029 - Das Geheimnis des Totengraebers
einer Person gehört, die vor nicht mehr als einigen Stunden gestorben ist.«
»Da sind wir wieder bei unserem Rätsel«, sagte Teddy. »Gérard wurde von fünf Frauen in Schwarz verfolgt. Ich gab einen Warnschuß ab, traf jedoch eine der Frauen. Sie verwandelte sich in ein Skelett ohne jedes Fleisch. Wie ist das möglich?«
Delor schüttelte den Kopf. »Das ist absurd, mein Lieber. So etwas gibt es nicht.« Er legte plötzlich seine Hände auf den Rücken und sah Teddy scharf an.
»Was ist mit Ihrem Stiefsohn? Ist er glaubwürdig? Ja? Er trinkt nicht? Er nimmt keine Drogen?«
»Ich stehe für Gérard ein. Er hat nicht geträumt. Die fünf Mädchen gab es wirklich. Ich habe sie ebenso gesehen wie er.«
»Und sie ‚strahlten Kälte aus’?« Der Professor lachte spöttisch. »Das ergibt nun wirklich keinen Sinn. Aber …« Er befühlte den Staub, der überall im Innern des Regenmantels klebte. »Haben Sie etwas Zeit, Verano?«
»In solchen Fällen nehme ich sie mir, Professor.«
»Eine Analyse dauert ziemlich lange. Setzen Sie sich und schenken Sie sich noch Whisky ein.«
Der Professor arbeitete gründlich und konzentriert. Seine Meinung stand bereits fest. Die verschiedenen Tests dienten im Grund nur dazu, sie zu bestätigen.
Es war Morgen geworden, als er fertig war.
»So«, sagte er schließlich. »Kein Zweifel, mein lieber Verano, es handelt sich bei dem Staub um organische Reste. Ziemlich frische Reste, die durch einen Prozeß, der mir rätselhaft ist, pulverisiert wurden. Man müßte eine noch gründlichere Analyse durchführen, um festzustellen, von welchen Organen diese Reste stammen – Herz, Leber, Lungen, Nieren und so weiter. Können Sie sich erklären, was das alles zu bedeuten hat?«
»Noch nicht, lieber Freund. Aber fassen wir noch einmal zusammen: Fünf schwarzgekleidete junge Frauen, die Kälte verströmen und sich merkwürdig mechanisch bewegen, haben meinen Stiefsohn angegriffen. Eine von ihnen wird von einem Schuß getroffen, und es bleibt von ihr nichts als ein Skelett mit einer Schußverletzung und ein Haufen Staub übrig, der ein pulverisiertes Konglomerat menschlicher Organe zu sein scheint. So ist es doch, nicht wahr?«
Delor antwortete nur mit einer etwas hilflosen Handbewegung.
Teddy legte die schwarzen Kleidungsstücke zusammen, die das Skelett umhüllt hatten. Etwas rollte plötzlich zwischen den Sachen heraus und fiel mit einem metallischen Geräusch auf den Boden des Labors.
»Was war das?« fragte Delor.
Teddy kroch auf Händen und Knien herum und suchte am Boden. »Ah, da ist es ja!« Er hob einen kleinen, glänzenden, zylindrischen Gegenstand hoch.
»Ein Geschoß!«
»Die Kugel aus meiner 7.65er.«
Delor hob hilflos die Arme. »Verano, das ist einfach nicht zu fassen. Das ist doch erst einige Stunden her – und dieses Skelett, dieser organische Staub …«
»Die Reste einer dieser fünf Frauen, Professor. Sie haben die Verletzung durch diese Kugel selbst gesehen.« Teddy steckte das Geschoß in seine Tasche. »Und jetzt werde ich Schlafengehen. Ich danke Ihnen, lieber Meister.«
»Verano, diese Geschichte ist total verrückt. Sie halten mich auf dem Laufenden, nicht wahr?«
»Ich verspreche es. Das bin ich Ihnen schuldig.« Der Detektiv lachte und kniff dabei spöttisch ein Auge zu. »Außerdem brauche ich Sie vielleicht noch mal.«
Als Teddy Verano nach Hause kam, war es heller Morgen. Gérard schlief wie ein Stein, aber Yvonne hatte auf ihn gewartet. Er gab ihr einen Kuß und fiel erschöpft in sein Bett.
Am nächsten Morgen erhielt Teddy ein Telegramm. Der Inhalt lautete:
»Vielen Dank für alles. Fühle mich schon viel besser. Unnötig, die Untersuchung weiterzuführen. Muß in einigen Tagen ins Ausland reisen. Bitte schicken Sie mir Ihre Honorarforderung.«
Das Telegramm war in Rouen aufgegeben und unterzeichnet von Cyrille Denizet.
»Gibt es etwas Neues?« erkundigte sich Gérard.
»Ja, mein Junge. Lies das mal.«
»Was soll das heißen, Teddy? Gibt er auf?«
Teddy lächelte nur. »Ja, es scheint so, nicht wahr? Vielleicht gibt er auf – oder man hat ihn überredet aufzugeben. Oder gezwungen.« Er nahm sich eine Zigarette und ließ sich von Gérard Feuer geben. Dann fügte er hinzu:
»Aber ich gebe nicht auf. Vor allem nicht nach dem, was ich von Delor erfahren habe. Und wenn du heute abend nicht gerade mit deiner kleinen Freundin verabredet bist, verspreche ich dir, daß du einiges erleben wirst.«
Selbstverständlich versicherte Gérard
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