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029 - Der Unheimliche

029 - Der Unheimliche

Titel: 029 - Der Unheimliche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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und fuhr fort:
›. . . ob Philipp Moropoulos, der jetzt von Ihnen festgehalten wird, sich irgendwelcher englischer Decknamen bedient. Aus bestimmten Gründen möchte ich feststellen, ob er mit einem Mann identisch ist, der unter dem Namen -‹
    Es klopfte an die Tür, eine Angestellte trat mit einem Telegramm ein. Elsa nahm es in Empfang und reichte es Amery.
    »Hm«, er riß es auf, »das trifft sich gut. Der Brief hat sich erledigt.«
    Gedankenlos schob er das Kabel zu ihr hinüber, und Elsa las:
›Amery Company, London. Anklage gegen Moropoulos fallengelassen. Bereits unterwegs nach England.‹
    Gezeichnet war es mit ›Polizeipräsident‹.
    »Soso, er ist freigelassen!« murmelte Amery. »Das bedeutet eine schlechte Nachricht für irgend jemand.«
    Elsa fragte nicht, wer dieser Irgend jemand sei, sie wunderte sich nur, daß er ihr solch ungewohntes Vertrauen entgegenbrachte. Anscheinend bemerkte er aber erst jetzt, daß er ihr das Kabel gegeben hatte, denn er riß es hastig wieder an sich.
    »Das ist alles!« schloß er und entließ sie. »Ich werde klingeln, sobald ich Sie brauche.«

30
    Mr. Tupperwills Heim am Grosvenor Place war das Muster eines Bankierhaushaltes. Überall, vom Boden bis zum Keller, herrschten Ordnung, Sauberkeit und unauffälliger Luxus. Es war ein Haus, in dem alles nach einem Schema festgelegt war. Um halb sieben am Morgen begann das Leben, wenn das Mädchen die Vorhänge aufzog, und um halb zwölf am Abend endete es, wenn der Diener sorgsam die Haustür abriegelte, die Tür zur Speisekammer abschloß und das letzte Licht in der Halle auslöschte.
    Jeden Augenblick konnte Mr. Tupperwill anhand einer sauber geschriebenen Tabelle, die er im rechten Seitenfach seines Schreibtisches verwahrte, feststellen, was jeder Angestellte tat, in welchem Zustand sich jedes seiner Zimmer befand und wieviel Benzin im Tank seiner Wagen war. Und jeden Donnerstagnachmittag um fünf Uhr stellte er sämtliche Uhren in seinem Hause nach Radiozeit.
    Punkt halb neun Uhr jeden Morgen nahm Mr. Tupperwill sein Frühstück zu sich, das immer aus zwei scharf gebratenen Nieren mit einer Scheibe gebratenem Speck, drei Scheiben Toast und zwei Tassen Kaffee bestand. Nach dem Frühstück überflog Mr. Tupperwill drei Finanzblätter, die zusammengefaltet neben ihm lagen, und las dann den Wirtschaftsartikel der ›Times‹. Fünfundzwanzig Minuten nach neun, fast auf die Minute genau, ging er in die Garderobe, wo ihm der Diener in den Mantel half, und gewöhnlich schlug es gerade halb, wenn er die Treppe hinunterstieg. An der Tür verabschiedete sich sein Diener von ihm, indem er je nach dem Wetter bemerkte, daß es ein kalter oder ein warmer, ein nasser oder ein schöner Tag sei.
    An diesem Morgen brach der Bankier aber mit seinen Gewohnheiten, denn er klingelte dem Diener, noch bevor er sein Frühstück beendet hatte, und teilte ihm mit:
    »Weeks, ich habe für heute abend Gäste eingeladen.«
    »Sehr wohl, Sir«, entgegnete Weeks und wunderte sich insgeheim, denn es kam fast nie vor, daß Mr. Tupperwill Gäste hatte.
    »Abendessen für vier Personen. Es kommen zwei Damen - lassen Sie mein Ankleidezimmer für die Damen herrichten. Die Wirtschafterin soll alles Notwendige besorgen, Puder und dergleichen.«
    »Sehr wohl, Sir«, antwortete Weeks wieder.
    Mr. Tupperwill gab noch Anweisungen wegen der Speisen und Getränke, dann machte er sich mit einer Verspätung von fünf Minuten auf den Weg zur Bank.
    Obgleich von Natur phlegmatisch, war Tupperwill doch den ganzen Vormittag sehr beschäftigt, denn genau wie Major Amery öffnete und beantwortete er persönlich alle an ihn adressierten Briefe.
    Gewöhnlich war er in der Zeit von zehn bis halb zwei so in seine Arbeit vertieft, daß er nur ausnahmsweise sehr wichtige Besucher empfing. Es war daher nicht verwunderlich, daß er beim Anblick eines älteren Buchhalters, der mit einer Visitenkarte in der Hand hereinkam, die Stirn runzelte und unwillig abwinkte.
    »Nicht jetzt, mein lieber Mann!« rief er vorwurfsvoll. »Jetzt kann ich wirklich niemanden empfangen, wirklich niemanden! Wer will mich denn sprechen?«
    »Das Konto, das gestern geschlossen wurde«, erklärte der Buchhalter.
    Tupperwill richtete sich kerzengerade auf.
    »Amery?« fragte er leise.
    »Jawohl, Sir. Er sagte, er wolle Sie nicht länger als zehn Minuten in Anspruch nehmen.«
    Tupperwill legte bedächtig die Schriftstücke in eine Ledermappe und nahm erst dann die Visitenkarte in die Hand. Lange starrte er

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