0289 - Kassandras Tiefseefluch
Sphäre. Die riesigen Saugnäpfe nahmen jetzt fast die gesamte Sicht nach außerhalb weg. An einer Stelle sah Zamorra, wie das Freßwerkzeug an der Sphärenschale zu nagen begann. Er widerstand der Versuchung, mit dem Amulett einen weiteren magischen Blitz abzuschießen.
Das Knistern wurde lauter und drohender. »Etwas stimmt hier nicht«, sagte Zamorra.
Ted nickte.
»Die Sphäre schrumpft«, stieß er hervor. »Der Krake preßt sie zusammen!«
Zamorra schluckte.
»Aber der Luftwiderstand muß doch das Zusammenpressen verhindern!«
Ted winkte ab.
»Wir haben eben Pech, finde dich damit ab. Die Struktur der Sphäre ist so, daß sie Luft ablassen kann. Zum Beispiel die verbrauchte, nutzlose. Dann wäre sie von allein in Kürze etwas geschrumpft. Der Luftdruck bleibt hier drinnen auf jeden Fall immer gleich, um uns nicht zu belästigen… und jetzt wird die Luft eben zwangsweise hinausgepreßt, der Krake kann zwar nicht hindurch beißen, aber er wird uns totdrücken.«
»Worauf wartest du noch? Auftauchen«, verlangte Zamorra. »Vielleicht haben wir an der Oberfläche noch irgendwie eine Chance!«
»Ich versuche es«, sagte Ted. »Aber es geht nicht. Der Krake ist stärker als die Bewegungskraft.«
Abermals knisterte es bedrohlich.
Die Sphäre schrumpfte weiter.
***
In der Tiefe beobachtete Kassandra durch die Augen der Kraken, was sich an der Wasseroberfläche wie auch um die magische Sphäre herum abspielte. Der Besitzer des Machtkristalles schien diesen nicht richtig zu beherrschen -oder er zeigte vorläufig erst einen Bruchteil seiner Macht.
Aber Kassandra nahm an, daß ihre erste Vermutung zutraf. Denn mittlerweile wurde die Lage für die Sphäre unhaltbar. Der Krake, der sie im Griff hatte, würde sie zerpressen. Das war der Tod für die beiden Insassen.
Kassandra konnte nur erkennen, daß es sich um zwei Männer handelte. Wer sie waren, sah sie nicht. Ihre Seher-Gabe war so gut wie erloschen, und die Sphäre konnte sie mit ihrem Geist nicht durchdringen. Aber sie hoffte, daß sie noch erfahren würde, wer ihre Gegner waren.
Innerhalb der nächsten Minuten mußte die Entscheidung fallen. Kassandra triumphierte.
***
Nicole stöhnte auf. Zwei Fangarme des Kraken zerschlugen die Backbordreling wie Strohhalme und saugten sich am Deck fest. Der Krake setzte sein ganzes Gewicht ein, um die SAMOS kippen zu lassen. Sie krängte bereits mit dreißig Grad. Alles, was nicht befestigt war, kam ins Rutschen und verabschiedete sich platschend im Wasser.
Nicole überlegte, was sie noch tun konnte. Sie wollte sich nicht von diesem unglaublichen Ungeheuer töten lassen. Wenn sie über Bord sprang und davonschwamm, während der Krake sich mit der SAMOS beschäftigte…? Aber das war sinnlos. Wohin sollte sie schwimmen? Das riesige Biest würde sie alsbald einholen… und dann war da auch noch Zamorra! Er und Ted Ewigk befanden sich in der Tiefe, ahnungslos…
Nicole wußte, daß sie den Riesenkraken bekämpfen mußte. Aber wie? Sie besaß keine Hilfsmittel. Ihre schwachen Parakräfte waren nicht für den Angriff gedacht, nicht einmal für die Verteidigung. Das schied also aus. Was nun?
Die SAMOS schaukelte jetzt wie eine Babywiege. Nicole hielt sich krampfhaft fest, um nicht über Bord geschleudert zu werden. Ihr Verstand suchte nach etwas, das sich dem Meeresbewohner entgegensetzen ließ.
Gegensatz… Wasser! Feuer! Ließ der Krake sich mit Feuer bekämpfen? Sicher. Bloß wie jetzt ein Feuer entzünden? Naß wie der Krake war, würde es kaum reichen, ihm ein Zündholz an den Fangarm zu halten. Da mußte schon ein größeres Kaliber her.
Die SAMOS neigte sich mit der Reling immer mehr der Wasseroberfläche entgegen, mal hin und mal her. Wenn sie endgültig überkippte, war alles vorbei! Der Krake hing jetzt schon mit insgesamt sechs Fangarmen dran und wippte.
Nicole stöhnte erneut. Sie hangelte sich bis zur Deckluke vor, die nach unten führte, riß sie auf und rutschte fast über Deck. Gerade noch konnte sie sich festklammern, zog sich am schräghängenden Deck hoch und schlüpfte in die Luke. Die SAMOS krängte nach der anderen Seite, und Nicole polterte die kleine, schmale Treppe hinunter. Unten fing sie sich, war sicher, jetzt über ein gutes Dutzend blauer Flecke zu verfügen, und zog sich an der Wand hoch. Im Heck waren Maschinenraum und Tanks. Vielleicht gab es da Reservekanister! Auch wenn die Tankanzeige genau war und die Treibstoffbehälter groß, gab so ein Kanisterchen doch immer ein Gefühl der
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