0288 - Dämonen-Orakel
dich auslöschen! Denke daran, Kassandra. Denke immer daran!«
Im nächsten Augenblick spürte die Tochter des Priamos eine Leere in ihrem Inneren. Die Totengöttin war von ihr gegangen.
Doch der Auftrag blieb bestehen. Und nicht nur der Auftrag.
Kassandra spürte, daß sich das Verlangen nach der Herrschaft selbst in ihr regte. Vielleicht konnte sie den Kristall selbst beherrschen. Dann gelang es ihr, sich gegen Hekate zu stellen, wenn sie zurückkam. Der Weg, den ihr die Herrin des Todes gewiesen hatte - vielleicht konnte sie, Kassandra, ihn gehen.
Mit der Kraft der Hekate, die in ihr schlummerte, fühlte sie sich stark genug. Zeus herauszufordern.
Ihre Hände umklammerten den Macht-Kristall.
»Laß uns gehen, Ajax!« sagte sie leise. »Wir haben einen weiten Weg vor uns…!«
***
Das Gebilde entstand aus dem Nichts. Wie grauschwarzer Rauch brach es aus dem Boden hervor. Doch dann waren die durchscheinenden Konturen der Alptraumgestalt zu erkennen.
Hekate erschien und sperrte Zamorra und Aurelian den Weg.
Die Horde Griechen, die gerade Beutestücke aus einem Teil des Palastes wegschleppten, vergingen in der Substanz der Totengöttin, als sie genau über ihnen erschien.
»Ihr seid stärker, als ich annehmen konnte!« zischte es aus dem Mund der Erscheinung. Die drei Gesichter unter dem verhüllenden Tuch schienen grünes Feuer zu versprühen. Die Fackel lohte in orangerotem Feuer. Von den Giftzähnen der Schlange floß ein kristallklares, tödliches Sekret.
»Wir haben den Teil von dir, der sich gegen uns stellte, vernichtet!« sägte Professor Zamorra. »Sollte dir das etwa entgangen sein?«
»Es war nur ein kleiner Teil der Stärke, die in mir wohnt!« sagte die Totengöttin mit tönender Stimme. »Es bereitete mir Schmerz, als ihr die Statue zerstörtet. Ich schätze Gegner, die sich zu helfen wissen. Daher will ich euch eine Chance geben, auf den Kampf zu verzichten!«
»Sie ist sich ihrer Sache nicht sicher!« flüsterte Aurelian. »Das Geschöpf ist von Grund auf böse. Wäre sie ihres Sieges sicher, hätte sie uns bereits vernichtet. Sie versucht, uns hinzuhalten, um Zeit zu gewinnen. Sie will unsere Kampftaktik kennenlernen. Das darf sie nicht!«
»Was schlägst du vor?« fragte Professor Zamorra, während Hekate einige fürchterliche Drohungen aussprach.
»Angriff!« flüsterte Aurelian. »Wir müssen Amulett und Brustschild wieder konzentrieren! Gib mir das Amulett. Aber behalte Körperkontakt mit mir, um notfalls geschützt zu werden!«
»Wenn ihr euch mit mir jedoch verbündet«, flossen die Worte aus dem Mund der Totengöttin, »dann werde ich euch in Reichtum schwimmen lassen. Grenzenlos wird eure Macht und…!«
Sie vollendete den Satz nicht. Aus einer Handdrehung schleuderte sie die Fackel aus ihrer Hand.
Pater Aurelian schrie ein Wort, das Zamorra noch nie gehört hatte. Im selben Moment erschien es ihnen, als würden sie von einer Eiswelt umgeben. Der Brustschild Aurelians hatte eine schützende Energie um sie gehüllt.
Nur daß es sich nicht, wie bei Zamorras Amulett, um reine Energie handelte, sondern um feste Stoffe. Sie wurden von Feuer und übergroßer Hitze angegriffen; also entstand aus dem Spiegel von Saro-esh-dhyn der genaue Gegenpol von Feuer und Hitze.
Um sie herum befand sich eine durchsichtige Schicht aus Eis. Flammen aus der Fackel leckten am Rand der Eisschicht. Doch der Zauber der Hekate war nicht stark genug. Zwar erlosch die Flamme nicht - doch es gelang ihr auch nicht, den Eismantel zu schmelzen, der die beiden Kämpfer des Guten umhüllte.
Doch Zamorra und Aurelian standen einer Gefahr gegenüber, die ebenso zum Tode führen konnte wie der Angriff Hekates. Denn der Eismantel war echt. Und die Bekleidung der beiden Freunde war sehr leicht. Sie spürten sofort, wie ihnen die Eiseskälte durch die Glieder kroch.
Es konnte nicht lange dauern, und sie waren dem Tod durch Erfrieren ausgesetzt. Schon begann, die Oberfläche ihrer Haut weiß zu werden.
»Aurelian, zieh den Zauber zurück!« krächzte Professor Zamorra.
»Dann verbrennt uns ihr Feuer!« antwortete der Freund. »Wir müssen die Flamme von außen bekämpfen. Doch ein magisches Feuer kann man nicht mit normalem Wasser löschen. Sonst hätte ich selbst schon Wolken herbeigerufen und einen Regen herabprasseln lassen. Wir brauchen eine flüssige Substanz!«
»Das Gift! Das Gift der Schlange!« hatte der Meister des Übersinnlichen einen Einfall. »Ich habe die weißmagische Formel für die Umwandlung
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