0289 - In der Hölle verschollen
auch nicht.« Kaum hatte Shao gesprochen, als sie anfing zu weinen. Und selbst Suko wußte nicht, mit welchen Worten er seine Freundin trösten sollte. Jeder Satz kam ihm vor wie leeres Geschwätz.
***
Ich rief ihre Namen!
Keine Antwort!
Ich legte einen beschwörenden Klang in meine Stimme und bekam auch keine Reaktion.
Mein Gott, sie mußten mich doch spüren!
Vielleicht war ich der einzige Mensch auf der Welt, dem es gelang, sich unsichtbar zu machen, mal abgesehen von einem CIA-Agenten namens Mark Baxter. Dennoch war ich nicht glücklich. Ich befand mich zwischen meinen Freunden, faßte sie an und doch hindurch. Sie bemerkten mich einfach nicht.
Bis auf die Wölfin!
Das Tier hatte mit seinen sehr ausgeprägten Sinnen genau gespürt, daß etwas nicht stimmte, und sie reagierte dementsprechend unruhig. Nadine lief auf und ab, heulte klagend. Auch ich hörte die Laute, und sie drangen mir »unter die Haut«.
Nadine wollte sich mitteilen, weder Shao noch Suko verstanden sie. Was konnte man da tun?
Ich hätte gern gerufen, auch geschrieben, etwas in die Hand genommen und zu Boden geschleudert, es blieb alles beim Vorsatz.
Wo ich auch hingriff, ich faßte ins Leere. Meine Finger fuhren durch die Gegenstände, als wären sie überhaupt nicht vorhanden.
Ich spürte Shaos Sorge und sah Sukos Ratlosigkeit. Mein Freund lief aus dem Haus, um draußen nachzuschauen, auch da würde er mich nicht sehen. So war seine Hoffnung vergebens.
Eine Weile blieb ich noch. Vielleicht gab es trotz allem eine Chance für mich, den anderen Bescheid zu geben, das gelang mir nicht, so daß mir nichts anderes übrigblieb, als wieder zurück in die absolute Schwärze des Nichts zu springen.
Es war nur ein Gedankenblitz, dann hatte mich das Weltall oder die Magie verschluckt.
Den Kelch hielt ich noch immer fest, schaute hinein und sah auch wieder Taniths Gesicht.
»Zufrieden, John?«
»Ja und nein.«
»Wieso?«
»Ich kann sicherlich mehr, als andere Menschen jemals können werden, aber meine Freunde sehen mich nicht. Ich bin feinstofflich, und ich selbst fühle mich auch nicht wohl.«
»Das kann ich verstehen, John. Du hast im Augenblick die gleichen Probleme wie wir Geister!«
Meine Güte, wie sich das anhörte. Die gleichen Probleme wie die Geister. Das war unwahrscheinlich, kaum zu glauben, doch ich mußte mich daran gewöhnen.
Ich war ein Mensch und gleichzeitig ein Geist! Das mußte ich erst einmal verkraften.
»Ich weiß, daß es für dich nicht leicht ist«, vernahm ich Taniths Stimme. »Es war auch gut so, daß du zunächst die beiden Probesprünge hinter dich gebracht hast, nun aber solltest du dich auf dein eigentliches Ziel konzentrieren.«
»Auf die Hölle?« fragte ich.
»Ja und nein. Du mußt dorthin, wo die Kugel zu finden ist.«
»Das ist doch die Hölle?« Ich blieb hartnäckig.
»Fast«, erklärte mir Tanith. »Nur stell dir alles nicht so einfach vor. Du kannst nicht hingehen und die Kugel einfach an dich nehmen. Der Vorhof der Hölle ist nicht die Erde. Die Kugel wird bewacht von einem Monstrum, wie es nur einmal vorkommt.«
»Was ist es?«
»Ich möchte es dir nicht sagen, denn auch ich habe es noch nicht genau herausgefunden. Mir sind ebenfalls Grenzen gesetzt, und sorge stets dafür, daß die Verbindung zwischen Kreuz und dem Kelch nicht abreißt. Sollte dir dies geschehen, bist du auf eine gewisse Art und Weise wehrlos.«
»Ja, das habe ich mir gedacht.«
»Dann darf ich dir jetzt viel Glück wünschen, John. Enttäusche die anderen nicht. Ihr Schicksal liegt in deiner Hand, so schwer dies auch ist.« Das Gesicht verschwand aus dem Kelch. Ich schaute wieder auf den normalen goldenen Boden.
Kugel und Kelch gehörten zusammen. Ich würde versuchen, die Kugel zu holen und gleichzeitig auch die Conollys zu befreien.
War es Wahnsinn?
Möglich, aber mir blieb einfach keine andere Wahl.
Dann wagte ich den Sprung!
***
Der Teufel hatte wieder einmal gesiegt. Bills Hoffnung war innerhalb von Sekunden zusammengesackt, denn seine Frau Sheila hatte den Satan mit Meister angeredet.
Sie wollte ihm gehorchen!
Der Reporter holte tief Luft. Er benötigte eine Weile, um diese Tatsache zu verkraften. Er wagte es deshalb nicht, den Kopf zu heben und Sheila anzusehen.
Zu groß wäre die Enttäuschung gewesen.
Und doch tat er es. Langsam hob er den Kopf. Sheila stand vor ihm. Die Blicke der beiden trafen sich, und der Reporter erkannte in den Augen seiner Frau nicht einen Funken an menschlichem
Weitere Kostenlose Bücher