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0288 - Dämonen-Orakel

0288 - Dämonen-Orakel

Titel: 0288 - Dämonen-Orakel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Michael
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Dann begann es, sich zu bewegen. Die Beine vibrierten, die Hufe stampften. Erst langsam, dann immer schneller. Pflastersteine wurden herausgerissen, flogen durch die Luft und zerplatzten an den Wänden der umliegenden Häuser.
    In rasendem Stakkato zerstreuten die Hufe das brennende oder bereits schwelende Holz. Überall hin flogen die Brände. Schon loderten rote Glutscheine aus den Häusern hervor.
    Äneas brach aufstöhnend zusammen.
    »Ich selbst… !« keuchte er. »Ich selbst schleudere das Feuer in meine Vaterstadt. Und alle sind trunken. Niemand vermag zu löschen!«
    »Auf die Mauer, Äneas!« schrie einer der Krieger. »Die Griechen sind fast heran. Schleudern wir ihnen die Brände auf die Helme. Das skäische Tor ist fest. Und sie haben keinen Rammwidder, es aufzubrechen!«
    »Nein, keinen Rammbock… aber das Pferd!« keuchte Äneas. »Da… seht, was es mit dem Tor tut!«
    Das trojanische Pferd hatte seinen wilden Tanz beendet. Die Häuser um den Platz herum standen bereits in hellen Flammen. Langsam schritt die mächtige Kriegsmaschine rückwärts, bis sie eine Mannslänge vor den Torflügeln zum Halten kam. In ihrem Inneren prüfte Odysseus durch seinen Monitor die Entfernung.
    Die Distanz stimmte genau. Seine Hand ergriff einen der Schalthebel und riß ihn ruckartig herab.
    Abrupt keilten die Hinterhufe des trojanischen Pferdes aus und schmetterten mit Titanenkräften gegen das skäische Tor. Ein fürchterliches Krachen und Splittern ließ Äneas und seinen Männern fast das Blut in den Adern gerinnen. Aufschreiend preßte sich Askanius an die erzgepanzerte Brust des Vaters.
    Dann sahen sie, wie die Torflügel des skäischen Tores aus den Angeln geschmettert wurden. Was zehn Jahre dem Ansturm des Feindes standhielt, wurde jetzt zunichte.
    Erst langsam, dann immer schneller, kippten die beiden Torflügel nach vorn ab. Im selben Augenblick zischten Pfeile über die Mauer wie ein tödlicher Schwarm Hornissen. Wer von den Trojanern die Mauer besetzt hielt, wurde getroffen und sank zusammen. Es war ihnen erspart, das grausame Ende von Troja mitzuerleben.
    Donnernd schlugen die aus mächtigen Holzbohlen gezimmerten Torflügel auf dem Erdboden auf. Dahinter erschien wie ein rächender Dämon, mit wehendem Helmbusch, vorgestrecktem Schild und erhobener Lanze Agamemnon, der oberste Feldherr des Griechenheeres. Und dahinter das gesamte Heer der Griechen.
    »Die Götter sind mit uns!« überbrüllte Agamemnon den entstandenen Lärm. »Das Götterpferd streitet für uns. Vorwärts! Tötet jeden männlichen Einwohner der Stadt, der größer ist als euer Schwert. Folgt dem Götterpferd. Heute ist der Tag gekommen, wo das heilige Ilion fallen wird!«
    Von den Schalthebeln, die Odysseus in seinem Inneren bediente, vorwärts getrieben, marschierte das trojanische Pferd langsam durch die Straßen, die hinauf zur Burg führten.
    Heulend und schreiend folgten ihm die Griechen. Sie stürzten in die bereits brennenden Häuser, erschlugen die noch vom Sieges wein benommenen Trojaner und rissen die Frauen an den Haaren aus den Häusern. Schmähliche Sklaverei sollte ihr Los werden. Überall hallte Wehgeheul und Schreie der Erschlagenen zu Himmel. Doch die Krieger von Achäa kannten keine Gnade.
    Nur dort, wo Äneas schnell seine kleine Schar ordnete, bildete sich für eine kurze Weile so etwas wie Widerstand. Andere Trojaner, die sich mit Messern, Bratspießen und anderen Küchengeräten wehrten, schlossen sich ihnen an. Die siegestrunkenen Griechen wurden für einen Moment aufgehalten.
    »Widerstand ist sinnlos, Äneas!« raunte Polios. »Es ist uns gelungen, noch einige Frauen und Kinder aus den Häusern zu zerren. Wenn wir weiter kämpfen, werden wir zwar sterben - sie jedoch fallen in die Hände des Feindes. Willst du Leben retten oder vernichten, Äneas?«
    »Laß uns fliehen, Vater!« bat auch Askanius, der an seiner Seite wie ein ergrauter Krieger gekämpft hatte. »Denk an die Worte Zamorras. Denk an die Stadt. An Rom. Aus der Asche Trojas soll sie entstehen - die ewige Stadt!«
    »Da rücken bereits Diomedes und Ajax, der Fürst von Lokris an!« wies Polios auf die wohlbekannten Standarten der beiden Griechenfürsten. »Wir können ihnen nicht widerstehen!«
    »Flucht!« stieß Äneas brüchig hervor. »Durch die geheime Ausfallpforte. Rasch, bevor sie gesperrt ist…!«
    Während das trojanische Pferd zur Königsburg hinauf stampfte, entkamen die Trojaner, die Äneas nach vielen Irrfahrten in eine neue Heimat

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