0289 - In der Hölle verschollen
Hatte es überhaupt einen Sinn?
Das Blutmonstrum erhob sich. Zwei träge wirkende Flügelschläge brachten es in die Höhe. Bill verfolgte das fliegende Ungeheuer mit seinen Blicken, sah es über seinem Kopf und hatte für einen Moment die Befürchtung, daß es landen und ihn, den Wehrlosen, vernichten konnte.
Das Monster flog weiter.
Bill atmete auf, als es landete, und er hatte sich jetzt entschlossen, mit seiner Frau ein paar Worte zu reden, auch wenn sie unter dem Bann des Satans stand.
Irgend etwas mußte doch in ihr zurückgeblieben sein. Sie hatte schon einmal die Wandlung erlebt und war aus diesem Bann herausgerissen worden.
Bill räusperte sich die Kehle frei. »Sheila, sieh mich bitte an!«
»Das tue ich die ganze Zeit über«, gab sie knapp zurück und ließ ihren Blick wieder prüfend über die Gestalt des Reporters gleiten.
»Was willst du überhaupt?«
Bill war erschreckt über den scharfen Ton seiner Frau, und die Hoffnungen sanken allmählich. »Kannst du dir das nicht denken?« fragte er trotzdem.
»Natürlich kann ich es mir denken. Aber du irrst dich, wenn du auf mich setzt. Ich werde dich nicht befreien. Erst wenn mir der Teufel den Auftrag gibt.«
»Ich bin kein Fremder für dich«, sagte der Reporter. »Wir sind verheiratet, Sheila…«
»Das waren wir. Jetzt ist ein anderer mein Gatte!«
Bill stöhnte auf. Er fragte nicht weiter, wer dieser andere war, das konnte er sich denken. »Du bezeichnest also den Satan als deinen Gatten. Mit allen Konsequenzen?«
Sheila nickte sehr schnell. »Ja, mit allen.«
Aus Bills Gesicht wich das Blut. »Und du würdest für ihn alles tun, Sheila?«
»Sicher.«
»Auch morden?«
»Ich weiß nicht, was der Teufel von seinen Dienern alles verlangt. Ich müßte mich mal mit Jane Collins in Verbindung setzen. Sie kann es mir bestimmt sagen.«
»Willst du auch eine Hexe werden?«
»Was gibt es für einen Unterschied zwischen einer Dienerin des Satans und einer Hexe?«
»Eigentlich kaum einen«, gab Bill zu.
»Also sind wir uns ähnlich.«
Der Reporter schüttelte den Kopf. Es war grauenhaft. Er hatte in der letzten Zeit so oft Gespräche mit seiner Frau geführt, und er war immer wieder enttäuscht worden. Sheila stand auf der Seite des Teufels. Davon biß keine Maus den Faden ab.
»Hast du es aufgegeben, mich anzubetteln?« fragte sie.
»Betteln nennst du das?«
Sheila lachte. Es klang gemein und schmutzig. »Du kannst auch winseln dazu sagen. Mehr ist es nämlich nicht.«
»Kannst du dir nicht mehr vorstellen, Sheila, daß ein Mensch an seinem Leben hängt?«
»Doch, das kann ich. Vielleicht gibt dir der Satan eine Chance, mein Lieber.«
»Er würde mich freilassen?« Skeptisch klang die Frage des Reporters.
»Das gerade nicht. Aber es könnte möglich sein, daß er dich vor die Alternative stellt. Du bleibst am Leben, wenn du ebenfalls sein treuer Diener wirst.«
»Nie!«
»Ich hätte dich für klüger gehalten, Bill.«
»Solange ich lebe, Sheila, werde ich gegen den Satan kämpfen. Und wenn es das letzte ist, was ich tue. Aber ich denke auch an meinen Sohn. Er soll kein Opfer des Teufels…«
»Johnny wird ein Teufelskind. Dafür sorge ich!«
Bill blieb die Luft weg, als er eine Mutter so über ihr Kind reden hörte. Er schaute Sheila an, sah dieses glatte Gesicht ohne Gefühl und nickte, bevor er flüsterte: »Ich glaube dir, Sheila. Ich glaube fest daran, daß du tatsächlich so verbrecherisch sein wirst und deinen eigenen Sohn dem Satan opferst.«
Sheila lächelte nur.
Es hatte selten Situationen gegeben, in denen sich der Reporter so hilflos gefühlt hatte wie in diesen Augenblicken. Er konnte einfach nichts machen. Seit der Satan seine Klauen nach Sheila ausgestreckt hatte, war alles anders geworden.
Ein Schatten wischte herbei.
Sofort wurde die Blutbestie unruhig. Ihr Zustand änderte sich schnell, als sie erkannte, wer da gekommen war.
Asmodis!
Auch er strahlte nicht mehr die Ruhe aus, wie vor seinem Weggang. Vor Wut stampfte er mit dem Fuß auf den Boden. Es donnerte sogar, und Rauch quoll in der Luft.
»Was ist geschehen?« fragte Sheila.
»Er hat es geschafft. Er ist da.«
»Wer?«
»Sinclair!« schrie der Teufel. »John Sinclair, dieser verfluchte Geisterjäger!«
Für einen Augenblick waren Sheila und ihr Meister stumm. Sie hatten beide an dieser Nachricht zu kauen, auch Sheila, die ebenfalls zu Johns Feinden gehörte.
Nur einer freute sich. Es war Bill Conolly, und der Hoffnungsfunke wurde allmählich zu
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