0284 - Der Henker und sein Millionär
anderen Männern ins Gespräch. Einer davon war Thomas Sherwood, ein ehemaliger Fassadenkletterer und Hoteldieb, der sich nur noch von Taschendiebstählen ernährte. Für seine frühere Branche waren die Knochen nicht mehr beweglich genug, denn Thomas ging langsam auf die Sechzig zu. Aber er hielt sein Ohr an den Puls der Unterwelt. Offiziell galt er natürlich nicht als Verbindungsmann des FBI, aber Phil und ich hatten manches Glas mit ihm zusammen geleert. Daher konnten wir seine Hilfe auch jederzeit in Anspruch nehmen.
Natürlich hatte Thomas mich sofort erkannt. Darum hatte ich auch so viel von Syracuse erzählt. Nun wusste er wenigstens schon, dass ich als »Fremder« durch die Stadt marschierte. Sein Tischnachbar verabschiedete sich nach einer gewissen Zeit. Kurz darauf ging Terry Spiller zur Toilette.
»Was liegt an?«, fragte Sherwood.
»Ich muss Phil anrufen,Thomas. Der Knilch, der mit mir gekommen ist, darf es jedoch nicht merken. Verwickele ihn in ein Gespräch.«
»Okay, G-man. Sonst noch was?«
»Sagt dir der Name Jacob Slide etwas?«
»Hm, der hat früher Liebespaare überfallen. Später, als die Boys geschlossen in den Knast marschierten, wurde es still um ihn. Das war vor ungefähr sechs Jahren. Die Boys sammelten sich nach der Verbüßung ihrer Strafe wieder und spezialisierten sich auf Villen-Einbrüche. Meistens operierten sie in Sugar Hills. Die schwarzen Millionäre machten nie viel Theater darum. Seit ein paar Wochen ist es ruhig um Jacob geworden. Entweder hat er sich zur Ruhe gesetzt, oder aber er hat ein ganz dickes Ding im Auge.«
»Wo ist sein Versteck?«
»In der Bayard Street, G-man.«
»Weißt du auch, wo die Slide-Boys damals inhaftiert waren?«
»Im Raymond Street Jail in Brooklyn.«
»Still, Thomas. Er kommt zurück.«
Terry Spinnler schlenderte langsam heran. Als er sich hingesetzt hatte, stand ich auf.
»Wo ist die Toilette, Terry?«
»Die Tür da hinten, Vemon. Die Treppe führt nach unten.«
Ich nickte und schob ab. Die Tür führte auf einen Flur. Rechts lag die Treppe zu den Toiletten, und links ging es zur Küche und zum Hof. Ich kannte mich hier gut aus. Zwei Minuten später stand ich auf dem dunklen Hof. Ich ging durch den Hausflur und sah mich erst einmal gründlich um, aber außer Terry Spinnler schien Hugo niemand weiter auf meine Fährte gesetzt zu haben.
Ich betrat die Straße und lief zur chinesischen Schule. Genau vor deren Eingangstor stand eine Telefonzelle. Im Districtgebäude rief ich vergeblich an. Phil hatte an diesem Sonntag frei. Ich versuchte es mit seiner Privatnummer und hatte Glück. Nachdem wir uns rasch ein paar freundliche Begrüßungsworte gesagt hatten, kam ich auf den Kern der Sache zu sprechen.
»Hugo Wolitzer lässt mich beobachten, Phil. Ich weiß daher nicht, ob es mit den Telefonanrufen so klappt, wie wir es uns gedacht hatten. Ich habe daher mit Sherwood Verbindung aufgenommen. Die Nachrichtenzentrale ist also vorerst Jonnys Inn. Es wäre gut, wenn ihr morgen Abend den Schuppen am Shore Boulevard beobachten ließet. Sieht so aus, als wenn es wieder einen Toten geben soll. Wir machen wahrscheinlich morgen Nacht einen Transport.«
»Sollen wir zugreifen, Jerry?«
»Auf die Frage weiß ich noch keine Antwort, Phil. Meiner Meinung nach ist der Schuppen in Queens die Zentralstelle aller Verbrechen. Die Frage ist nur, werden wir einen neuen Mord verhindern können und wenn ja, schnappen wir den unbekannten Auftraggeber dabei?«
»Soll ich Charles Pinner überwachen lassen, Jerry?«
»Das wäre nicht schlecht, Phil. Aber ist das Problem damit wirklich gelöst? Andererseits können wir kein weiteres Menschenleben aufs Spiel setzen, bloß um an den Hintermann heranzukommen. Ich würde also vorschlagen, dass ihr den Schuppen aufs Korn nehmt, um einen weiteren Mord zu verhindern.«
»Okay, Jerry. Wir werden auf der Hut sein. Was gibt es denn sonst noch?«
»Setze dich bitte mit dem Raymond Street Jail in Verbindung, Phil! Vor sechs Jahren etwa saß dort die gesamte Slide-Gang ein. Eines ihrer Mitglieder war Hugo Wolitzer. Was ich wissen möchte, ist, ob zur gleichen Zeit auch Delmer Pinner, dieser missratene College-Lehrer dort gesessen hat. Hugo scheint nämlich seine Beteiligung an den unheimlichen Verbrechen einer dort geschlossenen Bekanntschaft zu verdanken.«
»Es wird eine Menge Arbeit machen, die ganzen Listen durchzugehen, Jerry, aber es könnte sich lohnen. Übrigens habe ich heute am späten Nachmittag einen lebensmüden
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