029 - Der Unheimliche
Zimmer zurück und schloß die Tür hinter sich.
Elsa faßte sich an die Stirn. War er . . .? Das sollte bei Männern vorkommen, die lange Jahre in den Tropen gelebt hatten.
38
Als Elsa Marlowe in der Mittagspause die Wohnung betrat und in ihr Zimmer ging, blieb sie vor Erstaunen wie angewurzelt stehen.
Die schwarze Kiste stand offen mitten im Zimmer, und daneben kniete Ralf Hallam und versuchte, mit einem Schraubenzieher das unterste Fach loszuschrauben. Erschrocken sah er auf und wurde rot.
»Hallo!« rief er und versuchte vergeblich, unbekümmert zu erscheinen. »Ich bin dabei, das Geheimnis deiner Kiste aufzuklären.«
»Ich dachte nicht, daß ein Geheimnis dabei wäre«, erwiderte sie kühl, »und außerdem ist es nicht recht von dir, daß du die ganze Sensation für dich allem in Anspruch nehmen willst.«
Er stand auf und staubte sich die Knie ab.
»Elsa, ich wollte dir eine möglicherweise sehr peinliche Entdeckung ersparen. Ich will nichts gegen Maurice Tarn sagen, aber ich glaube, in der Kiste ist etwas versteckt, was dich sehr unangenehm berühren dürfte.«
Elsas ruhiges Lächeln gefiel ihm nicht.
»Ralf, ich bin gegen alles Unangenehme abgehärtet.« Ralf wollte das erste Fach auf seinen Platz zurücklegen. »Komm, mach doch weiter! Verwehre mir nicht meinen Anteil an der Aufregung. Eine Schraube ist schon heraus, und es sind nur noch drei andere.«
»Laß es sein!« sagte er. »Es tut mir leid, wenn ich dich gekränkt habe, aber ich wollte nur dein Bestes.«
Elsa beobachtete, wie er die Fächer zurücklegte, den Deckel schloß und die Kiste an dieselbe Stelle zurückschob, wo sie am Morgen gestanden hatte, als sie fortging. Den Schraubenzieher ließ er nicht los.
»Du bist heute sehr zeitig zurück«, bemerkte er. »Wie ich hörte, bist du heute früh auch sehr zeitig fortgegangen. Hat Amery dir den Rest des Tages freigegeben? Ich traf den alten Tupperwill heute morgen; er erkundigte sich nach dir. Tupperwill ist ein seltsamer Kauz! Du hast einen kolossalen Eindruck auf ihn gemacht, Elsa, und ich würde mich gar nicht wundern, wenn unser dicker Freund uns noch mal einlädt!«
Hallam wollte zwar gern gehen, wollte aber ebenso gern wissen, ob sie sein soeben angefangenes Werk nicht etwa beenden wollte.
»Ich möchte mein Zimmer jetzt für mich haben«, entschied sie und schob ihn beinahe durch die Tür.
Als er fortgegangen war, eilte sie in die kleine Küche, um einen Schraubenzieher zu suchen, denn sie war entschlossen, zu erfahren, was Ralf vor ihr verbarg. Aber sie konnte keinen finden. Daher schloß sie die Tür zu ihrem Zimmer ab und steckte den Schlüssel zu sich. Als sie auf die Straße trat, sah sie Ralf vor dem Haus stehen.
»Du hast doch einen Wohnungsschlüssel?« fragte sie. »Kann ich ihn bitte haben?«
Erst schien er sich weigern zu wollen, doch dann gab er ihn ihr.
»Du bist sehr despotisch, Elsa, mich des Schlüssels zu meiner . . .«
»Doch sicherlich nicht zu deiner Wohnung? Ralf, ich würde mich nicht wohl fühlen, wenn ich wüßte, daß du zu jeder Tages- und Nachtzeit dort eintreten kannst«, entge gnete sie ruhig.
Um drei Uhr klingelte das Telefon. »Kann ich Miss Marlowe sprechen?« fragte eine bekannte Stimme.
»Ich bin am Apparat», rief Elsa.
»Hier ist Tupperwill. Ist Major Amery da?«
Elsa hatte die Stimme erkannt, bevor er seinen Namen nannte.
»Nein, Mr. Tupperwill, Major Amery ist nicht hier.«
»Ist es möglich, Miss Marlowe, daß ich Sie sprechen kann? Es handelt sich um eine wichtige Angelegenheit, und ich möchte nicht gern, daß Major Amery etwas über meinen Anruf erfährt.«
»Ich kann Sie erst nach der Bürozeit sprechen. Sonst muß ich seine Erlaubnis einholen, um das Büro verlassen zu können.«
»Ist das unbedingt nötig?« fragte die ängstliche Stimme des Bankiers. »Ich kann Ihnen versichern, daß ich Sie nicht auffordern würde, ohne Wissen Ihres Chefs zu kommen, wenn die Sache nicht so überaus dringlich wäre! Könnte ich Sie in einer halben Stunde sprechen?«
»Nun gut, ich komme!« versprach sie und schnitt seine Dankesbezeigungen dadurch ab, daß sie den Hörer auflegte.
Amery gewährte ihr mehr Freiheit, als es gewöhnlich bei Sekretärinnen der Fall ist, und Elsa hätte gehen können, ohne um Erlaubnis zu fragen. Das widerstrebte ihr aber, und sie klopfte an seine Tür.
»Herein!«
»Major Amery, ich möchte auf eine halbe Stunde fortgehen.«
»Wohin wollen Sie gehen?« fragte er schroff.
»Jemand möchte mich sprechen
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