0288 - Dämonen-Orakel
dem Kristall zu. Die scharfen Facetten des Steins sollten Professor Zamorra kampfunfähig machen.
Der Meister des Übersinnlichen ahnte die Gefahr. Geistesgegenwärtig riß er das Amulett hoch. Kreischend prallte Merlins Stern mit dem Dhyarra-Kristall zusammen.
Professor Zamorra spürte, wie eine Schockwelle durch seinen Körper raste. Von den magischen Entladungen des Macht-Kristalls wurde er mehr als fünf Meter weit zurückgeschleudert. Mit schmerzverzerrtem Gesicht blieb er liegen.
Das Amulett pulsierte in grünlichem Leuchten. Doch nicht einmal der sonst übliche Schutzschirm aus unsichtbaren Energien bildete sich um den Parapsychologen. Aurelian sprang hinzu. Sein Brustschild glitzerte wie das Wasser eines klaren Bergsees. Doch Aurelian spürte keine magischen Kräfte in seiner stärksten Waffe. Der Spiegel von Saro-esh-dhyn war gegen die Macht der Totengöttin nutzlos. Aber der Zusammenprall der beiden magischen Superwaffen war auch nicht auf die Gestalt der Kassandra ohne Wirkung geblieben. Das Weib war an die Hekate-Statue zurückgeschleudert worden und rang schwer nach Atem.
Aurelian zog den Balmung und stellte sich breitbeinig über den am Boden liegenden Freund. Wenn die magischen Künste nichts ausrichteten, war dies immer noch die beste Möglichkeit der Verteidigung.
Kassandra dachte nicht an einen Angriff. Sie schien benommen zu sein. Aurelian brachte es nicht über sich, die Gegnerin in diesem Zustand anzugreifen.
Er ahnte nicht, daß sich die unheimlichen Kräfte der Hekate während dieser Kampfpause splitterten. Ein Teil ihrer Kräfte floß in die Statue, ohne daß Aurelian davon etwas spürte. Doch der größte Teil blieb in Kassandra zurück.
Weder Professor Zamorra, der sich nach Atem ringend erhob, noch Aurelian spürten, in welche Falle Hekate sie locken wollte. Die Totengöttin hatte die Kraft von Merlins Stern gespürt und wußte, daß sie ohne die Macht des Kristalls hinweggefegt worden wäre. Auch Aurelians Brustschild war ihr wohlbekannt. Einem konzentrierten Einsatz dieser beiden magischen Superwaffen konnte kein Wesen aus der Straße der Götter widerstehen. Auch wenn Zeus selbst ihr seine Kräfte leihen würde.
Hekate mußte eine List anwenden -auch wenn ihr dabei ein Teil ihrer Kraft verlorenging. Waren die Feinde vernichtet, dann konnte die Kraft aus der Statue zurück in den Körper der Kassandra fließen.
Professor Zamorra und Aurelian erkannten, daß der Wahnsinn langsam aus Kassandras Miene wich. Der haßverzerrte Gesichtsausdruck zerfloß. Die Königstochter konnte nicht gerade schön genannt werden; jedoch zeigte ihr Gesicht makellose, frauliche Strenge. In den grauen Augen lag ein Schimmer des Vergeistigten.
»Vorbei. Der gräßliche Druck ist von mir gewichen!« stammelten die Lippen der Kassandra. »Was war los mit mir? Habe ich geschlafen oder hat ein finsterer Zauber mein Gemüt in seinen Schlingen gehalten?«
»Ein Dämonenwesen hatte dich in seinen Klauen, Tochter des Priamos!« sagte Professor Zamorra. Er war erstaunt, die Wirkung des Amuletts erst jetzt zu verspüren. »Doch der Dämon ist vernichtet. Du bist frei und kannst gehen!«
»Ich… kann… gehen!« widerholte Kassandra. Sie stieß sich von der Hekate-Statue ab und schlurfte langsam dem Ausgang entgegen.
»Der Kristall!« rief Aurelian hinter ihr her. »Er enthält das Böse, das dich bedrückte. Gib uns den Kristall, und nie wieder werden Dämonen wesen über dich Gewalt bekommen. Nie wieder…!«
»Der Kristall!« stammelte Kassandra. »Hier ist er. Nehmt ihn!«
Während sie nur noch wenige Schritte vom Ausgang des Tempels entfernt war, hielt die Frau Aurelian den Kristall entgegen. Langsam schritt der Hochmeister von den »Vätern der Reinen Gewalt« auf sie zu. Das Funkeln des Kristalls zog seine ganze Konzentration an. Er dachte daran, daß die Magie seines Brustschildes nicht dafür geschaffen war, die Kraft des Dhyarras zu bändigen.
Doch er mußte versuchen, den Kristall an sich zu bringen. Zamorra stand noch voll unter der Wirkung der Konjunktion zwischen Amulett und Kristall.
Sein Gesicht war aschfahl. Er schwankte wie ein Boxer, der sich bei »Acht« wieder erhebt und sein Atem ging rasselnd. Aurelian wußte, daß Zamorra derzeit weder körperlich noch geistig einen Kampf führen konnte.
»Bleib stehen und gib mir den Kristall!« sagte Aurelian noch einmal scharf. Er sah, daß Kassandras Schritte schneller wurden, während durch die Ausstrahlung des Kristalls eine Lähmung durch
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