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029 - Der Unheimliche

029 - Der Unheimliche

Titel: 029 - Der Unheimliche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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»Aber sie werden mich nicht erwischen, Elsa!« Seine Hand zitterte so heftig, daß sie befürchtete, ein Schuß könne unbeabsichtigt losgehen. Erleichtert atmete sie auf, als er die Waffe wieder wegsteckte.
    »Verdammter Amery! Ich könnte dir einiges über ihn erzählen - aber nicht jetzt. Ich gehe in mein Arbeitszimmer.«
    Er wankte hinaus und verschloß hinter sich die Tür, dann drang durch die dünne Wand leises Gläserklirren. Tarn machte sich Mut für den Rest der Nacht.

10
    Am nächsten Morgen erschien Mr. Tarn nicht zum Frühstück. Seine Tür war noch verschlossen, und erst nach wiederholtem Klopfen gab seine schläfrige Stimme die brummige Antwort, daß er in einigen Minuten erscheinen werde. Elsa frühstückte in aller Eile, und es gelang ihr, das Haus zu verlassen, bevor Mr. Tarn kam.
    Sie war gespannt, welche Erklärung Amery ihr geben würde, aber vielleicht gab er ihr auch gar keine. Um halb zehn Uhr rief die Klingel sie in sein Privatbüro. Man sah dem Major nicht an, daß er die Nacht ohne Schlaf verbracht hatte. Er empfing sie wenig zuvorkommend und vertiefte sich sofort in seine Briefe, die er mit außerordentlicher Schnelligkeit diktierte. Erst als sie das Zimmer wieder verlassen wollte, erwähnte er die Unterhaltung, die sie in den frühen Morgenstunden geführt hatten.
    »Hatten Sie mich nicht während der Nacht angerufen? Ich erinnere mich dunkel.«
    »Ich hatte es schon vergessen«, entgegenete sie kühl.
    »Wahrscheinlich haben Sie nur geträumt.« Er entließ sie mit einem Kopfnicken, und Elsa wünschte heftig, daß er eine andere Art finden würde, sie zu verabschieden.
    Als sie nach Tisch in das Büro zurückkam, fand sie eine Mitteilung Mrs. Trene Hallams vor.
Kommen Sie heute abend um sieben Uhr. Ich werde mit dem Essen auf Sie warten. Morgens werde ich Sie ins Büro fahren. P. S. Bitte sagen Sie Major Amery auf keinen Fall, daß Sie bei mir sind. Er könnte womöglich denken, daß ich einen Hintergedanken habe.‹
    Elsa ärgerte sich. Dachte Mrs. Hallam vielleicht, daß sie mit Major Amery über ihre Privatangelegenheiten sprechen könnte?
    Inzwischen war auch Mr. Tarn eingetroffen und rief sie in sein Zimmer.
    »Schließ die Tür!« knurrte er. »Ich war bei meinem Rechtsanwalt und habe ein Testament gemacht.«
    Diese Nachricht setzte sie in Erstaunen. Sie hatte ihren Onkel nie für so vorsorglich gehalten.
    »Nigitts ist ein tüchtiger Mann, sehr tüchtig. Und« - er räusperte sich - »im Strafrecht ist er sehr bewandert. Er meint, daß ich nicht mehr als zwei Jahre bekommen könnte. Bei einer freiwilligen Aussage könnte ich sogar mit weniger davonkommen.«
    Elsa begriff nicht, wovon er sprach. Hatte er wieder getrunken? Sein Gesicht war rot und die Augen verquollen, doch er schien nüchtern zu sein.
    »Ich habe mir die Sache genau überlegen müssen, denn in das Geschäft sind noch andere Leute verwickelt. Vielleicht freut es dich, daß ich an deine Zukunft gedacht habe. Ich habe dir eine kleine Summe vermacht, obwohl du vielleicht erst nach Jahren davon Nutzen haben wirst. Möchtest du gern reich sein, Elsa?«
    »Ich glaube, das möchte jeder«, lächelte sie.
    »Was hat Amery heute morgen getan?« fragte Tarn plötzlich.
    »Gearbeitet«, antwortete sie.
    »War nichts Außergewöhnliches?«
    Elsa schüttelte den Kopf.
    »Hör mal, ich möchte einige seiner Briefe lesen. Wo hebst du den Ordner mit den Durchschlägen auf?« »Major Amery hat sie selbst im Safe in Verwahrung«, antwortete sie.
    »Könntest du vielleicht einen zweiten Durchschlag für mich machen?«
    Elsa schüttelte den Kopf.
    »Das kann ich nicht tun, das wissen Sie ganz genau. Das ist unehrlich und gemein, und ich würde lieber die Firma Amery verlassen, als so etwas zu tun.«
    »Du hast ihn wohl sehr gern?«
    »Ich hasse ihn!« sagte sie, und Tarns Gesicht leuchtete auf.
    »Das höre ich gern, liebes Kind! Der Kerl ist ein Schurke! Und einem Schurken gegenüber wird sich niemand einer Tat schämen müssen, die man sonst gemein nennen könnte.«
    »Nun, dieser ›Niemand‹ bin ich. Es gibt gewisse Dinge, die ich niemals tun werde«, erklärte sie fest und verließ sein Zimmer.

11
    Ralf Hallam stieg langsam die Treppe zu einem der Separatzimmer des Restaurants Fornos hinauf. Hier gab er einmal im Monat einen Lunch, zu dem er Geschäftsleute einlud, um über Politik, Theater und Sportereignisse zu plaudern. Über gewisse Geschäfte wurde erst gesprochen, wenn Kaffee und Kognak serviert waren und die Kellner

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