die Körper der Ermordeten zu den späteren Fundstellen zu schaffen. Unklar war noch, ob sie auch die Holzkästen zu den Friedhöfen brachten. Wenn ja, dann waren sie eine Mordgang. Zumindest die Morde an den beiden Wächtern Christopher Bowling und Stephen Harlec gingen dann auf ihr Konto.
    Ich wunderte mich, dass Hockley einen Umweg machte. Er fuhr nämlich bis zum Chatham Square. Als wir es erreichten, sagte er plötzlich: »Sieh da! Die neue Kneipe in der Oliver Street hat schon eröffnet.« Sein raffinierter Trick hätte beinahe gezogen, aber nur beinahe. Im ersten Moment wollte ich den Kopf drehen, dann fiel mir schlagartig ein, dass ich ja fremd war in der Stadt. Hakennase war clever. Vom Chatham Square gehen so viele Straßen ab, dass ich mich sofort verraten hätte, wenn ich in die richtige Richtung geblickt hätte. So sah ich ihn nur an.
    »Bekommt man bei diesem Marley wenigstens einen anständigen Schluck?«
    Er zog den De Soto in die Catherine Street. »Besaufe dich nicht direkt am ersten Tag, Vernon«, sagte er grinsend.
    »Marley hat Whisky in allen Preislagen. Ich gebe dir nachher einen aus.«
    »Komisch«, meinte ich nachdenklich. »Erst bist du stumm wie ein Fisch und dann willst du plötzlich einen ausgeben. Ihr seid hier ein paar sonderbare Burschen.«
    »Du hast eben die letzte Prüfung bestanden, Vernon. Jetzt weiß ich, dass du okay bist. Hoffentlich bleibst du es auch.«
    »Ich verstehe kein Wort. Was für eine Prüfung?«
    »Vergiss es,Vernon!«
    Er bog in die Oak Street ein. Drei Minuten später hielten wir in der Batavia Street.

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