0286 - Mister X und sein teuflischer Plan
höchstens fünfjähriger Bengel zog eine tote Maus am Bindfaden hinter sich her. Andere Jungen stritten um einen alten Rugbyball, der an vielen Stellen geplatzt war und seine Innereien sehen ließ. Ein kleines Mädchen stand in der Tür, hielt eine schäbige Puppe im Arm und starrte uns aus großen Kinderaugen entgegen. Ich fragte sie, ob hier ein Mr. Hollister wohne. Sie nickte lebhaft und sagte mit dünnem Stimmchen: »Im 4. Stock. Am Ende des Flurs. Nr. 44.«
Ich schenkte dem Kind einen halben Dollar, worauf es seine Puppe auf der Haustürschwelle absetzte und mit dem Geld in der Hand wie ein Wiesel die Straße hinuntersauste. Nicht weit entfernt lag ein Drugstore, der auf einem großen Schild Ice Cream anpries.
Wir betraten die kleine, schmutzstarrende Vorhalle des Mietshauses, sahen uns vergeblich nach einem Lift um und wollten gerade zur Treppe, als sich im Hintergrund eine Tür öffnete und ein kleiner Kerl erschien, dessen Gesicht verschrumpelt wie das einer Mumie war. Schwarze Knopfaugen blickten durch schmale, zusammengekniffene Lider, Die ganze Erscheinung war in einen fleckigen Overall gekleidet und mindestens 80 Jahre alt.
Er musterte uns mit strengem Blick und öffnete dann den Mund, wobei sich herausstellte, daß er weder echte noch falsche Zähne besaß.
»Wohin wollen Sie?« Seine Stimme war schrill.
»Wir möchten jemand besuchen, der hier im Haus wohnt.«
»Wen?«
»Nun regen Sie sich nicht gleich auf, alter Junge! Aber ich glaube, das ist unsere Angelegenheit. Nicht wahr?«
»Ich bin der Hausmeister und muß wissen, was in meinem Haus vorgeht.«
»Also, gut«, seufzte ich ergeben. »Wir wollen zu Mr. Hollister. Wissen Sie, ob er zu Hause ist?«
»Keine Ahnung«, sagte das Männchen, drehte sich auf dem Absatz herum und verschwand hinter der Tür, die in ein schäbig eingerichtetes Zimmer führte. »Komischer Kauz«, brummte Phil, als wir die Treppen hinaufstiegen.
Der 4. Stock dieses Mietshauses unterschied sich nur dadurch von anderen, daß er noch schmutziger war und noch unappetitlicher roch.
Phil streckte die Nase in die Luft. »Das sind nicht nur grüne Bohnen, die hier stinken!« Er sog den Brodem tief ein. »Irgendwie süßlich…«
»Marihuana?«
»Möglich.«
Der Geruch verstärkte sich, als wir vor dem Apartment 44 standen, das sich durch eine zerkratzte Tür von der Außenwelt abschirmte.
Da es keine Klingel gab, klopfte ich laut und vernehmlich. Zwar meldete sich niemand, aber hinter der Tür ertönte ein Geräusch. Es klang, als werde ein Fenster zugeschlagen.
Ich klopfte noch einmal. Wieder nichts.
»Probier’s mal!« sagte Phil.
Ich drehte den Knauf und stellte fest, daß die Tür nicht verschlossen war.
Wir traten ein und sahen eine liederliche Bude mit einem zerwühlten Bett, einem zerlumpten Teppich, einigen Stühlen, einem Schrank und einem blinden Spiegel in der Ecke. Das einzige Fenster des Raumes wies auf den Hinterhof. Es war geöffnet. Dennoch hingen dicke Wolken von Marihuanaqualm unter der Decke. Es nahm einem fast den Atem.
Ein Windstoß blähte in diesem Augenblick die ausgeblichenen Fenstervorhänge und stieß den rechten Flügel so weit auf, daß er gegen die Wand stieß. Dabei entstand das gleiche Geräusch, das wir gehört hatten, als wir noch auf dem Flur standen.
»Ausgeflogen«, meinte Dan Herrik, trat zum Fenster und blickte hinaus. »Dort unten läuft er.«
Mit einem Satz war ich neben meinem Kollegen, beugte mich über den Fenstersims und sah gerade noch, wie Blyths alias Hollisters vierschrötige Gestalt hinter der Tür eines Schuppens verschwand, der den Hof raum auf der gegenüberliegenden Seite begrenzte.
»Kümmere dich um den Hausmeister, Dan! Nur er kann Blyth gewarnt haben.«
Mit diesen Worten schwang ich mich bereits aus dem Fenster, fühlte die harten, stählernen Stufen der Feuerleiter unter meinen Sohlen und machte mich mit Höchstgeschwindigkeit an den Abstieg.
Es ging ziemlich schnell. Aber mein Trappeln war so laut, daß sich aus den Fenstern aller Stockwerke Gestalten beugten und mir interessiert zusahen. Als ich im Hof anlangte, sah ich, daß Phil ebenfalls aus dem Fenster turnte und mir nachkam.
Bis auf einige Mülltonnen, aus denen Unrat und Abfälle quollen, war der Hof leer. Ich hetzte zu der Schuppentür, die kaum mannshoch war. Ich mußte mich bücken, um hineinzugelangen.
Der Schuppen war mit allerlei Gerümpel gefüllt. Nirgendwo sah ich in dem Halbdunkel eine zweite Tür. Also mußte sich Blyth alias
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