0289 - In der Hölle verschollen
Gestalt. Sie war so plötzlich erschienen, daß sie sich eigentlich nur materialisiert haben konnte.
Ich kannte sie.
Es war der Teufel!
Satan zeigte sich mir offen. Seine Augen funkelten in einem unheilvollen Rot, während er krächzende Laute ausstieß und damit seine Diener in Bewegung setzte.
Er lenkte mich von sich selbst ab. Es war auch Sinn der Sache, denn er wollte mich von Geschöpfen töten lassen, die an Scheußlichkeit wohl kaum zu überbieten waren.
Große, gorillaähnliche Wesen mit kompakten Leibern.
Fellbedeckt, mit schrecklichen Fratzen und langen, aus den Oberkiefern ragenden Blutzähnen. Eine Abart der Vampire.
Blutmonster?
Und noch etwas unterschied sie von den normalen Gorillas. Diese hier besaßen große Schwingen. Sie konnten sich also in die Luft erheben, wenn sie es wollten.
Als ich in die drei Augenpaare schaute, war mir klar, daß sie mich belauert hatten.
Da es inzwischen heller geworden war, glänzten die Augenpaare auch nicht mehr so stark. Sie zeigten einen matten Schein und wurden manchmal von den träge durch den Gang fließenden Schleiern verdeckt.
Was waren das für Schleier?
Bisher wußte ich keinen Bescheid. Als einer dieser leichten seltsamen Schleier jedoch in meine unmittelbare Nähe kam, konnte ich den Geruch direkt aufnehmen.
Der Schleier stank nach Blut!
Mir drehte sich fast der Magen um. Ob es Menschenblut war, konnte ich nicht sagen. Wahrscheinlich nicht, denn dazu roch es einfach viel zu streng.
Ich schluckte.
Jetzt wußte ich auch, weshalb ich so eine große Mühe mit dem Atmen gehabt hatte, denn in der Dunkelheit hatten sich die Blutschleier auch vor mein Gesicht gelegt.
Mir rann es im nachhinein noch kalt den Rücken hinab, und ich mußte mich schütteln.
Schon längst hätte der Satan mich angreifen können. Schließlich war dies hier sein Gebiet. Daß er dies nicht getan hatte, dafür mußte es einen Grund geben, den ich auch sehr bald erfuhr.
Ich hörte seine wütende und gleichzeitig auch lauernde Stimme, die mir entgegendröhnte.
»Wie bist du hergekommen, Geisterjäger?« wollte er wissen.
»Ich dachte immer, daß du allwissend wärst!« höhnte ich.
»Du brauchst mir keine Antwort zu geben. Ich weiß, daß du einen Helfer gehabt hast.«
»Dann ist ja alles klar.«
»Was willst du?«
»Die Conollys!«
Der Teufel lachte dröhnend. »Ich hatte es mir gedacht, wollte dich aber noch fragen. Soll ich sie dir bringen, Sinclair?«
»Ich hole sie mir selbst.«
»Dann mußt du die Blutbestien überwinden, um die Leiche deines Freundes sehen zu können.«
Leiche meines Freundes!
Da konnte er nur Bill gemeint haben. Ein Bluff? Ich wußte es nicht und fragte mich, ob es der Teufel tatsächlich nötig hatte, so zu bluffen. Eigentlich nicht, denn er konnte mit grausamen Tatsachen aufwarten.
Mein Magen zog sich zusammen. Ich schluckte. Ein toter Bill Conolly – nein, das konnte ich mir kaum vorstellen.
Mir wurde heiß und kalt zur gleichen Zeit. Ich schluckte hart, die Frage lag mir auf den Lippen, und ich bekam sie von Asmodis beantwortet, ohne sie gestellt zu haben.
»Ich selbst brauchte ihn nicht einmal umzubringen. Auch die Blutmonster setzte ich nicht ein. Ich habe eine neue Dienerin, sie hat dafür gesorgt, daß dein Freund gestorben ist.«
»Sheila?«
»Jawohl. Wer nicht für mich ist, der stellt sich gegen mich. Und Sheila Conolly hat ihren Mann getötet!«
Ich erstickte fast an meiner Wut und konnte mich nur mühsam beherrschen. »Wo ist er jetzt?«
»Gar nicht weit weg von hier«, sagte der Satan. »Dieser Gang besitzt vier Tunnel, die in ein Verlies münden, wo ich deinen Freund habe anketten lassen. Von einem Blutmonster wird er zusätzlich bewacht, und natürlich von seiner Frau. Dein Weg war vergebens, Sinclair. Für mich allerdings nicht. Zum zweitenmal bist du in den Vorhof der Hölle eingedrungen. Einmal habe ich dich freiwillig laufenlassen, dir sogar geholfen, das wird jetzt nicht mehr geschehen, darauf kannst du dich verlassen. [4] Du bist verloren, Sinclair.«
Ich schaute auf mein Kreuz, sah auch in den Kelch, doch kein Gesicht zeigte sich. Dieses Gebiet hier war wohl auch für meine Helferin tabu, und ich ballte voller Wut die Hände.
»Nun?«
»Wenn du Mut hast, Asmodis, dann stell dich endlich!«
»Das brauche ich gar nicht. Ich habe meine Helfer. Die Blutmonster brauchen Nachschub, und du bist das ideale Opfer für sie, John Sinclair. Diesmal kann dich auch nicht derjenige retten, der dich hergeführt hat. Hier
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